Dekan Dr. Jürgen Sauer in den Ruhestand verabschiedet – Propst würdigt Leistung und Haltung„Die Sehnsucht nach einer besseren Welt stillen“
VOGELSBERG/ALSFELD (ol). Es war ein strahlender Sommertag, den sich Dr. Jürgen Sauer für seine Verabschiedung ausgesucht hatte – ein Tag wie gemacht für ein Fest, für Begegnungen, für Freude. Ein Tag aber auch des Abschieds von einem Pfarrer, der als Dekan 18 Jahre lang die evangelische Kirche in Alsfeld und der Region mitgeprägt hat, und von einem Seelsorger, der für seine besonnene und ausgleichende Art geschätzt wurde – von Mitarbeitenden und Gemeindegliedern, von Kolleginnen und Kollegen, genauso wie von Vertreterinnen und Vertretern öffentlicher und kommunaler Gremien.
Genau diese Wertschätzung drückte sich in der Anwesenheit vieler Gäste aus, die am vergangenen Sonntag der Verabschiedung von Dr. Jürgen Sauer in den Ruhestand in der Alsfelder Walpurgiskirche beiwohnten. Kraftvoll und sehr feierliche begann der Gottesdienst mit einem Orgelspiel von Dekanatskantorin Dr. Diana Rieger.
Die Begrüßung sprach Sylvia Bräuning, Vorsitzende des Dekanatssynodalvorstandes (DSV): weitgereiste Gäste, Weggefährten, aktive und bereits im Ruhestand befindliche Pfarrerinnen und Pfarrer, Mitglieder des DSV und von Kirchenvorständen, Patronatsherren, Vertreter der Regionalverwaltung und des Katholischen Dekanats, Abgesandte der Diakonie Hessen und Vogelsberg sowie zahlreiche Vertreter kommunaler Gremien und kooperierender Schulen hatten den Weg nach Alsfeld gefunden, daneben natürlich die Familie des scheidenden Dekans, Freunde und Nachbarn.
„Wir wollen die Sehnsucht nach einer besseren Welt stillen“
Für Musik sorgten an diesem Tag neben der Dekanatskantorin der Evangelische Posaunenchor Alsfeld unter der Leitung von Ulrich Beyenbach und der Projektchor der Chöre des Evangelischen Kirchspiels Billertshausen und der Schlosskirche Romrod unter der Leitung von Martin Reibeling und Christina Wedekind. Letztere griffen mit dem Stück „Sommarpsalm“ das Motto des Tages auf, denn auch das Programm und die Predigt des Dekans bestimmte das Bild eines Sommertages.
Bunt und leuchtend, mit dunklen Flecken hier und da, mit Erlöschendem und Aufkeimendem: „Ein solches Bild wohnt auch in meiner Seele“, sollte Dr. Jürgen Sauer später sagen, zuvor jedoch gestalteten die stellvertretende Dekanin Luise Berroth und Stadtpfarrer Peter Remy die liturgischen Elemente, eingerahmt in ausgewählte Lieder, wie das Sommerstück „Geh aus mein Herz und suche Freud‘“ und die musikalische Einladung „Eingeladen zum Fest des Glaubens“ – ebenfalls passend zur Predigt des scheidenden Dekans, der sich zum Abschied genau das gewünscht hatte.
Auch der Predigttext des Tages – wie fast genau 34 Jahre zuvor bei der Ordination des Pfarrers – lud ein: „Wohlan, alle, die ihr durstig seid, kommt her zum Wasser! Und die ihr kein Geld habt, kommt her, kauft und esst! Kommt her und kauft ohne Geld und umsonst Wein und Milch!“ Auch er selbst habe ich sich eingeladen gefühlt, blickte Dr. Sauer zurück, und in Dankbarkeit habe er alles erleben und erfahren, tragische wie fröhliche Begegnungen und Ereignisse – Empfindungen, die sich auch in seinem Sommerbild widerspiegelten, das so vielfältig sei wie das Leben selbst.
