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INTERVIEW: Mit 22 Jahren ist Jennifer Gießler aktuell das jüngste Mitglied im Vogelsberger Kreistag„Ich bin ein echtes Dorfkind“

LAUTERBACH (cdl). Die 22-jährige Jennifer Gießler aus Rudlos ist derzeit das jüngste Mitglied im Kreistag. Im Gespräch mit Oberhessen-live erzählt sie über ihre politischen Anfänge und warum sie sich politisch engagiert.

Gerade ist die 22-jährige Jurastudentin mitten in der Vorbereitung des Ersten Staatsexamens und hat viel um die Ohren, dennoch wendet sie viel Zeit für ihre politische Arbeit auf. Sie pendelt zwischen Gießen und zahlreichen politischen Terminen im Vogelsbergkreis.

Oberhessen-live: Auf der Kreistagssitzung am 8. Juli haben Sie das erste Mal vor den Abgeordneten gesprochen. Waren Sie sehr nervös?

Ich war etwas aufgeregt, habe mich aber gut darauf vorbereitet. Während der Sitzung, bevor ich gesprochen habe, dachte ich mir, dass ich auf Landes- und Deutschlandtagen der Jungen Union ja auch schon vor mehr Leuten gesprochen habe. Als ich mich in der Fraktionssitzung gemeldet habe, zu dem Thema sprechen zu wollen, wusste ich ja auch schon, was auf mich zukommt. Ich bin sehr zufrieden, wie es gelaufen ist, und ich freue mich schon auf das nächste Mal.

Oberhessen-live: Was sind Ihre Kernthemen, wofür engagieren Sie sich politisch am Meisten?

Ich interessiere mich besonders für solche Themen, bei denen man etwas für den ländlichen Raum erreichen kann. Als junge Kommunalpolitikerin habe ich auch noch viel mit der Schul- und Bildungspolitik zu tun.

Oberhessen-live: Wie haben sie die Debatte um die Geburtshilfe in Alsfeld miterlebt?

Bei dieser Debatte hatte die Realität die Gefühle überrollt. Schön wäre es, wenn auch weiterhin Kinder im Kreisgebiet zur Welt kommen könnten. Es ist eine emotionale Diskussion, bei der auch Zahlen und Fakten (keine Ärzte mehr) zu berücksichtigen sind.

Oberhessen-live: Woher stammt das Interesse für Politik? Wie sind Sie eigentlich zur Kommunalpolitik gekommen?

Zu Hause haben wir schon immer viel über Politik gesprochen und diskutiert. Gestartet habe ich mit zwölf Jahren im Lauterbacher Kinder- und Jugendparlament. Über den Politikunterricht in der Schule und die öffentliche Debatte um die Bildungspolitik und G8 oder G9 habe ich meine Richtung gefunden. 2009 bin ich bei einer Wahlkampfveranstaltung mit Angela Merkel in Fulda der Jungen Union beigetreten. Von da an ging es dann auch in der CDU Schritt für Schritt immer weiter. Für mich war dann auch klar, dass ich bei der Kommunalwahl kandieren möchte.

Oberhessen-live: Sie sind Jurastudentin, haben ihren Lebensmittelpunkt aber nicht in einer Universitätsstadt, sondern Pendeln nach Gießen. Hatten Sie niemals das Bedürfnis nach einem Studentenleben vor Ort?

Ich habe ein Zimmer in einer WG in Gießen. Durch meine vielen Termine hier vor Ort pendele ich sehr häufig zwischen Gießen und dem Vogelsberg. Das ist in jeder Woche unterschiedlich oft, je nachdem wie viele politische und private Termine ich habe. Zum Lernen für die Uni bin ich in Gießen, für meine privaten und politischen Termine hier daheim. Gießen ist für mich nicht mein Lebensmittelpunkt geworden, weil ich mich auf dem Dorf in der ländlichen Gegend viel wohler fühle als in der Stadt. Auch meine freien Wochenenden habe ich die gesamte Studienzeit lieber im Vogelsberg mit meinen Freunden hier verbracht. Ich bin ein echtes Dorfkind.

Oberhessen-live: Fahren Sie eigentlich mit dem Auto oder mit dem Zug zur Uni?

Mein WG-Zimmer ist in Gießen zu Fuß fünf Minuten von der Uni entfernt. Viele politische Termine sind an Orten, die ich mit dem Zug nicht erreichen kann. Ich versuche, so oft es geht, die Bahn zu nehmen, was sich allerdings nicht immer einrichten lässt.

Oberhessen-live: Was hoffen Sie, zu erreichen? Also für sich persönlich und für die Bürger?

Ich möchte mich einbringen und mitgestalten. Ich möchte, dass unsere Heimat liebens- und lebenswert bleibt und auch in Zukunft gut aufgestellt ist. Als Nächstes steht bei mir erst einmal der Abschluss meines Jurastudiums an, weiter plane ich noch nicht.

Oberhessen-live: Wie kann man bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen das Interesse an Politik wecken?

Am Besten geht das mit Themen, die junge Menschen selbst betreffen. Das fängt bei der Schul- und Bildungspolitik an und reicht bis zu konkreten Themen und Projekten vor Ort. Wenn man verdeutlicht, wie politische Entscheidungen entstehen und junge Menschen dabei mit einbezieht, wird Politik greifbar und verständlich. Da kann man sich auch als junger Mensch mit einbringen und etwas verändern.

Oberhessen-live: Mit welchen Werten identifizieren Sie sich am meisten? Mussten Sie sich vor dem Parteieintritt Gedanken machen, oder war die eigene Parteiwahl von Anfang an klar?

Die CDU sieht es als ihre Aufgabe an, auf Basis einer gemeinsamen Grundüberzeugung mit den Mitgliedern Themen mit unterschiedlichen Standpunkten zu diskutieren und einen gemeinsamen Weg zu finden. Dieser soll dann von allen vertreten werden. Deswegen rede ich bei einigen Themen mit, zugegebenermaßen, diejenigen, die mich interessieren, und diskutiere sowohl in der heimischen Fraktion als auch auf einem Deutschlandtag der Jungen Union und werbe da für meinen Standpunkt. Vor dem Parteieintritt wusste ich, wofür die CDU steht, aber das Grundsatzprogramm habe ich mir vorher nicht genau durchgelesen gelesen. Es sind ja auch über 100 Seiten. Auch habe ich mich mit den Funktionsträgern in Lauterbach und im Vogelsberg gut verstanden, sodass die Politik nicht allzu verstaubt war.

Oberhessen-live: Wo liegen auf kommunaler Ebene die größten Differenzen zwischen CDU und Junger Union? Was wollen die Jungen anders machen als ihre Vorgänger?

Wir sehen auf kommunaler Ebene unsere Aufgabe darin, die Interessen der jungen Menschen, die gegebenenfalls auch noch nicht wählen dürfen, zu vertreten und auch in der CDU immer wieder auf deren Belange hinzuweisen. Differenzen kann es da in der Gewichtung einzelner Themen geben.

Oberhessen-live: Gibt es Formulierungen aus der eigenen Bundespartei, die Sie nicht mittragen oder sogar ärgern?

In der Bundespolitik melden sich immer viele verschiedene Stimmen zu einem Thema. Da sind auch immer mal wieder Äußerungen Einzelner dabei, die ich so nicht vertreten kann. Das ist oft schnell vergessen, und wenn es dann zu einer Entscheidung kommt, wurde oft ein Kompromiss gefunden, den auch ich vertreten kann.

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