Jährliche Gedenkfeier erinnert an historische Krisen und stärkt ZusammenhaltDer „Verlobte Tag“ in Rixfeld: Ein Fest der Dankbarkeit und Gemeinschaft
RIXFELD (ol). Der „Verlobte Tag“ in Rixfeld wird jährlich mit einem festlichen Gottesdienst gefeiert, der an die historische Notlage der Gemeinde im 18. und 19. Jahrhundert erinnert. Diese Tradition ist ein lebendiges Beispiel für die Verbindung von Glauben, Gemeinschaft und Dankbarkeit in der heutigen Zeit. Martin Reibeling führte die Gemeinde durch einen besinnlichen Gottesdienst, der Vergangenheit und Gegenwart in Einklang brachte.
Am 21. Dezember herrschte in der kleinen Kirche von Rixfeld eine ganz besondere Atmosphäre. Die Bänke waren gefüllt, die Stimmen der Gemeinde erklangen kräftig, und die jahrhundertealte Tradition des „Verlobten Tags“ wurde einmal mehr mit einem festlichen Gottesdienst gefeiert. Martin Reibeling, Prädikant im Evangelischen Dekanat Vogelsberg, führte die Gemeinde mit seinen lebendigen Worten und tiefgründigen Gedanken durch einen Vormittag, der nicht nur an ein Versprechen erinnerte, sondern auch die Verbindung zwischen Vergangenheit und Gegenwart spürbar machte, so heißt es in einer Pressemitteilung des Dekanats.
Der Ursprung des „Verlobten Tags“ liegt tief in der Geschichte Rixfelds. 1761, im Siebenjährigen Krieg, litt die kleine Gemeinde nicht nur unter den Schrecken der Kriegsjahre, sondern wurde zusätzlich von einer schweren Viehseuche heimgesucht. Der Verlust zahlreicher Tiere stürzte die Dorfbewohner in eine existenzielle Krise. Doch in ihrer Not fanden sie Trost und Halt im Glauben: Am Samstag vor dem Thomastag versammelten sie sich in der Kirche, um Gott um Rettung anzuflehen. Sie gelobten, diesen Tag zukünftig als heiligen Danktag zu begehen – ein Versprechen, das sie bis heute halten.
Diese Tradition wurde später noch einmal gestärkt. 1813, nach der Schlacht bei Leipzig, brachte eine neue Viehseuche weitere Verluste. Doch das gelobte Versprechen bewährte sich erneut, und seitdem wird der „Verlobte Tag“ in Rixfeld mit besonderem Ernst gefeiert. heißt es.
Martin Reibeling, der als Prädikant im Vogelsberg ehrenamtlich Gottesdienste hält, führte die Gemeinde mit einer eindrucksvollen Predigt durch den Abend. Mit Humor und theologischer Tiefe zog er Parallelen zwischen den Kühen der Bibel und unserer heutigen Sicht auf die Tiere, die uns vieles geben, oft jedoch auf ihren Nutzen reduziert werden. „Kühe geben alles,“ sagte Reibeling, „und doch erinnern sie uns daran, dass das Wesentliche nicht im Geben liegt, sondern im Dasein.“
Seine Worte spannten den Bogen von den Herausforderungen vergangener Jahrhunderte bis in die Gegenwart. Mit Beispielen aus der Bibel und aus dem Alltag malte er Bilder, die zum Nachdenken anregten – über die Rolle von Tieren in der Schöpfung, die Bedeutung von Dankbarkeit und die Botschaft der Krippe. Besonders eindrucksvoll war sein Vergleich zwischen dem goldenen Kalb, das für Macht und Überheblichkeit steht, und der Demut des Stalls von Bethlehem. „Am Ende“, so Reibeling, „genügt es, einfach da zu sein. So wie das Rind an der Krippe, das nichts bringt außer seiner stillen Präsenz.“
Was den Abend besonders machte, war die aktive Beteiligung der Gemeinde. Der Gottesdienst, geprägt von traditionellen Liedern, dem Glaubensbekenntnis und der Feier des Abendmahls, war mehr als ein Rückblick auf eine alte Geschichte. Die Atmosphäre spiegelte die tiefe Verbundenheit der Rixfelder mit ihrer Tradition wider. „Man spürt, dass dieser Tag hier im Leben der Menschen einen festen Platz hat“, erklärte Martin Reibeling.
Auch die Abendmahlsfeier, ein zentrales Element des Gottesdienstes, trug dazu bei, die Bedeutung von Gemeinschaft und Dankbarkeit zu verdeutlichen. „Es ist bewegend zu sehen, wie sich hier Alt und Jung um den Altar versammeln“, so Reibeling.
Der „Verlobte Tag“ ist weit mehr als ein Relikt aus vergangenen Zeiten. Er ist ein lebendiges Zeichen dafür, wie Traditionen in der Gegenwart wirken können. „In einer Welt, die sich oft so schnell verändert, ist es eine Wohltat, solche Ankerpunkte zu haben“, betonte Reibeling am Ende des Gottesdienstes.
Seine Worte und die bewegende Feier erinnerten daran, dass der Glaube nicht nur in den großen Wundern, sondern oft im stillen Vertrauen und in der beständigen Dankbarkeit zu finden ist. Der „Verlobte Tag“ in Rixfeld – ein Fest des Glaubens, der Gemeinschaft und der Erinnerung an das, was wirklich zählt.
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