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Mainzer Gasse 18: Sanierungsarbeiten stehen kurz vorm AbschlussVor dem Verfall gerettet: Haus Helbig erstrahlt in neuem Glanz

ALSFELD (akr). 2017 hat der gebürtige Alsfelder Rudolf Knierim das denkmalgeschützte Fachwerkhaus in der Mainzer Gasse 18 gekauft, um es vor dem Verfall zu retten – der Beginn aufwendiger Sanierungsarbeiten, um den Charme des Fachwerks zu erhalten. Vier Jahre später erstrahlt das ehemalige Spielwarengeschäft der Familie Helbig nicht mehr nur von außen in neuem Glanz, die Arbeiten stehen kurz vor dem Abschluss. Zeit für einen Blick ins Innere.

Im August 2017 haben die aufwendigen Sanierungsarbeiten begonnen, mittlerweile stehen sie kurz vorm Abschluss. „In eineinhalb bis zwei Monaten sollte eigentlich alles fertig sein“, lächelt Rudolf Knierim, der sich dieser arbeits- und zeitaufwendigen Aufgabe angenommen hat. Einige kleinere Restarbeiten stehen noch aus. So ist beispielsweise die Solaranlage noch nicht fertig angeschlossen und auch die Wasserleitungen sind noch nicht gefüllt. Das soll sich aber bald ändern. Fest steht jedenfalls: der historische Charme des alten Fachwerkhauses ist gesichert, das Innere kaum noch wieder zu erkennen.

Mehr als eine halbe Millionen Euro kostet der Umbau, für den Knierim aber auch Förderungen bekam. „Die Menschen müssen den Schrecken vorm Denkmal verlieren“, sagt er. Für ihn kam es nicht in Frage, das Fachwerkgebäude direkt neben seinem Elternhaus dem Verfall zu überlassen – auch wenn er sich das in seinem Alter eigentlich nicht mehr antuen wollte, wie er vor etwas mehr als eineinhalb Jahren sagte, als Oberhessen-live ihm während der Arbeiten einen Besuch abstattete.

„Der Charme des Fachwerks muss erhalten bleiben“

Damals erstrahlte das Fachwerkhaus zwar von Außen in neuem Glanz, doch das Innere war davon noch lange entfernt. Es fehlte der Putz, der Trockenbau, die Fußböden und natürlich auch die Feinmontage, wie beispielsweise die Badeinrichtung. Mittlerweile ist das nicht mehr der Fall, denn schon bald sollen die entstandenen Mietwohnungen bezugsfertig sein.

Knierim hat versucht, überall wo es geht, den alten Charakter aufrechtzuerhalten – von Balken und Böden bis hin zu Fliesen, Heizkörpern und Türen. Diese sind nämlich größtenteils saniert und eben nicht ersetzt worden.

Vorher …

… nachher.

Doch ganz am Anfang der Arbeiten wurde das Gebäude zunächst entrümpelt und entkernt, um so die Grundsubstanz und Beschaffenheit von Tragwerk, Dach, Decken und Wänden erkennen zu können. Erhaltenswerte Objekt wurden geschützt, ausgebaut, beziehungsweise ausgelagert. Nach der Restaurierung ging es für diese dann wieder ins Einzeldenkmal zurück. So zum Beispiel die alten Gussheizkörper, die auf einen Holzsockel gestellt wurden, damit sie gerade stehen. Gerade Wände und gerade Fußböden, das sind nämlich Dinge von denen man sich verabschieden sollte, wenn man in einem Fachwerkhaus wohnt.

Ein Denkmal, jede Menge Arbeit

In den vier Jahr gab es jedenfalls sehr viel zu tun. So musste unter anderem der Holzaufbau des Daches über den Treppenhaus komplett erneuert werden, ebenso die Decke des ersten Obergeschosses/Terrasse. Die Dachschräge im 1. OG über den Oberlichtern des Ladengeschäftes wurde zum Witterungsschutz komplett neu hergestellt und für den Lichteinfall mit einem Dachfenster ausgestattet.

Das schadhafte Tragwerk in der Fassade – der Umfang betrug circa 60 Prozent – im Dach und der Decke des 2. und 3. Obergeschoss musste saniert, beziehungsweise ausgetauscht werden. Die historische Holztreppe einschließlich der Geländer wurde ebenfalls restauriert.

Der gebürtige Alsfelder Rudolf Knierim.

