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Prognosen und Perspektiven des Fachkräftemangels unter Beachtung der Corona-PandemieMobiles Arbeiten: Die neuen Möglichkeiten nutzen

Vogelsbergkreis (ol). Diese Entwicklung hatte im November 2019 niemand voraussehen können, von Corona war noch keine Rede, als Christa Larsen vom Institut für Wirtschaft, Arbeit und Kultur (IWAK) der Goethe-Universität Frankfurt die aktuellen Zahlen und Prognosen zu Arbeitsmarkt- und Fachkräftesituation im Vogelsbergkreis vorstellte. Nun war sie erneut zu Gast im UnternehmensNetz.

In einer Online-Veranstaltung ging es um die Frage, inwieweit die Pandemie die Einschätzung der aktuellen Lage und die Prognose der künftigen Entwicklungen des Arbeitskräftebedarfs und -angebotes in der Region verändert hat.

In der Pressemitteilung des Vogelsbergkreises heißt es, Matthias Steckenreuter und Katharina Barth von der Wirtschaftsförderung des Vogelsbergkreises moderierten die Abendveranstaltung, die Wirtschaftsdezernent und Erster Kreisbeigeordneter Jens Mischak eröffnete.

Referentin Dr. Larsen ging in ihrem Vortrag zunächst auf die erkennbaren Pandemieeffekte ein. Im Bereich Fachkräftemangel habe sich die Lage zunächst leicht entspannt. Sei man bei der vorangegangenen Analyse noch von einem Fachkräfteengpass von 6450 fehlenden Kräften bis zum Jahr 2024 ausgegangen, habe sich in der Pandemie eine prognostizierte Lücke von 5420 fehlenden Arbeitskräften im neuen Untersuchungszeitraum bis zum Jahre 2026 gezeigt. Allerdings hätten sich die Effekte in den jeweiligen Branchen und Tätigkeitsbereichen unterschiedlich dargestellt.

Während Bereiche wie Gastronomie, Tourismus und Kultur über Wochen und Monate zum Erliegen gekommen seien, sei in anderen Bereichen die Nachfrage nach Produkten und Dienstleistungen gestiegen wie zum Beispiel in der IT-Branche oder dem Bauhandwerk. Darüber hinaus wirke sich die Pandemie auch als „Beschleuniger bei Strukturwandel und Digitalisierung“ aus.

Matthias Steckenreuter, Katharina Barth, Dr. Christa Larsen und  Jens Mischak sprachen über den Fachkräftemangel im Vogelsbergkreis unter dem Eindruck der Pandemie. Foto: Vogelsbergkreis

Diese Umstände änderten jedoch insgesamt nichts an dem grundlegenden Trend der demographischen Entwicklung. In den kommenden zehn Jahren sei im gesamten Bundesland Hessen mit steigenden jährlichen Rentenzugängen zu rechnen. Erst ab dem Jahr 2032 wäre davon auszugehen, dass die Zahl der Arbeitskräfte, die jährlich in den Ruhestand gehen, wieder sinke.

Die Referentin führte aus, dass im Vogelsbergkreis nicht nur Fachkräfte fehlten, sondern auch Arbeitskräfte für einfachere Tätigkeiten, die ohne formale Berufsausbildung ausgeübt werden könnten. Es gelte, möglichst schnell Maßnahmen gegen die drohende Verschärfung des Arbeitskräftemangels in der Region zu ergreifen.

Die hohe Zahl der Auspendler aus der Region stelle ein Potenzial dar, das möglicherweise mit dem Aufbau von Pendlerhubs ein Stück weit zurückgewonnen werden könne. Ebenso solle jungen Menschen, die mit ihrem Studium nicht glücklich seien, ein alternatives Berufsangebot in der Region gemacht werden.

Darüber hinaus sei die Weiterbildung der eigenen Mitarbeiter, zum Beispiel im Rahmen der hessischen Initiative ProAbschluss, ein wirksames Angebot, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken. Nicht zuletzt sorgten die Digitalisierung und der Ausbau der digitalen Infrastruktur für neue Möglichkeiten im Bereich „mobiles Arbeiten“, sodass auch Arbeitskräften aus anderen Landkreisen attraktivere Bedingungen für eine Mitarbeit in heimischen Unternehmen angeboten werden könnten.

2 Gedanken zu “Mobiles Arbeiten: Die neuen Möglichkeiten nutzen

  1. Ich habe im Rhein-Main-Gebiet und im Landkreis Gießen gearbeitet, nie im Vogelsbergkreis. Warum, weil dort für gute Arbeit guter Lohn gezahlt wurde. Solange sich daran nichts ändert, werden leistungswillige Beschäftigte immer auspendeln und nicht in den Vogelsberg zurückkehren.

    Deshalb leistungsgerechte Bezahlung, dann kehren die Arbeitnehmer zurück und müssen nicht auspendeln. Der Fachkräftemangel wird dies zukünftig regeln.

    Gerechter Lohn für anständige gute Arbeit!!!!

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    1. Solche Stimmen aus Arbeitnehmerkreisen sollte man unbedingt ernst nehmen. Ich bin überzeugt, dass es unter den Vogelsberger Arbeitgebern nicht nur Lohndrücker gibt. Eine ganze Reihe von Firmen mit überregionaler Bedeutung zahlen ihren Mitarbeitern anständige Vergütungen. Aber davon gibt es offensichtlich zu wenige. Es ist im Zusammenhang mit der demografischen Situation im Vogelsberg immer wieder auf den drohenden Fachkräftemangel hingewiesen worden, und es wurde hin und her diskutiert, wie man eine größere Zahl vor allem jüngerer Menschen in den Vogelsberg „locken“ könne, um freie bzw. frei werdende Stellen leichter besetzen zu können. Das Thema „attraktive Löhne“ wurde nur selten angesprochen. Stattdessen weinte man Krokodilstränen und gab man sich alle Mühe, die besonderen Vorteile der Region „bewusst“ zu machen. Aber die Leute sind ja nicht blöd. Im Vogelsberg preiswert und gut zu leben ist ja nur dann ein Vorteil, wenn man so gut verdient wie in den Nachbarlandkreisen. Bei geringeren Einkünften verliert sich dieser Vorteil. Was sich rechnet: Im Vogelsberg billig wohnen, aber in die Nachbarlandkreise auspendeln, um dann das gute Geld, das man dort verdient hat, mit in den Vogelsberg zu nehmen. 30-50 km zum Arbeitsplatz im Landkreis Fulda oder Marburg-Biedenkopf sind da keine übergroße Belastung, jedenfalls so lange man die Fahrtkosten steuerlich entsprechend geltend machen kann.

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