Haustiere in Romrod verstorben„Mir ist noch nie etwas Schlimmeres passiert“
ROMROD (akr). Kerstin Zöckler aus Romrod ist mehr als erleichtert, dass es ihrem Hund Odin wieder gut geht. Der zwölfjährige Jack Russell gehört zu den Tieren, die am Wochenende im Bereich der Antreff offenbar eine giftige Substanz aufgenommen haben. Für den Zwergpudel Bexter, der elf Jahre lang der treue Begleiter von Thomas Kalbfleisch war, kam hingegen jede Hilfe zu spät. Ein Besuch.
Wenn man bei Zöcklers in der Neuen Straße in Romrod klingelt, dann kann man sich auf eines verlassen: Man wird durch lautes Bellen von Jack Russell Odin begrüßt. „Wenn er mal nicht bellt, dann ist er schwer krank“, erzählt Kerstin Zöckler – und genau das war am vergangenen Wochenende der Fall. Am Samstagmorgen ging es dem zwölfjährigen Rüden noch gut, als er gemeinsam mit seinem Herrchen und Mischlingsdame Emma entlang der Antreff auf seiner morgentlichen Gassi-Tour die Welt erkundete.
Doch als die Drei wieder zuhause waren, hat Odin plötzlich angefangen zu zittern und komische Atemgeräusche von sich zu geben. „Wir dachten, er hätte vielleicht wieder einen seiner Anfälle und dass es gleich wieder vorbei geht“, erzählt Zöckler. Das sei nämlich schon vorgekommen. Eines war aber dieses Mal anders: Er wollte unbedingt wieder raus. Also ging ihr Mann mit dem Rüden in den Garten. „Odin wollte weglaufen“, erinnert sich die Romröderin, ein ganz untypisches Verhalten für ihn – und damit ist Odin nicht allein gewesen, wie sich noch herausstellen sollte.
Odins Gesundheitszustand verbesserte sich nicht, im Gegenteil. „Ich war total aufgeregt, habe geheult und den Tierarzt angerufen, es war einfach furchtbar“, erzählt die 41-Jährige. Zu diesem Zeitpunkt wusste sie noch nicht, dass ihr Hund vielleicht vergiftet worden sein könnte. „Wir haben gedacht, vielleicht ist es auch ein Magen-Darm-Infekt“, erzählt sie. Denn der kleine Rüde habe auch noch Durchfall und Fieber gehabt. Beim Tierarzt in Schrecksbach bekam Odin Spritzen und durfte dann auch wieder seine Familie nach Hause begleiten, wo er sich dann so langsam wieder erholte.
Der nächste Schockmoment
Während es Odin mit der Zeit besser ging, kam für Kerstin Zöckler der nächste Schockmoment an diesem Wochenende: Dem 16 Wochen alten Dackel ihrer Mutter, Pelle, ging es ebenfalls sehr schlecht. „Er hat sich in der Diele verkrochen, wollte nicht mehr raus kommen“, erzählt Zöckler. Auch Pelle wurde zum Tierarzt gebracht, wo sie dann auch noch auf Nachbarshündin Emma trafen. „Emma hatte massives Fieber.“
Zöckler begann zu stutzig zu werden. Das alles konnte kein Zufall mehr gewesen sein. Als sie dann erfuhr, dass Thomas‘ Hund Bexter gestorben ist, weil er vergiftet worden sein sollte, läuteten bei ihr endgültig die Alarmglocken. Sie rief die Polizei an, warnte Freunde und Bekannte, teilte die Nachricht in ihrem Status bei Whatsapp. Schnell verbreitete sich die Meldung von den „vergifteten Haustieren“ in der Schlossstadt.
Die Polizei kam vorbei und nahm die Ermittlungen auf. Auf Nachfrage von Oberhessen-live teilten die Beamten mit, dass man in dem Bereich, in dem die Hunde unterwegs waren, Proben entnommen habe, Ergebnisse aus dem Labor lägen jedoch noch nicht vor. Neun Tiere sollen laut Polizei derzeit betroffen sein. Für zwei Hunde und eine Katze kam jede Hilfe zu spät. Zöckler vermutet, dass jemand aus Romrod dahinter steckt, denn nur ein Ortsansässiger würde wissen, dass es sich bei diesem Weg im Bereich der Antreff um einen beliebten Gassigeh-Weg handelt. Diese Vermutung teilt auch Thomas Kalbfleisch. Jemand von außerhalb kommt für ihn nicht in Frage.
„Pelle ist noch immer in der Tierklinik. Ich warte auf den Anruf, dass wir ihn wieder abholen können. Noch habe ich nichts gehört, aber das ist doch ein gutes Zeichen oder?“, sagt die Romröderin hoffnungsvoll. Immer wieder blickt sie auf ihr Handy, immer wieder versucht sie, ihre Tränen zu unterdrücken, vor allem als Kalbfleisch beginnt zu erzählen, wie er seinen geliebten Bexter, seinen treuen Begleiter, verlor.
Zwergpudel Bexter überlebte nicht
Bexter sei nicht einfach friedlich eingeschlafen. „Er ist qualvoll verendet“, sagt Kalbfleisch wütend. Er kann es noch immer nicht ganz fassen, dass der kleine Zwergpudel nicht mehr am Leben ist. Die letzten vier Monate habe Bexter bei seinen Eltern gelebt, da Kalbfleisch gesundheitlich angeschlagen war, beziehungsweise noch immer ist. „Meine Mutter ist Freitagabend an der Antreff entlang mit ihm Gassi gegangen“, erzählt er. Dort habe er auch etwas gefressen, was das war, wisse er nicht.
