Platz für zwei Rettungswagen - Geplante Eröffnung Mitte 2020Symbolischer Start für die neue Rettungswache in Kirtorf
KIRTORF (jal). Der Anfang ist gemacht: Ein symbolischer, erster Spatenstich markierte am Freitag den Beginn für eine neue Rettungswache in Kirtorf. Bis die ersten Baumaschinen rollen, dauert es aber noch ein bisschen – und ganz einfach werden die bevorstehenden Arbeiten auch nicht.
Markus Müller, der Geschäftsführer des Rettungsdienstes Mittelhessen vom Deutschen Roten Kreuz, klingt an diesem Morgen durchweg erleichtert. „Wir wussten wirklich nicht, wohin mit uns“, sagt er in die Runde. Was Müller meint, ist die lange Suche der Verantwortlichen nach einem geeigneten Standort für die neue Rettungswache in Kirtorf. Die erste Rettungswache bekam Kirtorf im Juni 2016 – doch die ist bis heute ein Provisorium.
Wenige Schritte von dem neuen Standort entfernt liegt der Hof von Familie Korell. Unter ihrem Carport, wo früher ihr eigenes Auto oder Landmaschinen standen, steht seit drei Jahren rund um die Uhr ein Rettungswagen bereit. Die Mannschaft dafür ist in einer leerstehenden Wohung im Untergeschoss des Wohnhauses untergebracht. „Viele haben uns Angst gemacht: Ihr werdet den Pieper hören und werdet nicht schlafen können“, sagt Siglinde Korell im Gespräch mit Oberhessen-live.
„Aber wir würden es wieder tun“, fügt sie an. Mit Blaulicht und Sirene sei der Rettungswagen nur im Ausnahmefall vom Hof gefahren, wenn er wegen des Verkehrs nicht auf die Straße kam. Mit manchen Helfern hätten sie und ihr Mann manchmal gegrillt. 2700 Mal rückte der Rettungswagen vom Hof der Familie Korell in den vergangenen drei Jahren aus.
Einhaltung der Hilfsfrist um fast 20 Prozent verbessert
Rettungsdienst ist ein sehr sensibles Thema im Vogelsberg. Über Jahre hinweg war der Kreis Schlusslicht. Nirgendwo wurde zeitweise die gesetzliche Frist von zehn Minuten, in denen Helfer vor Ort sein müssen, in Hessen häufiger gerissen als im Vogelsberg. Um das zu ändern machte man sich im Landratsamt Gedanken – und beschloss unter anderem die Übergangslösung mit der zusätzlichen Rettungswache auf dem Hof von Familie Korell.
Das Bündel an Maßnahmen, das kreisweit ergriffen wurde, zeigte ganz offensichtlich Erfolg. Von einer Einhaltung der Hilfsfrist von 66,56 Prozent im Jahr 2009 gelang es sich laut Zahlen des Kreises auf 84,94 Prozent im Jahr 2018 zu verbessern. „Von daher haben wir uns richtig nach vorne geschafft“, sagte Landrat Manfred Görig beim Spatenstich in Kirtorf. Es sei wichtig, dass die rettungsdienstliche Versorgung in der Stadt genauso gesichert sei wie auf dem Land. Im Mai wurde bereits ein neuer Notarzt-Standort in Ilbeshausen eingerichtet. Dazu sollen neben Kirtorf auch in Herbstein, Nieder-Ohmen und Homberg neue Rettungswachen gebaut werden. Mit all diesen Mitteln will der Kreis es schaffen, die im Gesetz vorgeschriebenen 90 Prozent zu erreichen.
„Die Zehn-Minuten-Frist war vor der Wache in Kirtorf nicht gewährleistet“, sagte Kirtorfs Bürgermeister Andreas Fey. Er finde es bemerkenswert, wie alle verantwortlichen Stellen das Projekt vorangetrieben hätten. Die neue Wache sei ein „wesentlicher Schritt“, um eine gute Versorgung im rettungsdienstlichen Sinn zu erreichen.
Mit gemischten Gefühlen war Margot Merkel zum Spatenstichtermin gekommen. Der 79-Jährigen gehörte bis vor kurzem das Grundstück, auf dem die neue Rettungswache mit rund 277 Quadratmetern und Platz für zwei Rettungswagen stehen soll. Für das neue Gebäude musste ein altes Platz machen. Das Geschäft „Heinrich Merkel Eisen- und Haushaltswaren“, in dem Merkel gemeinsam mit ihrem Mann bis 1985 Geschenkartikel, Tapete und allerlei für den alltäglichen Gebrauch verkaufte. Die Entscheidung zu verkaufen sei ihr nicht leichtgefallen, sagt Merkel. Doch ihre beiden Kinder seien der Meinung gewesen, das Geschäft dürfe man sich nicht entgehen lassen. „Außerdem muss man seine Sachen ja regeln“, sagt die 79-Jährige mit Blick auf ihr Alter.
Matthias Acker arbeitet bei der C und P Schlüsselfertiges Bauen und damit bei der Firma, die die Wache errichten und bezugsfertig an das DRK übergeben soll. Seiner Aussage nach sollen die Arbeiten im September beginnen und durchaus nicht einfach sein. „Wir haben hier sehr schlechten Baugrund“, sagte der Diplom-Ingenieur. Aus diesem Grund müssten etwa 200 Pfähle neun Meter tief in den Boden gerammt werden, um die dafür notwendige Stabilität zu gewährleisten. Er habe gehört, die dafür nötigen Spezialmaschinen seien derzeit noch beim Bau einer Brücke für die A45 im Einsatz, sagte Markus Müller vom DRK.
Müller zufolge sind für den Bau der Wache 1,15 Millionen Euro veranschlagt. 250.000 Euro seien allein Mehrkosten, die mit dem speziellen Standort zusammenhängen würden. Denn neben dem Untergrund müssen die Helfer auch beim Brandschutz genau aufpassen. Aufgrund der Nähe zu Wohnhäusern, von denen auch noch viele Fachwerkbauwerke sind, müssen besondere Regeln eingehalten werden, die in dem Umsetzung extra kosten. Wenn alles nach Plan geht, soll die neue Wache Mitte nächsten Jahres in Betrieb gehen.
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