
Kein Abschied: Pfarrer Horst Nold in Eudorf entpflichtetMiteinanderleben ist das Entscheidende
EUDORF (ol). Pfarrer Horst Nold wurde in einem bewegenden Gottesdienst in der Evangelischen Kirche Eudorf nach 35 Jahren entpflichtet. Trotz seines Ruhestands bleibt er der Gemeinde verbunden und übernimmt weiterhin Kasualien. Der Gottesdienst war geprägt von Dankbarkeit, tiefem Gottvertrauen und der besonderen Beziehung zwischen Nold und seiner Gemeinde.
Alles hat einen Anfang, alles hat ein Ende. Unter dieses Motto stellte Pfarrer Horst Nold in der Evangelischen Kirche in Eudorf seinen Verabschiedungsgottesdienst am vergangenen Sonntag, wie das Evangelische Dekanat Vogelsberg in einer Pressemitteilung berichtet.
Verabschiedung? Nein, Entpflichtung! Denn Horst Nold bleibt auch im Ruhestand in Eudorf und hat zugesagt, die Kasualien in den Gemeinden Eudorf und Elbenrod zu übernehmen. Der Pfarrer und seine Frau Heidemarie Lenffer-Nold, ebenfalls eine Pfarrerin, haben hier seit 35 Jahren ihre Zelte aufgeschlagen, mit den Menschen gelebt. Wie sehr sie alle verbunden sind, war im Gottesdienst in jeder Minute spürbar – auch die Feier im Anschluss im DGH in Eudorf war geprägt von Wertschätzung, guter Laune und einem beeindruckenden Miteinander.
Musikalisch eröffnete der Eudorfer Posaunenchor unter der Leitung von Helmut Wahl den Gottesdienst. Im weiteren Verlauf gestaltete Dorothea Mauß an der Orgel den Gottesdienst mit und auch der Singkreis unter der Leitung von Anke Leiser beteiligte sich an dem musikalischen Gelingen.
Sichtlich bewegt von der Aufmerksamt und der Wertschätzung seiner Gemeinde und aller anderer Anwesenden sprach Horst Nold auch in seiner – wie immer ohne Skript gehaltenen – Predigt über die Zeit. „Meine Zeit steht in Gottes Händen“, zitierte er einen Liedvers und offenbarte, welche Glaubensinhalte diese Zeile für ihn berge: tiefes Gottvertrauen zum einen und Dankbarkeit zum anderen. Vertrauen, so der Geistliche, sei der Anfang von allem. Welche Motivation könne man haben etwas zu beginnen, als das Vertrauen darauf, dass es gut werden möge? Er habe von Anfang in diesem Vertrauen gelebt. Nun sei er dankbar für alles, was ihm begegnet ist. Hier nannte er insbesondere die Menschen, die ihn getragen haben: seine Frau, seine Familie, Freunde. Auch die Menschen, die ihn und seine Frau vor 35 Jahren in ihrer Mitte aufgenommen haben, sprach Nold an: dankbar und verbunden. „Wer hätte gedacht, dass aus den Anfängen meines Pfarrerlebens gleich lebenslänglich würde“, fragte er in die gutbesetzte Kirche hinein und freute sich, mit seinen Worten sowohl nachdenklich zu machen als auch Freude zu verbreiten. So vergaß er auch nicht die – für die Eudorfer und Elbenröder schon obligatorische – Reminiszenz an die Frankfurter Eintracht, seinen Verein, wie alle wissen.
Seine Predigt nutzte der Pfarrer für einen Rückblick und für viele Geschichten und Anekdoten. Dass er dem Rat des damaligen Propstes Helmut Grün gefolgt war – „Ihr müsst nur mit den Menschen leben“ -, wurde mehr als deutlich: Horst Nold kennt alle Eudorfer und Elbenröder, ist verwurzelt mit den Vereinen und machte seine Predigt zu einem interaktiven Austausch von Begebenheiten. Den Kirchgängern in seinen Gemeinden wird genau dieses persönliche Moment zukünftig fehlen – umso mehr genossen sie es und zollten ihrem Pfarrer nach dessen Entpflichtung anhaltenden Applaus.
Er sei nie alleingewesen – diesen Satz von Horst Nold hatte sich Pröpstin Anke Spory als Motiv ihrer Ansprache zur Entpflichtung gewählt. Dies habe sich durch Nolds Leben gezogen. Er sei ein nahbarer, ansprechbarer Pfarrer gewesen, einer, der nicht zwischen Pfarramt und privatem Bereich unterschieden habe. Nie allein – dazu hätten auch seine beiden Kollegen Rieko Becker und Henner Eurich beigetragen, die ihn zur Verabschiedung segneten. Nold habe die Menschen in allen Lebensphasen begleitet, über Generationen hinweg. „Ihnen waren die Menschen wichtig“, sagte die Pröpstin und drückte ihren Dank für die vielen Jahrzehnte des Dienstes aus wie für die Bereitschaft, weiterhin die Kasualien in Eudorf und Elbenrod zu übernehmen.
Für das Evangelische Dekanat sprach Dekanin Dorette Seibert. Er sei kein typischer Pfarrer, mit dem großen Hut und der Arbeitskleidung mit den vielen Taschen, beschied sie ihm. Schon von Beginn ihrer Amtszeit an, als Nold schon über 25 Jahre im Amt war, merkte sie ihm den Geschichtenerzähler an. „Die Menschen und ihre Geschichten – das brauchen Sie“, wandte sie sich an Horst Nold. Zum Abschied überreichte sie ihm – vorerst noch symbolisch – ein Sweatshirt mit der Aufschrift „Menschenfischer“, passend für den passionierten Angler und passend „zu ihrer braunen Weste“. Der Beschenkte freute sich sichtlich über die durchdachte Wahl und die Angelköder, die das Geschenk zierten.
Auch für Grußworte war in dem Gottesdienst noch Zeit: Hartmut Rüger und Inge Kalbfleisch von den Kirchenvorständen in Eudorf und Elbenrod blickten zurück auf dreieinhalb Jahrzehnte, in denen das Pfarrerehepaar sich in die Herzen der Menschen gespielt habe. Mit Nold als Pfarrer hätten die Dörfer Gemeinschaft entwickelt. Die Redner dankten ihm für Wärme, Weisheit und unermüdlichen Einsatz. Im Namen der Stadt Alsfeld sprach der Stadtverordnete Ralf Pfeiffer. Er würdigte insbesondere Nolds Leistung als Altenheimseelsorger. Hier habe er nicht nur die alten Menschen, sondern auch deren Familien begleitet.
Auch die beiden Ortsvorsteher von Elbenrod, Bernd Wettlaufer, und Eudorf, Edgar Merle, überbrachten Abschiedswünsche, die von vielen gemeinsamen Erlebnissen und Begegnungen zeugten. „Lebbe geht weiter“, versprach Wettlaufer mit einem Blick auf den Fußball. „Horst war einer von uns“, konstatierte Merle und dankte Nold für sein authentisches und menschliches Auftreten. Mit ihrem Schlusslied rührte Organistin Dorothea Mauß den Pfarrer einmal mehr zu Tränen: „Wer hätte vor 35 Jahren gedacht, dass ich hier mal mit ‚Smoke on the Water‘ verabschiedet werde?“
Fotos: Traudi Schlitt
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