„Ja, es gab auch schwere Tage“, so der scheidende Dekan, der jedoch – gerade nach dem Besuch auf dem Evangelischen Kirchentag vor wenigen Tagen – auf die Dinge blicken wollte, die sich zum Positiven geändert haben. In vielen Gebieten habe es spektakuläre Fortschritte gegeben, die selten in den Medien berücksichtigt würden. Nichtsdestotrotz gelte es auch, nicht die Augenvor den Herausforderungen der Zeit zu verschließen, so Dr. Sauer, mit Blick auf wachsenden Populismus und Rechtsradikalismus, den Klimawandel oder die Krise der Volkskirchen.
„Wir wollen die Sehnsucht nach einer besseren Welt stillen“, so sein Anliegen, auf Menschen – in der Ferne und in der nahen Umgebung – friedlich und offen zugehen. „Ich sehe ein großartiges Bild der Hoffnung“, fuhr der Pfarrer fort, und betonte, wie wichtig es sei, solche Bilder weiterzugeben. Zum Abschluss seiner Predigt, die so persönlich wie hoffungsvoll und zugewandt war, lud Dr. Sauer ein zum Fest des Glaubens und sprach mit dem Theologen Lothar Zenetti: „Es war mir ein Vergnügen!“
Ein Fest des Glaubens
Auf die Vita des scheidenden Dekans ging in seiner Ansprache Propst Matthias Schmidt ein. 1986 hatte Pfarrer Jürgen Sauer die Pfarrstelle III in Alsfeld übernommen. 2001 wurde er zunächst Dekan im Evangelischen Dekanat Alsfeld, 2004 dann in hauptamtlicher Funktion für die fusionierten Dekanate Alsfeld und Homberg. Ein Viertel seiner Stelle widmete der Dekan der Stadtkirchenarbeit, für die er neue Impulse setzte. Anfang des Jahres schließlich übernahm er kommissarisch die Dekanestelle im nun fusionierten Dekanat Vogelsberg. „Es gibt eine grundsätzliche Trostbedürftigkeit unter den Menschen und dafür sind wir da“, zitierte der Propst einen Ausspruch Sauers anlässlich dessen Amtseinführung im Jahr 2004.
Sauer habe diesen Anspruch mit Leben gefüllt, nicht zuletzt mit seinem Engagement für die Schaffung einer Notfallseelsorge im Vogelsberg. Er habe mit Argumenten, Gesprächen und Überzeugungen für seine Anliegen gestritten, so der Propst, der auch auf den Wandel im Dekaneamt einging, den Dr. Jürgen Sauer in den 18 Jahren seiner Tätigkeit miterlebt habe. Ein Dekan habe heute weitreichende Aufgaben in der Region, sei im Gespräch mit Gläubigen und mit kommunalen und öffentlichen Gremien und doch bleibe er ein „Prediger mit besonderen Aufgaben.“ Seinen Wunsch „das schöne und nützliche Gespräch im Dekanat zu erhalten“, habe der Dekan stets gelebt und damit ein großes, tragfähiges Netz geschaffen.
Der Entpflichtung Dr. Jürgen Sauers, der stets Pfarrer, wenn auch frei von Pflichten, bleiben wird, wie der Propst betonte, assistierten Pfarrer i.R. Friedhelm Kalbhenn, Phttps://www.oberhessen-live.de/wp-admin/post.php?post=178371&action=edit#fr. Jürgen Fuge, Dr. Insa Schmidt und Dekanin Sabine Bertram-Schäfer. Fürbitten aus der Mitarbeiterschaft überbrachten Dr. Sauers Nachfolgerin Dekanin Dr. Dorette Seibert, Ralf Müller, Peter Weigang und Elisabeth Beyenbach.
Auf mündliche Grußworte hatte der Dekan gebeten zu verzichten – die Begegnung und das Gespräch standen im Vordergrund. Hinter der Walpurgiskirche, am Schwälmer Brunnen, hatte das Evangelische Dekanat ein schattiges Plätzchen errichtet, in dem die Gäste zwanglos zusammenkommen konnten. Lediglich ein Lied der Mitarbeitenden für ihren scheidenden Chef war offiziell zu hören. Und da stimmten alle Gäste ein. So war es ein Sommertag wie bestellt, den Dr. Jürgen Sauer mit allen Weggefährten zu seinem Abschied genießen konnte. Ein Fest des Glaubens.
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