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Film zeigt ausbeuterische Strukturen beim Kakaoanbau1,5 Millionen Kinder schuften für unsere Schokolade

ALSFELD (ol). Kürzlich wurde der Dokumentarfilm „The Chocolate War“ für Schüler:innen der Geschwister-Scholl-Schule in Alsfeld präsentiert. Die Veranstaltung wurde vom Alsfelder Weltladen in Zusammenarbeit mit INKOTA-netzwerk e.V. organisiert. Der Film thematisierte die Ausbeutung von Kinderarbeit auf Kakaoplantagen und löste Diskussionen über Lösungsansätze aus.

Die Abschlussklassen der Geschwister-Scholl-Schule widmeten sich zusammen mit ihren Lehrkräften und der Schulleiterin vor dem Ende ihrer Schulzeit und den damit verbundenen Feierlichkeiten noch einmal einem ernsthaften sozialpolitischen Thema, nämlich der bitteren Seite der Schokolade. Eingeladen hatte der Alsfelder Weltladen in Kooperation mit INKOTA-netzwerk e.V. ins Kinocenter Alsfeld zu dem Dokumentarfilm „The Chocolate War“ mit einem anschließenden Filmgespräch über die Ursachen und den Fortbestand von ausbeuterischen Bedingungen in der Kakaoproduktion, so heißt es in einer Pressemitteilung des Weltladens.

Schokolade ist eine beliebte Süßigkeit. Auch unter dem Kinopublikum meldeten sich gleich zu Beginn der Veranstaltung einige Anwesende als Schokoladenliebhaber:innen. Etwa die Hälfte aller Schokoladenprodukte weltweit wird in Europa verzehrt, während nur etwa zwei Prozent des globalen Schokoladenkonsums auf dem afrikanischen Kontinent stattfindet, so heißt es.

Der Film zeigte den fünfjährigen Kampf des US-amerikanischen Menschenrechtsanwalts Terry Collingsworth gegen die wissentliche Ausbeutung von Kinderarbeiter:innen und Kindersklav:innen auf ivorischen Kakaoplantagen. Er vertrat ehemalige Kindersklaven in einem Prozess gegen zwei internationale Schokoladenhersteller. Dazu reiste er immer wieder nach Westafrika, um unter zum Teil gefährlichen Bedingungen Beweise zu sammeln. Die Beweisaufnahme gestaltete sich schwierig, weil sowohl in Cote d‘Ivoire als auch in Ghana Kinderarbeit offiziell verboten ist. Im Film werde deutlich, dass alle an dem Gerichtsverfahren Beteiligten durchaus über die Ausbeutung von Kindern auf Kakaoplantagen informiert waren, dass die Schokoladenhersteller aufgrund der US-amerikanischen Rechtsprechung jedoch nicht belangt werden können, so heißt es weiter.

Im anschließenden Filmgespräch zeigten viele Schüler:innen Interesse und Betroffenheit, zumal sie mit der Problematik bisher wenig konfrontiert waren. Birgit Eichmann von INKOTA verdeutlichte noch einmal die Ursachen für die Missstände in der Kakaoproduktion. Die Schokoladenhersteller nutzen ihre Marktmacht, um die Kakaopreise zu drücken, heißt es. Das bedeute, dass viele Kakaobauern kein existenzsicherndes Einkommen erwirtschaften und daher keine erwachsenen Erntehelfer finanzieren können. Sie greifen deshalb auf die Arbeit von Kindern zurück. Im Kakaoanbau seien rund 10.000 Kinder von Zwangsarbeit, Kinderhandel und -sklaverei betroffen. Noch immer arbeiten 1,5 Millionen Kinder unter ausbeuterischen Bedingungen auf den Kakaoplantagen. Viele Kinder werden aus den Nachbarländern Mali und Burkina Faso nach Cote d‘Ivoire verschleppt. Nur faire Kakaopreise sichern existenzsichernde Einkommen und verhindern ausbeuterische Kinderarbeit, heißt es.

Viele der Schokoladenhersteller, wie Nestle, Ferrero und Mars, können nicht sicher sagen, dass in ihren Produkten keine ausbeuterische Kinderarbeit steckt. Entsprechende Korrekturmaßnahmen seien sehr kostenintensiv und erreichten oft nur einen kleinen Teil der Bauernfamilien. Die Angaben stützten sich in der Regel auf lokale Ansprechpartner.

Mehrere Einflussmöglichkeiten, die uns als Konsument:innen offen stehen, wurden aus den Schülerreihen vorgeschlagen. Ganz wichtig sei die Information der Öffentlichkeit, in der die Problematik noch viel zu wenig thematisiert werde. Diesen Gedanken griff die Schulleiterin Anne Christ auf, indem sie anregte, fair gehandelte Produkte in den Süßigkeitenautomaten der Schule aufzunehmen. Im Zusammenhang mit dem individuellen Konsumverhalten ergab sich die Frage nach der Vertrauenswürdigkeit bekannter Siegel. Hierzu informierte Eichmann, dass das fairtrade-Siegel zwar einen Mindestpreis und die Mitbestimmung von Kooperativen garantiere, allerdings weder ökologische Standards berücksichtige noch existenzsichernde Einkommen garantieren könne. Unter den Schülern bekannt war die Marke Jokolade, deren Hersteller durch eine zusätzliche Prämie ein existenzsicherndes Einkommen für die Bauernfamilien gewährleiste. Auch die Fairhandels-Organisation GEPA zahle angemessene Preise. Ein zusätzliches Plus bestehe in der Bio-Zertifizierung. Das deutsche Schokoladenunternehmen fairafric lässt die Schokolade zu 100 Prozent in Ghana produzieren und exportiert sie dann nach Europa. So werden in Ghana Arbeitsplätze geschaffen und der Anteil an lokaler Wertschöpfung erhöht, heißt es. Der Kakao ist bio-zertifiziert. GEPA-Schokolade und Produkte fairafric bietet der Weltladen in verschiedenen Geschmacksrichtungen an.

INKOTA fordert, dass die Schokoladenunternehmen den Kakaobauern faire Preise zahlen. Eichmann verwies auf die ausgelegte Petition. Darin heißt es , dass Regierungen bestehende Gesetze gegen Kinderarbeit umsetzen und den Zugang zu Bildung in den Kakaoanbaugebieten verbessern müssen. Deutschland und die EU müssten Unternehmen zudem per Gesetz verpflichten, Menschrechte im Ausland zu achten. Unternehmen müssten in die Pflicht genommen werden, wenn im Rahmen der Lieferkette menschenunwürdige Arbeitsbedingungen und Kinderarbeit vorkommen. In diesem Kontext fand das Ende Mai von der EU verabschiedete Lieferkettengesetz noch kurz Erwähnung.

Weiteres Informationsmaterial zu dem vielschichtigen Thema kann im Weltladen eingesehen werden. INKOTA bietet außerdem die Ausleihe der Ausstellungen „Make Chocolat Fair“ und „Süß und Bitter“ auch für Schulen an. Immer auf dem Laufenden über den Weltladen und seine Aktivitäten kann man mit einem Blick auf die Website.

Ein Gedanke zu “1,5 Millionen Kinder schuften für unsere Schokolade

  1. Nicht nur bei der Schokolade werden die Menschen ausgebeutet , der Westliche Wohlstand besteht doch nur aus der AUSBEUTUNG der Welt. Und nebenbei vernichten wir noch die Umwelt.

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