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Alsfelder Stadtparlament für Prüfung der Wiederaufnahme der Bauaufsicht - Antrag für mehr Transparenz einstimmig angenommenZwischen Bauaufsicht, Transparenz und Bedenken der Opposition

ALSFELD (ls). Die CDU/UWA-Koalition möchte die Bauaufsicht wieder nach Alsfeld holen, jedenfalls wenn die vorherige Prüfung positiv ausfällt, die das Stadtparlament am Donnerstagabend beschlossen hat. SPD-Stadtverordnete Ute Koch, die früher selbst bei der städtischen Bauaufsicht gearbeitet hat, sieht den Vorstoß eher skeptisch: Man brauche zu viele Mitarbeiter und trage ein zu hohes finanzielles Risiko.

Ende 2009 gab Alsfeld die Bauaufsicht an den Vogelsbergkreis ab. Jetzt wollen CDU und UWA in einem gemeinsamen Antrag, dass die Stadt prüft, inwieweit es sinnvoll und machbar ist, die Bauaufsicht wieder in städtische Hände zu holen.

Mit Erinnerung an die Zeit als die Bauaufsicht noch in städtischer Hand war habe die Koalition auf der Klausurtagung überlegt, dass es Sinn ergibt, über eben dieses Thema zu sondieren, sagte UWA-Stadtverordneter und Vorsitzender Dieter Welker. Insbesondere sei das vor dem Hintergrund der vielen anstehenden Bauprojekte im Rahmen der Stadt- und Dorfentwicklung geschehen. „Deshalb wollen wir schauen, unter welchen Bedingungen das in 2022 möglich ist“, erklärt er. Es sei eine Überlegung in Richtung Bürgerfreundlichkeit, denn die Menschen würden schnelle Wege und schnelle Entscheidungen haben wollen.

Bauaufsicht künftig wieder in Alsfelds Hand?

Schon im Ausschuss gab es kontroverse Meinungen, insbesondere mit Blick auf die Aussagen des Kreises, der sich gegenüber OL verwirrt über den Vorstoß der Stadt gezeigt hatte. „Sondierungscharakter hin oder her: Ich bin ganz zufrieden mit der Situation und weiß nicht, warum man es ändern soll“, sagte ALA-Chef Michael Riese. Besonders mit Blick auf kontroverse Themen und Projekte sehe er es als ausgesprochen positiv, dass noch jemand Aussenstehendes ein Auge auf das werfe, was die Stadt plane. Er plädierte dafür, bei dem zu bleiben, was man habe: Die Bauaufsicht beim Kreis.

„Auch wenn hier eine Sondierung vorgenommen werden soll, dann ist doch die Absicht zu erkennen, dass man die Bauaufsicht zurückholen möchte“, mutmaßte ALA-Stadtverordneter Konrad Rüssel. „Allein die Tatsache, dass etwas geprüft werden soll weckt schlafende Hunde“, sagte Paule, denn immerhin gebe keine Verwaltung gerne Behörden ab.

Opposition äußert Bedenken und Kritik

Und auch SPD-Fraktionschef Achim Quehl fragte sich, wohin der Hase laufe und ob es sachliche Gründe oder Mängel bei der Arbeit der Bauaufsicht gebe, was Alsfelds Bürgermeister Stephan Paule auch aus Sicht der Verwaltung verneinte. „Es gab keine Mängel“, bestätigte er. Allerdings mache es möglicherweise aus Sicht der Bürger Sinn, wenn alles aus einer Hand komme – dass das aus ihrer Sicht nicht so ist, machte SPD-Stadtverordnete Ute Koch, die damals selbst für die städtische Bauaufsicht arbeitete, deutlich.

Alsfeld sei damals Teil eines Modellvorhabens gewesen, das per Verordnung auf fünf Jahre festgeschrieben war. Als es 2009 dann darum ging, das Vorhaben zu verlängern oder die Bauaufsicht an den Kreis zu geben, habe man Risiko und Personaleinsatz evaluiert. „Es hat sich gezeigt, dass zwei Mitarbeiter dafür zu wenig waren, man brauchte mindestens drei Vollzeitstellen“, erinnerte sie sich. Auch müsse es Fachpersonal sein, was zwar – das habe der Bürgermeister richtig ausgeführt – vorhanden sei, allerdings müssten die jetzigen Tätigkeitsfelder der Mitarbeiter dann ersetzt werden. Dahinter würden enorme Aufgaben stecken, für die man viel „Manpower“ braucht.