Samstagmorgen stand dann die nächste Runde auf dem Programm. Auch hier sei noch alles in Ordnung gewesen. „Danach bekommt er von meinem Vater immer ein Leckerlie und das hat er auch gegessen. Um 9.15 Uhr habe ich dann den Kontrollanruf gemacht, was mein Kleiner denn so macht“, erzählt der 47-Jährige. Als er dann mit seinem Vater telefonierte, habe Bexter plötzlich angefangen zu würgen. „Meine Mutter ist dann mit ihm raus und als sie ihn anleinen wollte, ist er in den Garten vom Nachbarn verschwunden. Ich habe das erst gar nicht ernstgenommen, dass Bexter abgehauen ist“, erzählt Kalbfleisch.
Doch als sein Vater und seine Mutter den Zwergpudel nach einigen Minuten noch immer nicht finden konnten, ist Kalbfleisch zu seinen Eltern rüber, „denn das war ganz untypisch, er hört auf meine Eltern genauso, wie auf mich.“ Überall im Wohnzimmer sei zudem Kot gewesen, Durchfall. Der Nachbars-Dackel habe ihn schließlich unter einem Busch gefunden. „Er hatte Schaum vorm Mund, war total verklebt vom Erbrochenen und Durchfall“, erzählt er. Bexter habe gezittert, geröchelt, keine Luft bekommen.
Sofort sind seine Eltern mit dem Zwergpudel zur Romröder Tierärztin, die ihm unter anderem eine Infusion gelegt habe. „Ich habe hinterm Haus auf der Bank gesessen und geheult wie ein Schlosshund.“ Da sich der Zustand des Vierbeiners aber nicht verbessert habe, sind seine Eltern schließlich mit ihm in die Tierklinik im Ebsdorfergrund gefahren. „Ich habe daheim dann die Stellung gehalten“, sagt der 47-Jährige. Als seine Eltern dann wieder in Romrod ankamen, sei sein Vater aus dem Auto ausgestiegen und habe mit dem Kopf geschüttelt. „Ich bin dann auf dem Gehweg zusammengebrochen.“
Nicht nur einmal beerdigt
Bexter hatte es nicht überlebt. Noch auf der Autofahrt zur Tierklinik sei der kleine braune Zwergpudel verstorben. Die Tierärztin habe gesagt, dass er vergiftet worden sei, erzählt er. Während Zöckler versucht, ihre Tränen zurückzuhalten, wirkt Kalbfleisch gefasst, doch der Schein trügt. Zuhause breche er immer wieder in Tränen aus. Da sein treuer Begleiter die vergangenen Monate bei seinen Eltern lebte, habe er sich daran gewöhnt, dass, wenn er morgens aufwacht, sein Hund nicht neben ihm liegt. „Wenn ich dann aber sein Halsband sehe, macht es Klick, dann brauche ich bestimmt erst einmal eine Stunde, um wieder klar zu kommen“, erzählt er.
Bexters Tod sei auch besonders schlimm für seine Eltern. Sein Vater habe die ganze Nacht im Keller neben ihm gelegen, wollte ihm nicht von der Seite weichen. Von klein auf habe Bexter seinen Vater bei seinen über 20 Kilometer-Läufen begleitet. „Unser Bexter war fit“, betont er.
Am Tag darauf, Sonntag, wurde Bexter im Beisein seiner Liebsten im Garten der Eltern beerdigt. „Mit seinem Körbchen, Kuscheltieren, Leckerlis – alles, was er gern hatte“, erzählt der Romröder. Dann habe sich die Polizei gemeldet, für die Ermittlungen solle dem Zwergpudel Blut abgenommen werden. „Also haben wir ihn wieder aus dem Grab gehoben“, erzählt er – „doch dann hat die Polizei wieder angerufen und gesagt, dass es doch nichts wird, dass kein Auto frei sei und sie sich melden würden.“
Bexter sei also wieder ins Grab gelegt worden. Kurze Zeit später ein erneuter Anruf der Polizei: Die Staatsanwaltschaft habe sich eingeschaltet, Bexter müsse zum Tierarzt, um Blut abgenommen zu bekommen. „Ich war schon richtig genervt am Telefon“, erinnert er sich. Wieder hätten sie den Kleinen aus dem Grab holen müssen. Erst nachdem ihm Blut abgenommen wurde, hätten sie ihn endgültig beisetzen können. „Wir hatten nicht mal Zeit, richtig zu trauern“, betont er im Bezug auf dieses Hin und Her. Kalbfleisch sagt, ihm sei in seinem Leben noch nie etwas Schlimmeres passiert, als der Tod seines geliebten Vierbeiners. Sie seien unzertrennlich gewesen – bis zu diesem tragischem Wochenende.
Es ist einfach nur traurig. Man kann nur hoffen, dass dieser miese, feige Täter geschnappt wird. So etwas erbärmliches.
@Oberhessen Live: Durch Romrod fließt die Antrift. Antreff heißt der Fluss/Bach im Volksmund erst im späteren Verlauf ab der Grenze zur Schwalm.