
Kolumne von Ines Caspar, Geschäftsführer Aurum Vermögensmanagement GmbhInflation und Zinsentwicklung prägen europäische Märkte im Juli
ALSFELD (ol). Auch im Juli waren die Märkte von den Hauptthemen Inflation und Zinsentwicklung geprägt. Zum Monatsstart bieten die Vorgaben der Märkte ein gemischtes Bild. Im Hinblick auf die nächste Heizperiode und die wieder steigenden Weizen- und Nahrungsmittelpreise, wird die Inflation daher in Europa weiter im Fokus bleiben. Warum ist das so?
Aus geopolitischen Gründen werden bei einer Verschärfung des Ukraine-Getreidekonflikts höhere Nahrungsmittelpreise die Folge sein. Das ist bereits jetzt an den Spot-Märkten zu sehen. Bei den Weizenlieferungen könnte indes China (Hauptimporteur von Ukraine-Getreide) Druck auf Russland ausüben. China hat wegen seines hohen Importbedarfs an Nahrungsmitteln kein Interesse an steigenden Preisen. Der Ölpreis dürfte im 2. Halbjahr wieder steigen, da der Markt wegen niedrigeren OPEC (und Russland) -Öllieferungen deutlich unterversorgt sein wird. Russland hat die Ölproduktion zurückgenommen und auch in den USA gab es seit Jahresanfang einen Produktionsrückgang von 15%. Fazit: Viel spricht dafür, dass im 2. Halbjahr keine starke Abschwächung der Inflation in Europa zu erwarten ist und damit beim Zinsniveau vorläufig der Spruch gelten dürfte: Higher for Longer.
Wie sind die Aussichten für Europa?
In Europa wird dabei einerseits übersehen, dass die EZB wegen der gegenüber den USA höheren Inflation möglicherweise länger bremsen muss als die FED. Andererseits erfolgt wohl das Quantitative Tightening (Rückführung der Notenbankbilanzsumme) in stärkerem Ausmaß als in den USA. Bisher sank die EZB-Bilanzsumme um 18%, wobei diese quantitative Bremsung in Europa gerade erst begonnen hat. Zum 30. Juni sank die Bilanzsumme um 500 Mrd. € durch die Rückzahlung von Krediten, welche die EZB südeuropäischen Banken (sog. TLTRO-Operationen) gewährt hatte. Erst jüngst hat die EZB beschlossen, das Quantitative Tightening von monatlich 15 Mrd. € (damit begann man ab März) um durchschnittlich 28 Mrd. € pro Monat bis Juni 2024 zu erhöhen. Liquidität wird dem Markt dadurch zusätzlich entzogen. Trotz der Flaute in Deutschland ist unterdessen die Wirtschaft der Eurozone im zweiten Quartal auf Wachstumskurs zurückgekehrt. Der nachlassende Inflationsdruck feuerte die Aussicht auf eine baldige Zinspause an.
Welche Auswirkungen hat das auf die Aktienmärkte?
Der Juli ist vorbei und als ein saisonal freundlicher Monat profitierte er auch von der laufenden Ergebnissaison der Gewinne des 2. Quartals. Die Gewinnveröffentlichungen der Unternehmen zum 2. Quartal waren dabei aber so niedrig, wie seit 14 Monaten nicht mehr. Saisonal sollten daher mit dem August und September zwei der schlechtesten Monate des Jahres folgen. Die Aussichten für das letzte Quartal erscheinen aber wieder durchaus positiv und könnten zu einer Jahresendrallye führen.
Deutschland stagniert, nein, es ist sogar von fallenden Wachstumsraten betroffen. Laut aktuellem IWF-Wachstumsausblick sei die deutsche Volkswirtschaft die einzige unter den 22 untersuchten Ländern und Regionen, in der das Bruttoinlandsprodukt im laufenden Jahr zurückgehe. Im internationalen Vergleich liegt Deutschland somit weit zurück. Besserung ist nicht in Sicht, diverse Frühindikatoren zeigen alle nach unten. Negative Wachstumsraten können erhebliche Auswirkungen auf die Volkswirtschaft haben. Investitionen stagnieren, Steuereinnahmen sinken, Exporte und Umsätze sinken und das fallende Verbrauchervertrauen führt zu Konsum- und Investitionsrückgang der Bevölkerung. Auch der gerade wieder gestiegene EURO im Vergleich zum USD wird sich vermutlich negativ auf die Exporte auswirken.
