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musikalischer Auftritt lässt Erinnerungen auflebenLive-Musik von „Hut ab!“ erobert Herzen der Senioren beim Neujahrsempfang im Haus Stephanus

ALSFELD (ol). „Wünsch dir was, dann spielen wir das!“ Die sich aus jungen Musikern rund um Alsfeld zusammensetzende Band „Hut ab!“ hatte beim Neujahrsempfang im Alten- und Pflegeheim Haus Stephanus nicht zu viel versprochen. Christoph Euler (Kontrabass), Horst Selentschik (Schlagzeug), Kilian Schütz (Trompete) und Lukas Rauber (Akkordeon) eroberten die Herzen der Seniorinnen und Senioren im Beisein des Alsfelder Bürgermeisters Stephan Paule (CDU) im Sturm.

Bei Klassikern wie etwa dem auf der böhmischen Polka basierenden Lied „Rosamunde“, beliebten Volksliedern wie „Am Brunnen vor dem Tore“ und „An der Heide blühen die letzten Rosen“ oder der in der Wilhelminischen Ära entstandenen Hessen-Hymne „Hessenland, du bist mein Heimatland“ kehrte wie durch das Drehen an einem Zauberring die Jugendzeit der Bewohnerinnen und Bewohner zurück. Bei dem emotionalen Stück „Eine weiße Rose“ flossen sogar Tränen. An den Tischen wurde mitgesungen, gestrampelt und geschunkelt, so hieß es kürzlich in einer Pressemitteilung des Haus Stephanus in Alsfeld.

Musik mit heilsamer Wirkung

Auf einen 96-jährigen Senior, der normalerweise auf seinen Rollator angewiesen ist und sich in Richtung Tanzfläche aufmachte, musste das Team des Betreuungsdienstes um deren Leiterin Minh Luis besonders aufpassen. Aber alles ging gut, der hochbetagte ehemalige Lehrer, der bis ins hohe Alter hinein regelmäßig Sport und Seniorengymnastik betrieben hatte, schnappte sich eine Bewohnerin und fand ohne Rollator Halt und Rhythmus. „Es ist doch immer wieder ein kleines Wunder, welch heilsame Wirkung die Musik hat“, sagte die Betreuungsdienstleiterin. Vor der noch jungen Band „Hut ab!“ und deren Gespür für Kompositionen weit vor ihrer Zeit zog die Event-Organisatorin buchstäblich den Hut. Selbst Bewohner, die sonst die meiste Zeit zurückgezogen in ihrem Zimmer leben, schwärmten diesmal aus und bereuten dies nicht, hieß es. Passend zur wundervollen Schneelandschaft draußen brachte drinnen das aus Kärnten stammende Tanzlied „Der Schneewalzer“ oder der von Marianne Rosenberg stammende Schlager „Er gehört zu mir“ die Stimmung auf den Siedepunkt. Bei Kaffee und Kuchen lobten sowohl Bewohnerinnen und Bewohner als auch deren Angehörige, dass das Haus Stephanus einmal mehr weder Kosten noch Mühen gescheut hatte, um eine kulturelle Veranstaltung auf künstlerisch und inhaltlich hohem Niveau auf die Beine zu stellen. Wobei das Besondere von „Hut ab!“ deren unglaublich vielseitiges Repertoire sei, das von volkstümlichen Weisen über Blasmusik, Dixieland und altbekannten Oldies reiche: quasi eine „laufende Jukebox“ und das alles mobil ohne Stecker und Noten.

Applaus für ehrenamtliche Retter

Von der geradezu euphorischen Stimmung ließ sich auch Bürgermeister Stephan Paule anstecken. „Ich freue mich, Sie alle bei so wunderbarer musikalischer Begleitung in so guter Stimmung zu sehen“, sagte der mit einer kleinen Verspätung eingetroffene Kommunalpolitiker. Letztere war dem mit chaotischen Verkehrsverhältnissen geschuldeten Wintereinbruch in Hessen und hier vor allem auf den Autobahnen rund um Alsfeld geschuldet. Paule würdigte an der Stelle den Einsatz aller ehrenamtlichen Kräfte, insbesondere von Feuerwehr und DRK, die sich Paule zufolge um die auf der Autobahn Liegengebliebenen gekümmert hatten. Dennoch sei es schön, dass endlich wieder mal richtig Winter sei und sich die Menschen in vielfältiger Weise an den positiven Seiten des Schnees erfreuen könnten. Paule musste erst gar nicht um Applaus für das uneigennützige gesellschaftliche Engagement der Rettungskräfte bitten – die Anwesenden kamen ihm hier schon kurz nach seinen Schilderungen zuvor und zeigten mit lautem Klatschen ihre Wertschätzung, hieß es. Paule wünschte allen Teilnehmenden des Neujahrsempfanges – insbesondere auch denen, die hier arbeiten – für das Jahr 2024 Glück, Gesundheit und all das, was auf der eigenen Wunschliste steht.

