
16 Tage Kontrastprogramm in Israel: Sascha Backhaus aus Wallersdorf auf Exkursion im Land der BibelIn Israel: „Über den Tellerrand drüber schauen“
ALSFELD (ls). Israel soll ein schönes Land sein, aber freiwillig dort Urlaub machen kommt für viele Leute nicht infrage. In Israel herrschen Unruhen – und das schon fast so lange, wie der Staat selbst existiert. Kriegerische Auseinandersetzungen, Gewalt, zahlreiche Friedensverhandlungen und ein wohl nie enden wollender Streit zwischen Israel und Palästina, der seit Jahren immer wieder am Gazastreifen eskaliert. Der Wallersdörfer Sascha Backhaus war vor ein paar Wochen in Israel und berichtet über seine Eindrücke von einem von Konflikten gezeichneten Land.
Ganze 16 Tage lang ging die Exkursion, die der 25-jährige Architektur-Student aus Wiesbaden zusammen mit sieben weiteren Architektur-Studenten und seinem Professor sowie fünf Archäologie-Studenten der Universität in Mainz und der Universität in Tel Aviv absolvierte. „Wir wurden von unseren Professoren gefragt, wer Lust hat daran teilzunehmen und es interessierte mich, also warum nicht“, erzählt der Wallersdörfer über seine Motivation nach Israel zu gehen.
Gemeinsam mit den Archäologen nahmen sie an einer Ausgrabung teil. Was er dort fand, wie er mit der fremden Kultur klar kam und welchen Eindruck das krisengeprägte Land auf ihn machte, das erzählte er Oberhessen-Live nach seiner Reise nach Israel.
Interview mit Sascha Backhaus
Oberhessen-Live: Was hast Du 16 Tage lang in Israel gemacht?
Zusammen mit fünf Archäologie-Studenten der Universität Mainz und den Studenten der Universität in Tel Aviv, wirkten wir an einem langfristigen Projekt mit und gruben ein altes, zerstörtes Wüstenschloss aus. Was heißt gruben – das machten überwiegend die Archäologen, wir haben das Gebäude vermessen und nachgezeichnet.

Der Schauplatz der Ausgrabungen: Ein altes Wüstenschloss in der Nähe des See Genezareth. Foto: privat
Oberhessen-Live: Was ist an diesem Schloss so interessant?
Das Schloss oder seine Überreste befinden sich an einer Straße, die von Damaskus nach Tiberias führte und früher sehr wichtig war. Man könnte sagen, dass es eine Art Knotenpunkt war, bei dem sich ein Lager oder Depot befand. In den 30er Jahren wurde hier schon mal gegraben, aber es gab Komplikationen: Das Gebäude an sich ist ein islamischer Bau, der allerdings auf deutschem Land in dem israelischen Staat steht.
Wahrscheinlich stammt es aus dem 8. Jahrhundert, und da es sich um einen islamischen Bau handelt, interessiert es die Israelis nicht wirklich, deshalb steht das ganze Projekt noch relativ am Anfang. Aber es war schon aufregend dort vor Ort zu sein. Wir haben da beispielsweise einen Ofen gefunden, in dem wahrscheinlich Zuckerrohr haltbar gemacht wird. Das wird dann mit viel Wasser verkocht und durch die anschließende Trocknung kristallisiert es – da staunt man nicht schlecht, wie die Menschen früher gelebt haben.

Das Wüstenschloss lag direkt an der wichtigen Handelsstraße von Tiberias nach Damaskus. Foto: privat
Oberhessen-live: Was macht ihr jetzt mit euren Errungenschaften? Wird das Wüstenschloss nachgebaut?
Also ich glaube nicht das es rekonstruiert wird, eben aufgrund dieser Komplikationen mit dem islamischen Bau. Daran sind die Israeliten nicht so interessiert. Wir haben alles fotogeometrisch dokumentiert und zu einer 3D-Animation zusammengefügt. Irgendwann wird bestimmt mal anhand unserer Informationen eine 3D-Rekonstruktion erstellt.
Eine Reise, bei der man mehr lernte, als nur das Ausgraben
Oberhessen-live: Hattest Du dort viel mit Einheimischen zu tun und konntest dadurch die Kultur besser kennenlernen?
Nein, mit Einheimischen eher weniger – wir waren dort mit den Ausgrabungen sehr abseits und nur ein paar Städte waren drum herum. Mit den Studenten dort hatten wir allerdings mehr zu tun – das ist klar, wir haben ja Tag für Tag zusammengearbeitet. Das war wirklich eine super Truppe und die Israelis sind sehr entspannt, trotz der angespannten Lage. In Israel leben tausend verschiedene Völkergruppen, eine bunte Mischung. Alle sind sehr offen, aber es gibt auch sehr traditionelle Menschen dort.

