„Demokratie leben“ – Vorstellung von Projekten, Austausch, Musik und mehrBlühender Ort der Demokratie
ALSFELD/VOGELSBERG (ol). Es gehört schon zum Standard im Spätsommer in Alsfeld: das Internationale Freundschaftsfest, organisiert und durchgeführt von den Verantwortlichen des Bundesprojekts „Demokratie Leben“ in Stadt und Kreis. Norbert Kelbassa, Silvia Lucas und Maria Hoyer hatten für diesen Tag, der erstmals im Bürgergarten stattfand, zahlreiche Akteure und Mitwirkende gefunden, die dazu beitrugen, den Gästen ein buntes, abwechslungsreiches und auch äußerst leckeres Programm zu bescheren. Das Wetter tat sein Übriges zum Gelingen des Festes.
„So lange ich hier dabei bin, war das Wetter immer schön“, freute sich der Erste Kreisbeigeordnete Jens Mischak, den Silvia Lucas als Vertreter des Vogelsbergkreises begrüßen konnte. Auch über den Anlass zeigte sich Mischak erfreut: „Demokratie lebt vom Mitmachen.“ Gerade die Corona-Zeit mit ihren Einschränkungen habe gezeigt, wie wichtig es sei, Regelungen zu hinterfragen, Demokratie zu stützen, „geradeaus statt quer zu denken“.
Worauf es ankomme, sei bürgerschaftliches Engagement und das Übernehmen von Verantwortung. Bewusst werde dies auch an einem Jahrestag wie diesem: Die Anschläge des 11. September jährten sich am Tag des Freundschaftsfestes zum 20. Mal, ein „Anschlag auf Demokratie und Freiheit“ so Mischak, „der bis heute fort wirkt.“ Umso wichtiger sei es, in einem Kreis zusammenzukommen, in dem man sich für Demokratie und Freiheit einsetze.
Ganz begeistert zeigte sich Bürgermeister Stephan Paule von dem Ambiente im Bürgergarten: „Was hier entstanden ist, ist Integration, die Spaß macht“, dankte er den Ehrenamtlichen vom Freiwilligenzentrum, die diesen Naturraum für die Menschen in Alsfeld geschaffen haben und unterhalten. Ein Besuch in der Gedenkstätte Mörfelden-Walldorf, einem Konzentrationslager für Frauen, die in der NS-Zeit am dortigen Flughafen zur Zwangsarbeit eingeteilt waren, habe ihm wieder einmal eindrücklich gezeigt, wohin es führe, „wenn wir aufhören, einander zu respektieren.“
Mit Blick auf die vielen Menschen, die mit den verschiedensten kulturellen Hintergründen, politischen Ansätzen, Glaubensrichtungen und Mitmachideen im Bürgergarten zusammengekommen waren, sagte der Rathauschef: „Ich freue mich, dass es hier so bunt ist.“
Verschiedene Mitmachangebote
Wie die vielen anderen Menschen, die an diesem Nachmittag gekommen waren, mischte auch er sich unter die Menge und stattete den einzelnen Ständen seinen Besuch ab. So nutzte Paule auch die Gelegenheit, die neuesten Projekte aus den Reihen von „Demokratie leben“ kennenzulernen, die regelmäßig am Freundschaftsfest präsentiert werden. So informierte der Verein „Gelebte Inklusion“ über seine Bestrebungen, Gleichberechtigung und Teilhabe für alle Menschen zu erreichen. Gleich daneben präsentierte sich der Bereich der Jugendarbeit des Vogelsbergkreises und lud Kinder und Jugendliche zu einer Tic-Tac-Toe-Bastelaktion ein.
Mitmachen stand übrigens hoch im Kurs auf dem Freundschaftsfest: Die Soroptimistinnen aus Lauterbach stellten zum einen ihr aktuelles Friedensprojekt – die Verhüllung des Löwen-Denkmals mit bemalten Krawatten – vor und luden zum anderen dazu ein, selbst Hand anzulegen und Krawatten künstlerisch zu bearbeiten.
