"Jahresausblick 2022" Interview mit dem Vogelsberger Landrat Manfred GörigGörig zu Kreiskrankenhaus: „Dass wir das schaffen, steht außer Frage“
VOGELSBERG (ls). Es sind gemischte Gefühle, mit denen Landrat Manfred Görig auf das Jahr blickt. Während die mittlerweile fünfte Corona-Welle durch den Vogelsberg rollt, prophezeien Wissenschaftler das baldige Ende der Pandemie – und zwischen alldem steht der Kreis vor eigenen Herausforderungen: Ein teurer Krankenhausbau, die Sanierung der Schulen und der Klimaschutz. Im Jahresausblick-Interview zeigt sich der Landrat trotzdem optimistisch all das zu stemmen.
Manfred Görig blickt mit gemischten Gefühlen auf das Jahr 2022. Wie es weitergeht, wagt der Vogelsberger Landrat nicht zu prognostizieren, immerhin stecke ganz Deutschland und in dieser Konsequenz natürlich auch der Vogelsberg noch mitten in der Pandemie. Wie stark das Jahr wohl von Corona geprägt sein wird? „Das ist eher eine Frage an einen Mediziner“, erwidert der Landrat. Die Zahlen im Vogelsberg seien aktuell so hoch wie nie, ein ähnliches Infektionsgeschehen hätte in 2021 noch zu einem Lockdown geführt, wenn auch die Impfquoten zu diesem Zeitpunkt noch lange nicht da gewesen wären, wo sie heute sind.
„Man weiß nicht, ob das Ende der Pandemie in Sicht ist oder ob es noch eine Welle gibt. Das ist reine Spekulation, keiner kann voraussagen, wie sich das Virus entwickelt. Wichtig ist daher nach wie vor, dass man sich impfen lässt. „Gut wäre es für uns, wenn wir in eine Normalität zurückkehren würden“, sagt Görig. Gut vor allem auch für die Branchen, die besonders betroffen sind wie der stationäre Handel, die Gastronomie oder die Kultur. Irgendwann, da ist sich Görig sicher, werde man mit dem Virus leben müssen und da gehört auch eine mögliche jährliche Impfung wie bei der Grippeschutzimpfung dazu.
Die Bekämpfung der Pandemie werde auch in diesem Jahr die große Herausforderung sein, weitere werden hinzukommen. Landrat Görig nennt die mögliche Impfpflicht, wohl eine der schwierigsten Aufgaben für das laufende Jahr – insbesondere mit Blick auf die Überwachung. „Wenn es wirklich eine Impfpflicht für die Allgemeinheit geben wird, dann wird es eine echte Herausforderung, das zu überwachen“, sagt er.
Im Bereich der Schulen steht ein Meilenstein an
Neben der Pandemie sind es mehrere Großprojekte, die den Landrat in diesem Jahr beschäftigen. Die Schulen im Vogelsbergkreis liegen ihm besonders am Herzen, „deshalb übe ich das Amt des Schuldezernenten auch gerne aus“, erklärt er.
Viel habe sich im Bereich der Schulen in den vergangenen Jahren bereits getan: Mit weit mehr als 60 Millionen Euro seien einige Schulen bereits komplett saniert worden. In diesem Jahr steht mit der Fertigstellung der Gesamtschule in Schlitz ein weiterer wichtiger Meilenstein an. Nach fast drei Jahren Bauzeit und etwa 19 Millionen Euro Kosten stehen jetzt noch Restarbeiten auf dem Plan, ehe die Schule in diesem Jahr in Betrieb genommen wird.

Landrat Manfred Görig im Vogelsberger Kreistag. Foto: archiv/akr
Nachfolgend steht jetzt erst einmal der Fachbereich Metall der Vogelsbergschule im Vordergrund und die Ganztagsbetreuung an den Grundschulen. „Wir haben den gesetzlichen Auftrag, bis 2026 für jedes Kind einen Betreuungsplatz zu bieten“, unterstreicht Görig die Bedeutung der Aufgabe. An der Gerhart-Hauptmann-Schule in Alsfeld entstehe daher gerade ein neues Betreuungsgebäude.
Bauen ist teuer geworden, so Görig weiter und verweist auf Kostensteigerungen bei der Sanierung der Schule in Grebenhain. „Zunächst wurde mit 17 Millionen Euro geplant, jetzt liegen wir bei 22 Millionen Euro für die Sanierung“, sagt Görig. Von unerwarteten Kostensteigerungen kann der Landrat ein Lied singen, sorgten doch insbesondere die gestiegenen Kosten für den geplanten Krankenhaus-Neubau in Alsfeld in den letzten Wochen für kontroverse Diskussionen.
Hybrid-Lösung als Krankenhaus-Kompromiss
Mehr als 30 Millionen Euro mehr als einkalkuliert soll der Bau kosten, doch ohne Unterstützung vom Land wird es schwer. Der Landrat hingegen zeigt sich dennoch zuversichtlich: „Dass wir das schaffen, steht außer Frage. Wir haben dafür gestimmt, dass es neu gebaut wird.“ Nun stehe die Frage im Vordergrund, was ein Krankenhaus leisten muss, um für die Zukunft gut aufgestellt zu sein. Die Geriatrie, ein Steckenpferd des Kreiskrankenhauses, müsse beispielsweise gestärkt werden, und man plane außerdem auch ein Herzkatheter-Labor, was wichtig für die Notfallversorgung im Kreis sei.
Dass der Preis nun stark angestiegen ist, das liege nicht nur an der Baukonjunktur und den damit einhergehenden hohen Preisen, sondern auch an einem gestiegenen Platzbedarf in dem neuen Gebäude.