Die Gruppe der Studenten war wild durchmischt: von orthodoxen über sehr westlich. Foto: privat
In unserer Gruppe waren vier Archäologie-Studenten von der Uni Tel Aviv, die waren von der Kultur her eigentlich wie wir und dann waren noch drei orthodoxe Mädchen bei uns in der Gruppe. Die haben den Militärdienst verweigert – prinzipiell muss in Israel nämlich jeder zum Militär – und die haben uns ein paar Tage geholfen und so eine Art Sozialdienst abgeleistet. Die waren im Gegensatz zu den anderen sehr traditionell. Das waren dann extreme Gegensätze.
Oberhessen-live: Kam bei den Gesprächen auch mal die Sprache auf die deutsch-jüdische Geschichte?
Nein die deutsche Vergangenheit war eigentlich nie ein Thema. Die Israelis sind sehr weltoffen. Das Einzige, was sie sagten, war „Über die Deutschen macht man keine Witze“ – sie machen aber über sich selbst viele Witze. Ich glaube einfach die wollen auch nicht ständig mit der Vergangenheit konfrontiert werden wie wir. Wir leben in der Gegenwart. Aber wir haben oft über das Flüchtlingsthema gesprochen, aber eher allgemein gehalten. Auch die aktuelle politische Lage im Land sind wir eher umgangen.
Oberhessen-live: Ja, die politische Lage Israels ist bereits seit vielen Jahren von ständig wiederkehrenden Konflikten und Kriegen gezeichnet. Wie hast Du diese Situation wahrgenommen? Hast Du Dich dort wirklich sicher gefühlt?
Ich hatte eigentlich keine Bedenken und im Großen und Ganzen habe ich mich eigentlich sicher gefühlt. In Deutschland fühle ich mich wohler, aber auch hier kann etwas passieren, deshalb hatte ich keine allzu großen Zweifel. Ansonsten war das vom Gefühl natürlich was ganz anderes als in Deutschland. Das fängt schon bei Fahrten durch das Land an: Man muss da einfach Zeit einplanen. Es war halt doch sehr anders, als wir es von Deutschland gewohnt sind. Da liefen 18-jährige Militärdienstleistende mit großen Gewehren rum und auch das Gefühl in manchen Gegenden war ein wenig mulmig. Israel stellt in gewisser Weise einen starken Gegensatz dar: einerseits hast du wunderschöne und anmutige Orte und dann siehst du von Krieg gezeichnete leere Landstriche.

Sascha Backhaus während seiner Arbeit an der Ausgrabungsstätte. Foto: privat
Die Ausgrabungsstätte war nur gut eine Stunde von Damaskus entfernt und da hat es schon einige Male richtig gewusst und auch das Westjordanland war sehr bedrückend. Auf der anderen Seite hast du dann den See Genezareth, der sehr idyllisch ist und die Golanhöhen, die einfach abgefahren sind. Das Land ist geprägt von Gegensätzen, das kennt man von hier nicht. Und neben den politischen Konflikten, die das Land nun schon seit Jahren prägen, werden trotz allem weiter die Feste gefeiert. Ich glaube auch ein bisschen, dass man sich an die Situationen im Land gewöhnt und es einem irgendwann nicht mehr ganz so komisch vorkommt.
Oberhessen-live: Das ist wirklich ein kontrastreiches Programm. Was bleibt Dir besonders in Erinnerung?
Naja im Allgemeinen schon, dass die Polizei immer mit Blaulicht rumfährt und voll bewaffnet ist, das ist ungewohnt und lässt irgendwie ein komisches Gefühl zurück. Als wir da waren, ist nichts Schlimmes passiert, aber kurz nachdem wir wieder zurück in Deutschland waren, hörten wir über die Messerattacken dort, die sich kurz nach unserer Abreise ereigneten. Da wird einen etwas anders zumute muss ich sagen.
Messerattacke in Jerusalem heute Morgen. Zwei Polizisten werden verletzt. #Terror https://t.co/eLbztbalSI
— Israel in Austria (@IsraelinAustria) 19. September 2016
Oberhessen-live: Was nimmst Du aus dieser Reise für Dich mit? Was ist Dein Fazit?
Ich würde sagen die wichtigste Sache ist einfach, dass Israel auf jeden Fall eine Reise wert ist – es ist ein sehr kontrastreiches Land, bei dem alles dabei ist. Auf der einen Seite sehr traditionell, auf der anderen Seite sehr modern und westlich. Überall in den Städten sieht man die traditionellen Gebetshäuser, die einen daran erinnern, wo man sich befindet und gleichzeitig ist es sehr westlich.

Der See Genezarth wird dem 25-Jährigen wohl deutlich in Erinnerung bleiben – ein geradezu idyllischer Ort in einem konfliktbeladenem Land. Foto: privat
Das Gleiche gilt für die Landschaft. Der See Genezareth, die Golanhöhen oder der Ort Tabgah, in dem Jesus wohl die Bergpredigt gehalten hat, das sind sehr bewegende Orte und dann sieht man die Grenze mit dem Militär und die erhöhte Polizei- und Militärpräsenz im Allgemeinen. Das ist ungewohnt. In Deutschland haben wir es schon sehr sicher, das muss man einfach so sagen, aber auch dort hab ich mich nicht unwohl oder unsicher gefühlt. Es war insgesamt eine sehr gute Erfahrung und ich kann es wirklich nur weiterempfehlen. Auch das Essen war sehr gut, da war ich wirklich überrascht, denn selbst Schnitzel gab es dort. Ich würde auf jeden Fall wieder nach Israel reisen – irgendwann.
Ein Land, durchzogen von Gegensätzen
16 Tage lang war der Wallersdörfer Sascha Backhaus in Israel. In einem Land, welches seit seiner Gründung 1948 immer wieder mit Konflikten und Streitherden konfrontiert ist und trotzdem seine Traditionen nicht vergisst. Biblische Kulissen und bedrückende Kriegsschauplätze – Israel ist durchzogen von Gegensätzen, aber wie Backhaus schildert, dennoch eine Reise wert ist. „Man sollte sich nicht immer von irgendetwas beeinflussen lassen, sondern mal über den Tellerrand drüber schauen“, so der 25-jährige Architekturstudent abschließend.
Weitere Eindrücke seiner Arbeit dort:
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Sehr schöner Artikel, ich empfehle auch einen Urlaub in Tel-Aviv.
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