Vieles habe sich mittlerweile geändert und einige Bauvorhaben würden keine Baugenehmigung mehr benötigen, weshalb sich hier ohnehin bereits Vereinfachungen für den Bürger ergeben hätten – wenn auch die damaligen Leistungen der städtischen Bauaufsicht tatsächlich schnell gewesen seien. Mit dem Kreis oder anderen Behörden hätte man allerdings oft dennoch viel zu tun, weil die in einige Prozesse eingebunden werden müssen.

Ein wichtiger Aspekt sei auch immer das finanzielle Risiko gewesen, was die Bauaufsicht trägt und manchmal durch die sogenannte Ersatzvornahme oder ähnliches ein „Fass ohne Boden“ sein kann. Deshalb habe man das Modellvorhaben damals nicht auf Teufel komm raus verlängert. „In der jetzigen Situation mit Blick auf die Pandemie und den Haushalt sehe ich keine Notwendigkeit, die Behörde in die Stadtverwaltung zu holen“, erklärte Koch, zumal es keine Mängel mit der Behörde des Kreises gebe.

Auch SPD-Mitglied Carsten Weitzel konnte den Antrag nicht verstehen: „Wir hatten Sitzungen, in denen wir die interkommunale Zusammenarbeit vorangetrieben haben und jetzt wollen wir etwas zurück in die eigene Hand holen.“ Ohne die Stadt werde doch meist ohnehin nichts entschieden und wenn es um die Zeit gehe: Eine Anfrage im Landtag von 2020 habe gezeigt, dass der Vogelsberg hier weit mit vorne sei und schnell arbeite. Unter städtischer Führung sei man aber nochmal schneller gewesen und landete 2006 auf Platz 2, während der Kreis auf dem 5. Platz lag, entgegnete CDU-Fraktionschef Alexander Heinz.

Es ging damals um den Zeitvorteil und es habe einen wesentlichen Zeitfaktor gegeben, denn in einfachen Dingen sei man einfach ziemlich schnell gewesen. Dennoch, und das betonte Heinz, sei der „Antrag erst einmal nur ein Prüfantrag, um genaue Kosten und Einnahmen rauszufinden und um belastbare Zahlen zu haben“, so Heinz. Die interkommunale Zusammenarbeit mache in vielen Bereichen Sinn, aber in dieser Hinsicht könne man den Bürgern einen echten Mehrwert bieten. Und wenn bei der Prüfung ein positives Ergebnis herauskomme, dann wolle man diese positiven Aspekte auch nach Alsfeld zu holen.

Stadtparlament stimmt Koalitionsantrag mehrheitlich zu

Das bestätigte auch Welker am Donnerstagabend im Stadtparlament nochmals: „Wenn das Ergebnis kommt, dann schauen wir, ob es eine tragbare und sinnvolle Option ist und ob wir dem nachgehen oder ob wir es in eine Schublade legen und die erst einmal schließen.“

Nur drei hessische Kommunen unter der normalerweise vorgegebenen 50.000 Einwohnergrenze haben die Bauaufsicht noch in kommunaler Hand. Dennoch wurde der Koalitionsantrag mehrheitlich angenommen, wenn auch SPD und ALA überwiegend dagegen stimmten. „Wir haben eine solide Zusammenarbeit, es gibt keine Probleme. Warum die gute solide Zusammenarbeit einfach so beenden?“, erklärte SPD-Fraktionschef Achim Quehl. Entgegen der CDU/UWA-Koalition, und damit verwendete Quehl die Worte, die Welker noch einen Abend zuvor im Ausschuss verwendete, wolle sich die SPD die Sondierung nicht „gönnen“.

Der einzige Antrag, über den an diesem Donnerstag abgestimmt wurde, war das allerdings nicht: Einstimmig haben sich die Lokalpolitiker außerdem noch entschieden, die Daten und Infos über das Industriegebiet am Weißen Weg im Bürgerinformationssystem zu veröffentlichen.

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