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Der Vogelsberger Daniel Schild schaffte es als Profi-Drummer auf das Cover der großen Musik-Zeitschrift "Drumheads" – Stationen einer beharrlichen LaufbahnEin Ritterschlag für den ehrgeizigen Musiker

ALSFELD. Es gibt untrügliche Zeichen, dass man voran kommt als Musiker: größere Gigs etwa, stärkere Bands, mehr Geld auf dem Konto. Oder eines wie es der Profi-Drummer Daniel Schild gerade erlebte: Der gebürtige Vogelsberger wurde gerade auf dem Cover einer großen Fachzeitung verewigt – als Ankündigung für ein Interview. Eine Auszeichnung für den Musiker, der, wenn er nicht gerade auf eine Trommel einprügelt, eher zu den leiseren seines Genres zählt. Aber er hat geschafft, wovon viele nur träumen: Er lebt von der Musik und erlebt die bunte Welt des Musikprofis.

Wo lässt sich so etwas am besten besprechen? Wohl am ehesten da, wo es begonnen hat, also unter dem Dach der Rock- und Pop-Werkstatt am Alsfelder Kirchplatz bei Kaffee und Tee mit dem Inhaber und Musiklehrer Stephan Haus. Da sitzen die beiden Profis zusammen und fachsimpeln über Drums, Pads und Bases, jene Instrumente, die sie bevorzugt gelernt haben. Längst sind beide im Fach auf Augenhöhe, lehren beide, wie das geht mit dem richtigen Rhythmus. Doch 1995, da war das noch ganz anders. Da schaut ein so neugieriger wie ehrgeiziger Jugendlicher namens Daniel Schild bei dem jungen Musiklehrer Stephan Haus in der Alten Molkerei ein, um beurteilen zu lassen, wie gut sich sein Schlagzeug schon anhört – und erlebte eine böse Überraschung.

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Plaudereien über Musik: Musiklehrer Stephan Haus und Drummer Daniel Schild.

„Ich habe mich auf den Hosenboden gesetzt und geübt.“

Zu der Zeit hatte der talentierte 15-Jährige bereits ein paar Jahre in der Alsfelder Musikschule hinter sich und wollte hören, wie ein Drummer der Rock- und Pop-Szene sein Können beurteilte. Immerhin hatte er vor, die Musik zu seinem Lebensinhalt zu machen und Profi zu werden. Erst einmal aber kam der Schlag ins Gesicht: Stephan Haus demonstrierte seinem neuen Schüler, wie wenig er schon drauf hat. Noch fast zwanzig Jahre später ist Daniel die Erinnerung nahe. „Ehrlich: Da war ich geschockt! Ich bin raus damals bei dir und habe geheult!“ Aber heute lacht er darüber.

Es macht wohl etwas diesen Menschen aus, der heute zu den Top-Drummern der Republik zählt, dass er nicht aufgab, sondern das Gegenteil tat: „Ich habe mich auf den Hosenboden gesetzt und geübt.“ Mit dem Arm auf der Stuhllehne demonstriert er, was gemeint ist bei seinen Pad-Übungen: „Den habe ich festgebunden!“ Damit er lernt, die Sticks aus dem Handgelenk heraus zu schwingen, statt mit dem ganzen Arm. Der Ehrgeiz fruchtete: Bei „Der Vulkan rockt“, gewann er im Jahr drauf mit 16 einen Nachwuchspreis und spürte, wie er über die Jahre in der Obhut des Stephan Haus an Können zulegte: „Das hat mich auf ein ganz anderes Level gebracht!“, sagt der einstige Schüler, und der Lehrer nickt. Das sei sein Ziel: Seine Schüler sollen in der Lage sein, selbst ihren Stil zu entwickeln.

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Mit Disziplin und Fleiß als Profi-Drummer etabliert: der gebürtige Vogelsberger Daniel Schild hier bei einem Alsfelder Stadtfest im Klostergarten. Archivfoto: aep

Interview mit Chefredakteur Cord Radke

Heute ist Daniel Schild ein gefragter Musiker, einer der in der aktuellen Ausgabe des Schlagzeug-Magazins „Drumheads“ auf der Titelseite abgedruckt wird. Chefredakteur Cord Radke persönlich befragte den 35-Jährigen auf der Messe „Drums and Percussion“ nach seinen Ideen und Plänen, die ihn mit der Marburger Band „Juno 17“ dieses Jahr einmal mehr nach Russland führen werden. Deutschsprachige Bands seien dort echt angesagt, erzählt Daniel, der heute bei Kirchhain wohnt, nahe bei den beiden Kindern aus seiner Ehe. Zehn Jahre war er mit der Frau zusammen, erzählt er, und ganz gegen das Klischee sei nicht sein Beruf am Scheitern Schuld gewesen – ein Beruf, bei dem er oft nicht zu Hause ist.

