Pfarrerinnen Heidi Kuhfus-Pithan und Katrin Stückrath probieren in Altenschlirf neues Arbeitszeitmodell ausZwischen Gemeindeleben und Fernbeziehung
ALTENSCHLIRF (ol). Dass der oder die Pfarrer*in im Pfarrhaus innerhalb der Gemeinde wohnt, ist nichts Ungewöhnliches. Dass sich zwei Pfarrpersonen eine Pfarrstelle teilen, auch nicht. Doch dass sich zwei Pfarrpersonen mit ihrem Dienst wochenweise abwechseln und eine der beiden in dieser Zeit „nach Hause ins Ruhrgebiet“ fährt, das ist ein ganz neues Modell – und zwar das von Pfarrerin Heidi Kuhfus-Pithan und ihrer neuen Kollegin Dr. Katrin Stückrath im Kirchenspiel Altenschlirf-Ilbeshausen-Schlechtenwegen.
Vielleicht ist dem einen oder anderen Vogelsberger in den letzten Wochen die Pfarrerin mit dem blauen Helm auf dem Fahrrad aufgefallen, die innerhalb des Kirchspiels zwischen Altenschlirf, Ilbeshausen-Hochwaldhausen, Nösberts-Weidmoos, Schlechtenwegen und Steinfurt unterwegs ist. Seit September ist Dr. Katrin Stückrath die neue Kollegin von Heidi Kuhfus-Pithan.
Die beiden sind Freundinnen seit der Studienzeit und schließlich liegt die ungewöhnliche Konstellation der Stellenaufteilung in Altenschlirf auch in dieser Freundschaft begründet: Nach einem Jahr, in dem Kuhfus-Pithan vakanzbedingt ihre 50 Prozent-Stelle auf 100 Prozent aufgestockt hatte, schlug die Pfarrerin ihrer Dortmunder Freundin vor, doch in den Vogelsberg zu wechseln – ein Experiment, denn Stückrath hat weiterhin ihren Lebensmittelpunkt im Ruhrgebiet.
Dort lebt sie mit ihrer Frau in einem Beginen-Hof, einem Wohnprojekt für Frauen. Seit September kommt Dr. Katrin Stückrath jetzt wochenweise ins Altenschlirfer Pfarrhaus, in dem auch Heidi Kuhfus-Pithan mit ihren Kindern lebt. Im unteren Stockwerk hat Stückrath einen eigenen kleinen Bereich für sich. Ihre Landeskirche, die Evangelische Kirche von Westfalen, hat die 45-Jährige für diesen Dienst in der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) für maximal zwei Jahre beurlaubt.
Flexible Gemeinde, flexibles Modell
Mit der Idee von Heidi Kuhfus-Pithan konnten sich sowohl die Kirchenvorstände als auch das Evangelische Dekanat Vogelsberg auf Anhieb anfreunden. „Unsere Gemeinde hier ist sehr flexibel, und nachdem wir gut darüber informiert haben, wie wir uns das vorstellen, waren alle einverstanden“, sagt Heidi Kuhfus-Pithan, die die drei Kirchenvorstände als „nicht festgefahren, sondern eher wohlwollend“ empfindet. „Es ist schön, dass diese Offenheit besteht, um das neue Modell jetzt ausprobieren zu können“, sagt Kuhfus-Pithan und ist sich sicher: „Dieses Modell könnte sich bestimmt auch anderswo etablieren.“
Für sie ist das neue Modell sowie ihre Freundin und Kollegin Katrin Stückrath „ein Glücksfall für die Gemeinde“, sagt Kuhfus-Pithan. „Sie hat als Großstädterin eine ganz andere Sicht auf die ländliche Region Vogelsberg sowie auf Themen wie Klima, Umwelt und Natur. Und sie gibt uns neue Impulse für die Gemeindearbeit.“
Eine Aufteilung nach Orten gibt es nicht, beide Pfarrerinnen kümmern sich um alle Gemeinden innerhalb des Kirchspiels gleichermaßen. „Wir sind beide Ansprechpartnerin für unsere Gemeinden und für uns selbst und wir vertreten uns gegenseitig“, erklärt Dr. Katrin Stückrath. Die Themenschwerpunkte der 45-Jährigen liegen dabei zum Beispiel vor allem auf der Konfirmanden- und Frühkonfirmandenarbeit und auf der Öffentlichkeitsarbeit.
jede Woche ist mit einer Reise verbunden
„Und wir freuen uns auf neue Projekte“, sagt Stückrath, die in Berlin bald noch eine Weiterbildung zur Kulturmanagerin absolvieren wird. „Ich würde gerne eine Ausstellung hier im Kirchspiel machen“, verrät sie. Auch eine kleine Band würde die leidenschaftliche Gitarren- und E-Bass-Spielerin gerne gründen. „Aber wir müssen jetzt erstmal schauen, wie sich alles einpendelt, auch zeitlich kann ich das noch nicht abschätzen“, sagt Stückrath.
Denn jede Woche ist für sie mit einer Reise verbunden. Von Tür zu Tür ist die Pfarrerin rund fünfeinhalb Stunden unterwegs – „was aber auch an den öffentlichen Verkehrsmitteln hier im Vogelsberg liegt“, sagt Stückrath, die mit dem Zug von Dortmund nach Fulda und von dort nach Lauterbach fährt, bevor sie dann den Bus oder ein Sammeltaxi nach Altenschlirf nimmt. „Zwischen den Gemeinden innerhalb unseres Kirchspiels nehme ich das Fahrrad oder leihe mir mal ein Auto. Das haben mir schon viele Leute angeboten.“
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