
Wintermärchen 2019: Mit den Brüdern Grimm und der Marktspielgruppe durch die phantastische MärchenweltDas tapfere oder mutige Schneiderlein – oder doch anders?
ALSFELD (ls). Wer zur Winterzeit ein treuer Besucher der Theaterbühne in der Alsfelder Stadthalle ist, der dürfte es bereits wissen: das Wintermärchen der Marktspielgruppe fasziniert, immer – jedes Jahr aufs Neue. In diesem Winter ist es das tapfere Schneiderlein, das Groß und Klein belustigt. Ein Blick auf die Bühne – und natürlich viele Bilder.
Wenn Johanna Mildner und Jenny Wagner etwas in die Hand nehmen dann steht eins fest: es wird komisch – und jedes Jahr wieder dürfte genau das das erklärte Ziel hinter dem Alsfelder Wintermärchen sein. Freude, strahlende Gesichter und ein humorvolles Märchen in der meist kalten und grauen Winterzeit. Aber auch der gewisse Zauber ist dabei, der einstimmt auf die phantastische Weihnachtszeit und in die fantasievolle Welt der Märchen entführt.
Seit Samstagnachmittag geht es dieses Mal mit dem tapferen Schneiderlein auf eine abenteuerliche Reise durch die Grimm’sche Märchenwelt. Moment mal, stimmt das denn überhaupt oder war es nicht viel eher mutig? Die Gebrüder Grimm sind sich jedenfalls nicht einig, ob sie die Geschichte denn so richtig gehört haben – und diskutieren das gleich hautnah auf der Bühne in der Alsfelder Stadthalle.

Ist das Schneiderlein nun männlich oder doch weiblich? Die Brüder Grimm sind sich nicht mehr ganz sicher. Ein Blick in das Atelier von Monsieur Karl. Fotos: kd
Auf ihrer Suche nach neuen Märchen hörten die sich nämlich im Alsfelder Weinhaus um und entdeckten dabei erstmals die Geschichte vom furchtlosen Schneiderlein – und das ist in dieser Version gar kein männliches Schneiderlein, sondern ein weibliches, denn „wenn es mutig ist, dann muss es ein Mädchen sein“. Zack, die Rolle wird gewechselt.
Und auch sonst sind sich Jakob und Wilhelm Grimm auf der Bühne bei so manch weiteren Szene nicht ganz einig. War es ein stinkendes Käsebrot das die Fliegen in Monsieur Karls Atelier anzog oder doch ein Brot mit Apfelmus? Nein es war Pflaumenmus und so muss die Magd trotz Rückenbeschwerden nochmal los und alle Gläser Pflaumenmus herbei holen. Waren es es überhaupt wütende Riesen oder doch eher wilde Oger? Nun, so viel sei verraten: Die ein oder andere Szene musste nochmal neu geschrieben werden – manchmal ganz zum Leid der Märchenfiguren.

Einig sind sich Jakob und Wilhelm Grimm beim Schreiben des Märchens nicht – ein Motiv, das sich durch das ganze Stück zieht.
Bsssss… und Zack! Auf einen Streich erledigt das Schneiderlein dann aber doch die sieben lästigen Fliegen, ruiniert dabei Monsieurs Karls seidenes Hochzeitskleid, das er der Lagerfeld-anmutende Modezar eigens für die Hochzeit der Prinzessin entworfen hat. Es kommt wie es kommen muss: Das Schneiderlein muss das Atelier verlassen. Gewitzt, wie sie ist, näht sich das Schneiderlein die beeindruckende Zahl allerdings noch schnell auf einen Gürtel – wohlwissend, dass die Zahl ihr Respekt einbringen wird. Denn wer sieben auf einen Streich erledigen kann, der nimmt es auch mit einem Einhorn und mit Riesen auf – oder nicht?
*****************************************************************************
Linktipp: Schon einmal ein Interview mit Märchenfiguren gesehen? Nein, wir vorher auch noch nicht. Bevor es los ging haben wir von Oberhessen-live das Schneiderlein, den König und die Brüder Grimm zum Interview geladen und dabei allerhand erfahren. Das gesamte Video gibt es hier.
*****************************************************************************
„Ich habe es noch nie gemacht, aber ich bin mir sicher, ich bin gut darin“. So viel sei jetzt schon verraten: Sie ist es, wenn am Ende auch kein gewöhnliches Happy-End wartet. Dennoch gibt es eines, eines der anderen Art. Und diese Zeile zieht sich durch das ganze Stück, kommt doch das Schneiderlein in der Grimm’schen Originalfassung und in der Wintermärchen-Fassung immer wieder in genau solche Situationen. Egal ob hungrige Fliegen, wütende Riesen, ein wildes Wildschwein oder ein angriffslustiges Einhorn: Das Schneiderlein versucht immer das Beste aus einer Situation zu machen.

Abenteuer mit dem König und seinen merkwürdigen Rittern.
Ganz wie gewohnt also zeigt sich auch das Wintermärchen in diesem Jahr in einem etwas anderen Gewand als das klassische Stück aus dem Märchenbuch. Ganz so, wie man es von Intendantin Johanna Mildner aus den letzten Jahren gewohnt ist. Moderne Elemente, außergewöhnliche, stylische Kostüme, aufwendige Bühnenbilder und neue Figuren reihen sich dabei in die zauberhafte Handlung der Originalfassung ein und schreiben so eine neue, zeitgemäße Geschichte, die Spaß macht und allerhand zum Sehen, Staunen, Lachen und Entdecken gibt. Durch viele kleine aber feine Details sind der Fantasie auch in diesem Jahr wieder einmal keine Grenzen gesetzt.
Insgesamt elf Schauspieler sind in diesem Jahr auf der Bühne zu sehen, teils in mehreren verschiedenen Rollen und in verschiedenen aufwendigen Kostümen, die wie gewohnt von den Maßschneidern der Max-Eyth-Schule unter der Leitung von Ruth Henkel hergestellt wurden. Und wo wir schon bei aufwendig sind: Auch vom detailreichen Bühnenbild von Inge Zuschlag kann sich beeindrucken lassen. Pflaumenmus-Gläser, ein Steinberg, ein Hochzeitskleid und viele weitere kleinere und größere Details runden die Szenerie auf der Bühne ab. Alles also genau so, wie man es seit sieben Jahren vom Wintermärchen eindrucksvoll gewohnt ist.
Viele Weitere Eindrücke vom Alsfelder Wintermärchen
Auch interessant:

Ein Hoch auf die Weiber: Inge/ Ruth/ Jenny/ Johanna – nicht zu toppen!