Rund 120 Auftritte hat der Profi-Musiker im Jahr, ist dazu als Dozent auch im Internet aktiv und schreibt für Drummer-Magazine – auch für Drumheads, das den schreibenden Drummer jetzt mit der Cover-Story adelte. So viel braucht es, um davon leben zu können. Und um als junger Musiker überhaupt zu so vielen Gigs kommen, hatte Daniel Schild eine Grundeinstellung: „Ich war und bin mir für nichts zu schade!“ Er sage meist erst zu und überlege dann: „Kann ich das überhaupt?“ Anfangs spielte er für jede Musikgruppe, die er kriegen konnte: die Musikjokers, Telly Skavallas, Zep Benzellin oder auch beim Posaunenchor in Altenburg saß er am Schlagzeug und stellte fest: Auch die Polka will gelernt sein.

So rät er auch jungen Leuten, die Ähnliches im Kopf haben: „Mach alles, was du kriegen kannst. Selbst, wenn du es verkackst, hast zu immer noch dazu gelernt!“ Und ein Stück Disziplin gehört auch dazu, wenn man besser werden will. Die Aftershow-Party gehört für Daniel nicht zum Auftritt. Lieber sitzt er noch einen Moment beim Schlagzeug und überlegt: „Wie ist das heute Abend gelaufen?“.

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Eingekreist von Scheinwerfern: Daniel Schild 2008 bei einem Konzert in Alsfeld. Archivfoto: aep

Plan B wäre die Architektur gewesen

Der Weg zum Profi: Daniel Schild selbst lernte nach dem Abitur erst ein Jahr am Drummer-Institute in Düsseldorf und wechselte dann zum Studium von Schlagzeug und Percussion an die Musikhochschule in Mannheim. Als er in Düsseldorf anfing, sei noch gar nicht klar gewesen, ob er wirklich professionell bei der Musik bleiben würde: „Ich hatte auch noch einen Plan B“, erzählt er nun: Architektur und Musik eben an zweiter Stelle. Ein erstklassiger Abschluss als Bester seines Jahrgangs gab dem jungen Mann aber die Richtung vor, seine klare Haltung und sein Wille, sich fürs Leben Ziele zu setzen, trieben ihn an. Und wie es manchmal mit dem Glück des Tüchtigen ist, lernte er dann auch die richtigen Menschen kennen.

In seinem Fall war das Afshin, ein arabisch-stämmiger Profimusiker, der in Europa wenig bekannt ist, ist aber vor allem im arabischen Raum echten Promi-Status genießt. 2002 stieg der Alsfelder bei Afshin in  die Band ein, lernte erst einmal die für westliche Ohren eigenwilligen Takte seiner Songs und dann internationale Konzerte in vollen Hallen kennen. Bei Auftritten meist im Rahmen von World Music-Festivals in Dubai, Australien, den USA und Kanada war Daniel Schild dabei – ebenso wie bei einem Konzert in Tadschikistan, das zustande gekommen sei, weil die Tochter des Präsidenten so ein Afshin-Fan war. Mit Afshin kam er viel herum: „Zwei Jahre habe ich praktisch aus dem Koffer gelebt!“ Es waren lehrreiche Jahre.

Konzert-Eröffnung durch die Kanzlerin

Es gab inzwischen mehr spannende Gigs, etwa mit seiner Band „Ton Sport“ in Berlin, als niemand geringerer als Bundeskanzlerin Angela Merkel das Konzert eröffnete, und mit „Juno 17“ war er ebenfalls bereits auf Tourneen, darunter zweimal in Russland, wo die Deutschen sich großer Aufmerksamkeit erfreuen. Das fand der Chefredakteur Radke spannend genug, seinen Gast-Schreiber in dem Magazin einmal als Drummer vorzustellen – eine Erwähnung, die Daniel Schild selbst als große Anerkennung: „Das ist ein Kindheitstraum! Mehr geht nicht!“ Immerhin: In der Zeitschrift kommen sonst internationale Künstler zu Wort.

Und als eine große Hilfe für seinen eigenen Wert. Denn längst weiß Daniel Schild, was für den Erfolg auch wichtig ist: „Man muss am Telefon manchmal besser sein als an den Drums, um sich gut zu vermarkten.“ Denn es soll weiter aufwärts gehen. Auf die Frage, ob er denn nicht einmal auf seinem guten Status ausruhen könnte, entgegnet er: „Man kann sich nicht ausruhen, und ich will mich auch nicht ausruhen.“

von Axel Pries

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