„Die Aufgabe ist jetzt, dass wir uns mit Wiesbaden, mit dem neuen Geschäftsführer, der nun im Dienst ist, und der Beratungsfirma zusammensetzen und überlegen, wie wir das mit dem Geld, das uns zur Verfügung steht, und mit den Wüschen, die wir an ein zukunftsfähiges Krankenhaus legen, zusammenbekommen. Es wird da vermutlich am Ende einen Kompromiss geben“, kündigt Görig an. Das könne beispielsweise eine Hybrid-Lösung aus einem Neubau und einem Teil des bestehenden Gebäudes sein.
Gerade an diesem Tag habe er gelesen, dass das Land das privatisierte Universitätsklinikum Gießen und Marburg ab 2022 mit jährlich 45 Millionen Euro fördert – vorbehaltlich der Zustimmung des Landtags zur Freigabe der Mittel. In den kommenden zehn Jahren wird somit knapp eine halbe Milliarden Euro in die Klinik investiert. „Es wäre schön, wenn Hessen auch mal an den ländlichen Raum denken würde. Wenn wir hier für ein kommunales Krankenhaus auch einen Zuschuss in einer solchen Höhe bekommen würden wie die private Klinik, dann würden wir hier nicht über 30 Millionen Euro diskutieren“, kritisiert er.
Große Herausforderungen im Vogelsberg
Den Mut verliert Görig allerdings nicht, wenn auch in den letzten beiden Jahren seiner Amtszeit noch einige Herausforderungen auf den Landrat warten. 2024 soll Schluss sein für ihn, da werde er nicht erneut für den Landratsposten kandidieren.
„Im Vogelsberg sind die Herausforderungen immer groß, es gibt keine kleinen Herausforderungen“, sagt er. 189 Ortsteile habe der Kreis, die meisten mit weniger als 300 Einwohnern, dann noch eine große, wenig dicht besiedelte Fläche – allein das sei bereits eine große Herausforderung. Auch wenn der neue Entwurf des Regionalplans weiter fallende Einwohnerzahlen prognostiziert, spricht Görig von einem faktischen Zuzug, den man durch Corona deutlich spüre.
„Wenn wir alles richtig machen und die Kommunen genügend Bauplätze ausweisen, dann haben wir gute Voraussetzungen“, erklärt er und meint damit nicht nur die Natur direkt vor der Haustür, sondern auch die günstige Lage, die seiner Meinung nach einfache Anbindung an Autobahn und durch ÖPNV, eine niedrige Arbeitslosigkeit, vorhandene Arbeitsplätze durch gute, bodenständige Wirtschaft und auch in die Bildung werde investiert. „Wir haben Schulklassen mit 20, manchmal mit 15, Schülern. Das gibt es im Rhein-Main-Gebiet beispielsweise nicht. Das ist sicherlich auch ein Grund, weshalb Familien hierherkommen“, sagt Görig.
Wichtig sei auch die ärztliche Versorgung im ländlichen Raum. „Wir haben ein Hausarzt-Problem, aber uns fehlen auch Fachärzte.“ Deshalb habe man in Zusammenarbeit mit Freiensteinau und Grebenhain ein Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) ins Leben gerufen, weitere seien durchaus denkbar, auch wenn das eine „richtige Herausforderung“ gewesen sei. Auch der Rettungsdienst gehöre hier dazu: Während einige Rettungswachen fertiggestellt wurden wie in Kirtorf, wird die neue Wache in Homberg in diesem Jahr fertig, in Freiensteinau sei man nun in den 24-Stundenbetrieb gewechselt und in Eulersdorf wird der Neubau in diesem Jahr in Angriff genommen. „Die Weichen im Rettungsdienst sind gut gestellt.“

Beim Spatenstich im Juni 2021 zur neuen Rettungswache in Homberg Ohm. Foto: archiv/tsz
Ein großes Thema ist natürlich auch der Klimaschutz. „Jede Schule, die saniert wird, bedeutet ein Stück CO2-Einsparung“, sagt der Landrat. Das sehe man am Beispiel in Schlitz. Viele Hunderttausend Liter Heizöl seien dort in die Luft geblasen worden, mit dem Neubau erziele man eine Einsparung von über 200 Tonnen CO2.
Ohnehin werde der Klimaschutz ein großes Feld der Themen im Kreis betreffen, auch ein Klimaschutzmanager werde am 1. Februar mit seiner Arbeit beginnen und insbesondere die regenerative Wärmeerzeugung in den Fokus nehmen. Die Heizungen an den Schulen sollen ausgetauscht und auf einen neuen Standard gebracht werden.
Guter Ergebnisse in der regenerativen Stromerzeugung
Auch an den eigenen Gebäuden könne man da sicherlich noch einiges tun, dazu müssten etwa 18 Millionen Euro investiert werden. Das alles in einem Jahr zu schaffen, sei unmöglich – ein Plan müsse her, was Priorität habe. „Wir sind als Vogelsbergkreis, was die regenerative Stromerzeugung angeht ganz vorne und erzeugen mit Photovoltaik und Windkraft über 1.000 Gigawattstunden Strom. Da sind wir mit großem Abstand vor allen anderen hessischen Kreisen. Heißt: Wir sind schon richtig gut“, erklärt Görig.
214 Tonnen CO2 weniger pro Jahr: Neubau der IGS Schlitzerland
Wenn es nach dem Landrat geht, dann heißt es für 2022: Gesund bleiben, das Jahr gut überstehen und im September – hoffentlich ohne Corona-Beschränkungen – das 50. Jubiläum des Kreises feiern – und gleichzeitig das Jubiläum des Kinder- und Jugendparlaments. Bis es so weit ist, warten sicherlich noch viele anderen Themen auf den Landrat.
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