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Großbrand vor 70 JahrenAls die US-Armee Alsfeld vor den Flammen rettete

ALSFELD (ol). Alsfeld, vor genau 70 Jahren: Am 12. September 1951 drohten mehrere Gebäude Opfer eines großen Feuers zu werden. Die Alsfelderin Viktoria Wahl hat den Tag miterlebt – und schildert in einem Zeitzeugenbericht, wie tapfere Alsfelder zusammen mit der US-Armee die Stadt vor Schlimmeren bewahrten.

Es war der 12. September 1951, ein sehr warmer und schöner Spätsommertag, Temperatur so um die 26 Grad. Gegen 13.30 Uhr schrieen auf einmal Anwohner, so laut sie konnten, „Feuer! Beim Dirlam brennt es! Ruft die Feuerwehr!“

Irgendjemand verständigte die Polizei und diese wiederum alarmierte die Feuerwehr. Damals war Helmut Knierim Gruppenführer auf dem noch ziemlich neuen Tanklöschfahrzeug TLF15/VVK. Er sprach zu seinem Fahrermaschinisten: „Alex, da machen wir eine Wasserglocke drüber und das Ding ist aus!“ Doch der Fahrer Alex entgegnete: „Das wird nichts mit der Wasserglocke. Ladet die verfügbaren B-Schläuche auf den Tanker und wir legen lange Wegstrecke an die Schwalm. Da haben wir genügend Wasser.“ So geschah es dann auch. Alles, was für die Brandbekämpfung vor Ort gebraucht wurde, wurde abgeladen und der Tanker fuhr an die Schwalm und pumpte das Löschwasser die knapp 300 Meter zur Brandstelle.

Die anderen Löschfahrzeuge der Feuerwehr gingen in unmittelbarer Nähe des Brandortes in Stellung und nahmen die Brandbekämpfung auf. Doch nach kurzer Zeit war es Essig mit Wasser aus den Hydranten. Denn Alsfeld hatte damals noch bei der Wasserversorgung ein Verästelungssystem, nahm man an einem Hydranten Wasser weg, so sank die Fördermenge und auch der Förderdruck. Die Werkfeuerwehr der Hutfabrik Rockel rückte auch an, ebenso die Feuerwehren aus verschiedenen umliegenden Dörfern, so weit sie schon über Tragkraftspritzen verfügten. Es waren die Wehren aus Eudorf, Altenburg und Leusel.

Schuppen mit Holz und Kohle

Aber was brannte da eigentlich in der Blaupfütze? Es standen drei Scheunen im Vollbrand. Die erste, wo das Deuer seinen Anfang nahm, gehörte dem Altwarensammler Dirlam. Dort wurden Textilen und Lumpen aller Art gesammelt und in Ballen zur Weiterverarbeitung gepresst. Die zweite Scheune gehörte dem Schreiner Döring in der Hersfelder Straße und war mit Holz für die Schreinerei gefüllt und die dritte war Eigentum der Familie Schmandt und war bis unter das Dach mit gedroschenem Stroh gefüllt. Noch während der Entstehungsphase erschienen die Gesellen des Schreiners und wollten ihre damals so kostbaren Fahrräder aus der Scheune holen. Sie rissen das Scheunentor auf und die Katastrophe war perfekt.

Innerhalb weniger Minuten standen die drei Scheunen in Flammen. Die Scheune mit dem eingelagerten Stroh brannte innerhalb von fünf Minuten nieder. Dabei stürzten Teile des Giebels in den Hof der Familie Schmandt. Da war der Schrecken groß. Denn in dem Hof nur wenige Meter entfernt befanden sich die Schuppen für Holz und Kohle.

Während die Männer der Feuerwehr sich bemühten, die Flammen niederzukämpfen, kam Hektik bei den angrenzenden Bewohnern auf. Zum Glück hatte de Familie Schmandt noch eine aus dem Krieg stammende Luftschutzspritze, die man in einen Eimer Wasser oder eine Zinkwanne stellen konnte, um damit kleinere Brände zu löschen. Mit diesem Löschgerät rückten die alte Frau Schmandt und ihre Tochter den brennenden Balken auf den Pelz und löschten die Trümmer ab. Doch auch hier herrschte chronischer Wassermangel.

Helfer von damals. Foto: Archiv/Wahl

Natürlich machten sich auch die Bürgersteigkommandanten breit und versperrten die Zugänge für die Leute, die den beiden Frauen Wasser brachten. Unter anderem auch zwei junge Frauen. Als Frau Schmandt diese sah, fuhr sie die beiden an und fauchte: „ Steht nicht so im Weg herum, schleppt lieber Wasser herbei, damit unser Wohnhaus stehenbleibt!“

Was taten die beiden jungen Frauen? Sie machten kehrt, besorgten sich in der Nachbarschaft Eimer und schleppten unermüdlich Wasser herbei. Hauptsächlich bei den Bewohnern in der Blaupfütze kam große Hektik auf. Alles Wichtige, was es zu retten galt, wurde aus dem Gefahrenbereich geschafft. Kinder wurden bei Nachbarn in der Nähe in Sicherheit gebracht.

Ich weiß heute nicht mehr, wer die Feuerwehr der US-Armee in Bad Hersfeld alarmierte. Die rückte innerhalb einer halben Stunde in Alsfeld an und verlegte mit ihren beiden Löschfahrzeugen eine weitere Schlauchleitung zum Brandobjekt und griff in die Brandbekämpfung ein. Das war die Rettung gewesen.

Wind war großes Problem

Durch den starken Wind, der durch den Brand entstand, wurden glühende Strohreste, Lumpen und andere leichte Gegenstände, die noch glühten durch die Gegend gewirbelt und verursachten in dem Bereich Hersfelder Straße – Schellengasse weitere elf Entstehungsbrände, die Gott sei Dank größtenteils von den Bewohnern gelöscht werden konnten. Eine Frau stürzte in der Blaupfütze beim Verlassen der Wohnung die Treppe hinunter und musste in das Kreiskrankenhaus eingeliefert werden. Weitere Personen erlitten bei der Brandbekämpfung Brandwunden, die durch Helfer des Roten Kreuzes versorgt wurden.

Im Laufe des Nachmittags rückte auch noch die Lauterbacher Feuerwehr mit einem Löschfahrzeug an, brauchte aber nicht mehr tätig zu werden. Denn kurz nach 16 Uhr galt der Brand als gelöscht. Im Nachhinein beklagte der Chef der Feuerwehr Alsfeld, Hauptbrandmeister Thöt, den Mangel an B- und C Schläuchen. So dauerte es in der Anfangsphase einige Zeit, bis man dem Brand wirkungsvoll entgegen treten konnte.

Ein Feuerwehrmann, der ebenfalls mithalf, war Alexander Schrimpf. Er wurde zum Idol für uns Kinder damals. Wir wollten ihm nacheifern und ebenfalls zur Feuerwehr gehen. Als ich der Feuerwehr später tatsächlich beitrat, wurde Schrimpf mein Freund und Zugführer.

Einige Tage nach dem Brand bedankten sich alle Beteiligten und Geschädigten durch Danksagungsannoncen in der Oberhessischen Zeitung bei allen Helfern für die Abwendung einer größeren Katastrophe.

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