Dem musikalischen Part des Tages mit dem Erfüllen von Wunschmusik gingen ein Gottesdienst mit Pfarrer Horst Nold und musikalischer Begleitung durch „Hut ab!“ sowie die Begrüßung der Gäste durch Einrichtungsleiter Manuel Jöckel und Betreuungsdienstleiterin Minh Luis voraus. Manuel Jöckel erinnerte an die repräsentative Funktion und Bedeutung, die ein Neujahrsempfang auf höchster Ebene – etwa Staatsoberhäuptern, Parteien und Verbänden – habe. Anlässlich dieses Ereignisses würden wichtige Persönlichkeiten eingeladen. Im Umkehrschluss bedeute dies, dass alle Personen, die zum Neujahrsempfang eingeladen und ausgewählt worden sind, der eigentliche Mittelpunkt seien. „Insofern finde ich die Gästeliste der heutigen Veranstaltung mit Ihnen, die Sie alle hier sind, mehr als angemessen, denn Sie sind der Mittelpunkt der Einrichtung. Dementsprechend würde ich sagen, wir genießen den Tag als Beginn des Jahres 2024 als Start für viele Veranstaltungen, die wir in diesem Jahr noch haben werden“, so Jöckel, der allen Anwesenden zugleich einen schönen Nachmittag wünschte.

Betreuungsdienstleiterin Minh Luis schloss sich diesen Wünschen an und wies die Seniorinnen und Senioren ein, dass sie den bebilderten Jahresrückblick mit allen Highlights, der in der Vergangenheit beim Neujahrsempfang immer Teil der Veranstaltung gewesen sei, auf der Facebook-Seite des Hauses Stephanus finden und sich in Ruhe anschauen könnten. Auf einige wichtige Punkte, die hervorzuheben seien, ging Luis trotzdem ein. Sie hob hierbei hervor, dass ohne das Engagement der Pflegekräfte des Hauses keine Betreuung möglich sei. Um die Bewohnerinnen und Bewohner für die Veranstaltungen schick zu machen, arbeiteten die Bereiche Pflege und Betreuung Hand in Hand. Vor dem Schritt, den vor allem neue Bewohner zu Beginn gehen, äußerte sie Respekt. Für sie sei der Umzug ins Haus Stephanus „ein großer Schritt“, ändere sich doch die komplette Umgebung und auch die Nachbarn. Umso wichtiger sei das Behütetsein und die Liebe, die sie hier erfahren würden. „Wir sind hier alle wie eine große Familie, eine tolle Gemeinschaft und verstehen uns sehr“, betonte sie.

„Geliebt wird man dort, wo man schwach sein darf“ (Pfarrer Horst Nold)

Mit Blick auf die furchtbaren Kriege in der Ukraine und in Nahost hatte zuvor Pfarrer Nold in seiner Neujahrspredigt darauf hingewiesen, „dass wir die großen Dinge im Leben nicht ändern können und kaum Einfluss darauf haben“. Sehr wichtig sei jedoch, dort wo man lebe, Anteil daran zu nehmen und im täglichen Miteinander daran zu erinnern, „dass wir Christen im Geiste Christi sind und alles in Liebe geschehen soll“. Mittlerweile sei es leider heutzutage auf der Welt oftmals so, dass oft derjenige, der Schwäche zeige, ausgenutzt wird. „Geliebt wird man dort, wo man schwach sein darf und dennoch geliebt wird“, formulierte Nold einen wichtigen Satz. Wir alle kämen auf diese Welt, seien erst einmal schwach und auf die Liebe von Vater, Mutter und der Familie, in die man hineingeboren werde, angewiesen. „Wer diese Liebe bekommt, erfährt Geborgenheit, von der er ein Leben lang zehrt“, fügte Nold an. Dabei gehe es nicht nur kleinen Kindern so. „Je älter man wird, desto mehr schwinden die Lebenskräfte und desto mehr ist man auf Liebe und Respekt angewiesen“, so Nold. An der Stelle wies er darauf hin, dass es Menschen bedürfe – ob zu Hause oder im Haus Stephanus – die bereit seien, diese Liebe und nicht nur das Nötigste zu geben.

Fotos: Minh Luis/Claudia Fernández Zwanzige

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