Kolumne "Rike's Report" am Samstag: Hundekeks statt BMW - Zum Teufel mit Geschenken?Kleine Geschenke erfreuen das Herz..
.. große alarmieren den Verstand: Zu keiner anderen Zeit im Jahr ist der Run auf Geschenke so stark. Je größer und teurer desto besser. Oder? Dank überschaubarem Budget und großer Familie wird der ein oder andere stattdessen genötigt, kleine Brötchen zu backen – zu großer Freude! Denn wie sagt man so schön: „Lieber den Spatz in der Hand, als die Taube auf dem Dach.“ Oder auch: Lieber ein selbst gebackenes Plätzchen, als eine Star-Wars Büste von Darth Vader. Obwohl ich gegen letzteres auch nichts einzuwenden hätte.
Kleine Kinder sind was Tolles: Süß, ehrlich, witzig. Und: frech, launisch, laut. Manche der jungen Hüpfer lassen einem das Herz höher schlagen, bei anderen ist man froh, dass man sie nicht mit nach Hause nehmen muss. An keinem anderen Tag wird einem wohl so deutlich klar, was für ein Würmchen man aufgezogen hat, wie am Heiligabend. Ich muss zugeben: Hätte ich mich als junges Mädchen an Weihnachten unter dem Tannenbaum sitzen gehabt, hätte ich die Vererbung von Persönlichkeitsmerkmalen wohl noch mal genauer unter die Lupe genommen. Wie meine Mutter gerne erzählt, gab es in meiner Kindheit einen 24. Dezember, der besonders hartnäckig in Erinnerung geblieben ist – wenn auch nicht in guter: Ich hatte mir ein Taufkleid für meine Puppe gewünscht. Das perfekte Exemplar hatte ich wenige Wochen vorher bereits in einem Schaufenster in der Stadt gesichtet.
Einfach kaufen kam für meine liebe Mama allerdings nicht in Frage: Stattdessen setzte sie sich stundenlang an die Nähmaschine und gab selbst ihr Bestes. Ergänzend zum Kleidchen häkelte sie in mühsamer Kleinstarbeit ein Häubchen. Sehr passend, wie sie fand. Sehr unpassend, wie sich herausstellte. Denn der besagte Abend kam. Klein-Rike packte ihr Päckchen aus – und zack! Flog es hinter den Tannenbaum. Der Grund: Im Geschenkpapier verbarg sich nicht original das Kleid, das sie sich ausgesucht hatte – sondern lediglich ein von Hand gefertigter Abklatsch. Sabotage! Unmöglich!
Oh ja – Kinder können so grausam sein..
Wenn ich derlei Erzählungen über mich ergehen lasse, schäme ich mich ein bisschen: Hätte ich nicht wie andere Kinder lieb lächelnd, die Hände im Schoß gefaltet, „Danke“ sagen können? Hätte ich. Habe ich aber nicht. Und wenn ich an Dezember letzten Jahres denke, finde ich das auch gar nicht mehr so schlimm: Das erste Mal feierte meine damals sechsjährige Nichte mit uns den Heiligabend. Zunächst noch mit normaler Puls- und Atemfrequenz im Haus unterwegs war sie bald schon nicht mehr zu halten: Geschenke! Als die Bescherung bevorstand, tat dies ihrer Aufregung nur wenig Abbruch: Bei jedem Paket, das verteilt wurde, erkundigte sie sich: Ob dieses wohl auch noch für sie sei? Erst nach einer Puppe, passenden Windeln und etlichen dazugehörigen Klamotten und Accessoires, war die Gier schließlich gestillt.
Ich sah dieses kleine zarte Wesen an und erkannte mich selbst. Und mir wurde klar: So schlimm bin ich als Kind überhaupt nicht gewesen. Die Erwachsenen hatten mich nur nicht verstanden. Jeder weiß schließlich: Nicht jedes Geschenk freut sich über das Kind. Oder so ähnlich?
Heute, viele Jahre später, sehe ich die ganze Sache mit den Geschenken anders. In einer Werbung eines schwedischen Möbelhauses heißt es, beim Schenken würden ebenso viele Glücksgefühle ausgeschüttet werden, wie beim beschenkt werden. Immer dann, wenn ich den Radiospot höre, verspüre ich den Drang wild mit dem Kopf zu schütteln: Stimmt gar nicht. Was meinen Hormonhaushalt betrifft, kommt er beim Schenken wesentlich mehr in Schwung. Unbändige Freude breitet sich aus.
Einen kleinen Dämpfer bekommen viele verpasst, wenn sie die Verwandten nicht mehr an zwei Händen abzählen können: Hier für die Eltern ein Päckchen, da für die Großeltern eine kleine Aufmerksamkeit – wäre alles schön und gut, wenn ich nicht noch eine knappe Handvoll Schwestern an der Backe hätte. Nur einer von ihnen etwas schenken? Ein bisschen blöd, wenn alle zusammensitzen. Niemandem etwas schenken? Kommt für mich nicht in die Tüte! Denn so materialistisch und verwerflich es für viele Menschen klingen mag: Ich liebe es zu schenken – und das gehört für mich am 24. Dezember nun mal dazu.
Bevor nun einige zum Aufschrei des Widerstands Luft holen: Ich bin eine arme Studentin. Das bedeutet, selbst wenn ich wollen würde, könnte ich keine Hunderte von Euro ausgeben, um meinen Liebsten eine Freude zu machen. Das Tolle ist: Muss ich auch gar nicht. Denn meine ganze Familie ist ziemlich auf dem Boden geblieben: Meine lieben Geschwister wollen ohnehin nichts, mein Vater freut sich auch über ein Päckchen Kaugummi und meine Mutter kann man immer mit allem glücklich machen, was 340 Seiten hat und den Namen Kriminalroman trägt.
Was dieses Thema betrifft, sind meine Nächsten also gar nicht so schwierig. Paart man dies mit der Tatsache, dass ich Geschenke liebe, ergibt sich für mich ein ganz wunderbares Hobby – das zwar auf wenige Wochen im Jahr zeitlich beschränkt, doch nicht weniger wertvoll ist. Von gebastelten Fotokalendern, über selbst gekochte Marmelade und Pralinen, bis hin zu Fröbelsternen (Himmel, was eine Arbeit!) und Hundekeksen – statt Kneipen und Bars, verbringe ich in der dunklen und kalten Jahreszeit gerne meine Stunden damit, mich auf den Heiligabend vorzubereiten. Und ich kann sagen: mit Erfolg!
Zumindest habe ich bisher keines meiner Geschenke wieder zurück bekommen. Was eigentlich schade ist. Denn irgendwo habe ich gelesen „Schenken heißt, einem anderen etwas geben, was man am liebsten selbst behalten möchte.“ – Kenne ich leider nur zu gut.
Doch schließlich ist heute Weihnachten, Heiligabend, das Fest der Liebe. Und deshalb schließe ich lieber mit einem Zitat ab, das eine Prise mehr Harmonie zu bieten hat: „Es ist schön, den Augen dessen zu begegnen, den man soeben beschenkt hat.“
Ich wünsche Ihnen schöne Feiertage mit der Familie und Freunden und einen guten Rutsch in das neue Jahr 2017 – ich hoffe dann lesen wir uns wieder!
Ihre Rike
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