Vor dem Hintergrund verwundert der Anstieg der Kurse im DAX und MDAX auf neue Höchststände doch sehr. Auch wenn einige Optimisten schon von einem DAX bei 17.000 Punkten träumen, sollten die eigenen Investitionen und erzielten Gewinne besonders auf den Prüfstand gestellt werden.
Wie reagieren internationale Aktienmärkte?
International gewinnt das Narrativ „Künstliche Intelligenz“ stark an Bedeutung und führte die bekannten Technologieaktien zu erneuten Höchstständen. Positive Signale aus der chinesischen Wirtschaft wirkten sich zudem begünstigend auf die Aktien-Indizes aus. Aber auch die deutlich besseren Wachstumszahlen der Schwellenländer haben die positiven Signale unterstützt.
Was tut sich am Zins- und Rentenmarkt
Nach Jahren des Null- und Negativzinses sind sichere Anleihen mit kurzen Laufzeiten auf beiden Seiten des Atlantiks als „Parkposition“ wieder interessant. Mittlerweile entbrennt auch bei den Banken wieder der Wettlauf um die Tagesgeldkonditionen. Für die Banken sind die jüngsten Beschlüsse der Europäischen Zentralbank (EZB) eine zweischneidige Angelegenheit: Einerseits bietet ihnen die beschlossene Zinserhöhung die Chance, mit Einlagen und Krediten mehr Geld zu verdienen. Andererseits hat die Notenbank eine Entscheidung gefällt, durch die Geldhäuser Einnahmen in Milliardenhöhe verlieren. Dabei geht es um die sogenannte Mindestreserve, die Institute bei ihren nationalen Notenbanken parken müssen. Auf diese erhalten die Banken – anders als bisher – künftig keine Zinsen mehr. Auf Jahressicht entgehen den Geldhäusern damit Einnahmen von 6,2 Milliarden Euro. Die deutschen Banken sind davon besonders stark betroffen. Ihnen entgehen pro Jahr 1,7 Milliarden Euro – verglichen mit dem Einlagensatz von 3,75 Prozent, den die Notenbank auf alle darüber hinaus gehenden Einlagen ab September bezahlen wird.
Wie reagiert der Goldpreis?
Derzeit stagniert der Goldpreis, beeinflusst durch Zinserhöhungen und gesunkenen USD/€. Die Nachfrage der Notenbanken, insbesondere der Schwellenländer ist weiter sehr hoch. Gerade die Schwellenländer bauen Ihre Goldvorräte kontinuierlich aus. Ihr Blick geht weiter auf eine größere Unabhängigkeit vom US-Dollar. Ob dies in eine neue, Gold-Basierte Währung führt, sei dahingestellt, aber es sollte mittelfristig zu einem weiter steigenden Goldpreis führen.
Was können Anleger tun?
Vor dem Hinblick auf zwei schwächere Monate im August und September sollte bei Aktien-Investitionen eher Zurückhaltung gelten. Schwache Tage können aber immer genutzt werden, um Positionen aufzubauen. Wer kurz- mittelfristig Geld parken möchte, findet wieder ausreichend Angebot am Rentenmarkt. Hier sollte aber jeder Anleger berücksichtigen, dass die Zinsen immer noch zu niedrig sind, um real, nach Abzug von Inflation und Steuer, Geld zu verdienen. Grundsätzlich sollte der Fokus auf der Qualität der Anlagen liegen, denn Qualität reduziert die Gefahr nachhaltiger Verluste.
Sind Sie auf der Suche nach passenden Anlagemöglichkeiten, dann sind wir Ihnen gerne bei der Auswahl behilflich. Rufen Sie uns gerne an und vereinbaren einen unverbindlichen Gesprächstermin TEL: 06631/8018440
Einstweilen wünsche ich Ihnen einen schöne Sommerzeit. Freuen Sie sich über den Regen, er tut der Natur sehr gut!
Disclaimer: Der obige Marktkommentar gilt nicht als Finanzanalyse i.S.d. § 34 b WpHG und spiegelt lediglich die Meinung des Verfassers wieder. Insbesondere stellt der Marktkommentar weder eine Anlageberatung noch eine Aufforderung zum Erwerb oder zur Veräußerung von Finanzinstrumenten dar. Er dient ausschließlich zu Informationszwecken.
Anmerkung der Redaktion: Die Kolumne spiegelt nicht zwangsläufig die Meinung von Oberhesssen-Live wider. Der Verfasser und redaktionell Verantwortliche ist: Aurum Vermögensmanagement GmbH, Ines Caspar, Bürgermeister-Haas-Str. 5, 36304 Alsfeld
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