Auch die Fenster wurden nach den historischen Vorbildern wieder hergestellt – für Knierim kam es nicht in Frage, Kunststofffenster ohne Sprossen einzusetzen. „Häuser haben Gesichter und in Alsfeld sieht man leider, dass die Gesichter der Häuser vielfach zerstört wurden. Ich würde mir wünschen, dass alle Bürger, die ein solches Haus besitzen, ihren Häusern ihre Gesichter wieder zurückgeben“, erklärte er schon damals. Das war aber nur ein Bruchteil an Maßnahmen, für die Knierim und alle Beteiligten sehr viel Zeit investiert haben, um das denkmalgeschützte Gebäude aus dem 18 Jahrhundert vor dem Verfall zu retten.

Besonderheiten in historischer Kulisse

Das Einzeldenkmal hat aber auch viele weitere Besonderheiten zu bieten. Ein absoluter Hingucker ist sicherlich, neben der großen Dachterrasse, das Fenster im großen Raum des ersten Obergeschosses. Dieses ermöglicht aber nicht den Blick nach außen, sondern ins Innere – genauer: ins Innere der Lehmwand. „Der Lehm war bei Arbeiten herausgefallen“, erklärt Knierim. Die Wand wurde nicht neu verputzt, sondern eine Glasscheibe eingebaut, durch die man nun auf die geflochtenen Weiden, das Stroh und den Fassadenbalken aus Eiche blicken kann.

Ein Blick ins Innere der Lehmwand.

Eindrucksvoll ist aber auch das Lichtkonzept für das schmale Treppenhaus, insbesondere für die unteren Etagen. Über ein Dachfenster wird ein Lichteinfall ermöglicht, der durch einen Lichtschacht und historische Bodengitter in den Podesten bis in die Untergeschosse reicht. Damit auch niemand den Schacht herunterfällt, wurden zur Absicherung historische Metallgitter angebracht – die nicht nur dem Schutz dienen, sondern auch echte Hingucker sind.

Der Lichtschacht – einer der Besonderheiten im Einzeldenkmal.

In der Mainzer Gasse 18 hält aber auch Modernität Einzug, beispielsweise besticht das alte Fachwerkhaus mit modernster, solarunterstützter Heiztechnik, wie Bauherr Rudolf Knierim erklärt. Modern eingerichtet sind zum Beispiel auch die Bäder, ausgestattet mit Regendusche und LED-Beleuchtung. „Durch die LED-Beleuchtung wird die Marmorierung der Steinwand schön sichtbar“, lächelt Knierim. Das Bad im Dachgeschoss muss jedoch ohne Regendusche auskommen, dafür findet man hier aber eine maßgeschneiderte Badewanne, von der aus man über die Dächer Alsfelds blicken kann.

Das Bad mit Regendusche und LED-Beleuchtung.

Eigentlich hatte Knierim gehofft, zur Jahresmitte 2020 mit allen Arbeiten fertig zu sein. Nun, daraus wurde leider nichts, denn die Corona-Pandemie machte diesem Vorhaben einen Strich durch die Rechnung. „Der Einsatz von Handwerkern war schwierig“, erklärt der gebürtige Alsfelder. Nicht aber, weil sie nicht arbeiten wollten oder durften, sondern weil es einfach viel zu viele Aufträge gab. Jetzt dauert es aber nicht mehr lange, in eineinhalb bis zwei Monaten soll die jahrelange, aufwendige Rundum-Erneuerung des Denkmals in der Mainzer Gasse ihren Abschluss finden.

Eindrücke, wie es im Januar 2020 aussah:

Eindrücke aus September 2021:

3 Gedanken zu “Vor dem Verfall gerettet: Haus Helbig erstrahlt in neuem Glanz

  1. Ist schön geworden. Aber ohne die ausführenden Handwerker,die sich mit Hand, Herz, Verstand und viel Fachwissen eingebracht haben, wäre der Erfolg nicht möglich gewesen. Schade, hätten ein paar anerkennende Worte verdient.

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  2. Echt jetzt????
    Was ein super typ!!! Er hat ja alles Richtig gemacht!!!! Allein die gesamte Bauüberwachung! Respekt!
    Jeder Fehler wurde sofort – (der von Handwerklichen gemacht wurde) – erkannt!!!! Allein die total ausgearbeitete Fachplanung – macht SO ein Projekt erst möglich!!!!

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    1. Bei so einem Projekt kommt immer alles anders. Am besten man lässt sich inspirieren und leiten, und steht sich nicht mit zu viel Planung selbst im Weg. Das ganze sollte am besten ein organischer Prozess sein, so wie diese Wohn,- Lebensräume damals auch entstanden sind.

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