Das Gartenprojekt des Gemeindepädagogischen Dienstes des Evangelischen Dekanats Vogelsberg, unter dessen Dach auch die Koordinierungsstelle für das Demokratieprojekt der Stadt Alsfeld angesiedelt ist, warb mit Saatbomben zum Selbstherstellen um die grünen Daumen der kleinen und großen Gäste. Kalligraphisch und künstlerisch ging es am Nachbarstand weiter. Darüber hinaus konnte man den queeren Jugendtreff des Vogelsbergkreises kennenlernen und sich auch an Stellwänden noch weiter informieren. Und Gesang von einer kleinen Abordnung des Chores Gloria Dei erklang über den ganzen Garten.
Erinnerungen an den 11. September
Auf eine ganz besondere Ecke wiesen noch Silvia Lucas und Aegidius Kluth hin: Dem Gedenken an den 11. September 2001 war ein kleiner Raum gewidmet, der Gedanken und Erinnerungen von Menschen an diesen Tag enthielt: Jeder damals bereits Erwachsene wüsste wohl heute noch, was er am 11. September getan hat, mutmaßten die beiden Organisatoren und verwiesen auf die Angebote dazu.
Ganz still wurde es, als Nancy Heller, US-Amerikanerin mit jüdisch-deutschen Wurzeln, per Tonaufnahme ihre Eindrücke des 11. September schilderte, die sie in New York und New Jersey gesammelt hatte. Ihre Mutter Irmgard Steinberger entstammte einer alten Alsfelder Familie, die ihrerzeit ein Kleiderwerk in Alsfeld betrieb. Sie berichtete von großer Angst und Ungewissheit, als die Flieger in die Türme rasten, von Eindrücken wie aus einem Kriegsgebiet, von Familien in großer Sorge. Die Folgen von 9/11 seien heute noch spürbar, so Heller in ihrer bewegenden Ansprache. Ein Freundschaftsfest sei genau das Richtige, um Demokratie und Freiheit zu feiern.
Demokratie leben, Orte auszeichnen
Um ein weiteres Augenmerk auf Demokratie zu werfen und Menschen, die für Demokratie einstehen, in den Fokus der Öffentlichkeit zu bringen, stellte Silvia Lucas ein neues Projekt vor, für das sowohl Bürgermeister Stephan Paule, Kreisbeigeordneter Jens Mischak, Ute Kirst von den Soroptimistinnen und Buchhändlerin und Schauspielerin Johanna Mildner die Schirmherrschaft übernommen haben. Ausgezeichnet werden sollen Orte, an denen in der Region Demokratie gelebt wird. Menschen sind aufgerufen, solche Orte bekanntzugeben und ihre Bedeutung für die Demokratie in der Region zu schildern. Die Schirmherren und –frauen betonten, wie wichtig es sei, für demokratische Prinzipien und daraus resultierende Rechte und Pflichten einzustehen.
Über dem Platz, an dem an diesem Tag Demokratie gelebt wurde, dem Bürgergarten, wehte indes ein verführerischer Duft, denn auch das leibliche Wohl kam nicht zu kurz: Die Männer und Frauen des Rumi-Kulturzentrums Fulda hatten ein türkisches Büffet aufgebaut, die Frauen des Frauencafé international hatten Kaffee und Kuchen mitgebracht und die Dozentinnen der internationalen Kochkurse der Volkshochschule des Kreises boten Essen aus aller Welt zum Kosten an. Die Jugendlichen und jungen Erwachsenen des Kreisjugendparlaments bereiteten leckere, farbenfrohe Cocktails zu.
Auch außerhalb des Gartens wartete noch ein schönes Programm: die Initiative „Alsfeld spielt“ lud im und vorm Freiwilligenzentrum zum Spielen ein und der Graffiti-Künstler Flowy (Florian Schimke) verschönte mit den Kindern den Klostermauerweg.
So konnten sich alle Gäste über die Angebote des Tages freuen, über ganz viel Möglichkeit zum Austausch, über Leckereien und Inspirationen und sicher nicht zuletzt über die Schönheit des Bürgergartens, seines Zeichens ein blühender Ort der Demokratie.
Zu sehen meine Ansprache an YouTube: https://youtu.be/bGUFQcQRZz8