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Interview mit Alsfelds Wahlleiterin Monika KauerWie funktioniert eigentlich eine Wahl mit nur einem Kandidaten?

VOGELSBERG (ls). Wie funktioniert eigentlich eine Bürgermeisterwahl mit nur einem Kandidaten? Wie viele Stimmen braucht er und was passiert, wenn der Kandidat mehr Nein-Stimmen bekommt? All das haben wir uns vor den Bürgermeisterwahlen im Vogelsberg gefragt. Hier gibt es die Antworten.

Am 26. Mai stehen neben den Wahlen zum Europaparlament in einigen Vogelsberger Kommunen auch die Wahlen für einen neuen Bürgermeister an. Wie läuft das ganze allerdings ab, wenn es nur einen Kandidaten gibt, so wie in Alsfeld? Das haben wir die Wahlleiterin für Alsfeld, Monika Kauer, gefragt.

Frau Kauer, wie können Wähler bei der Bürgermeisterwahl mit nur einem Kandidaten abstimmen, so wie in Alsfeld?

Monika Kauer: Der Bürgermeister wird nach den Grundsätzen der Mehrheitswahl gewählt. Jeder Bürger hat nur eine Stimme. Tritt – wie in diesem Fall – nur ein Bewerber an, enthält der Stimmzettel die Ankreuzmöglichkeiten „Ja“ oder „Nein“. Eine Möglichkeit zur Enthaltung gibt es nicht.

Was genau heißt das dann für den Kandidaten? Wann wäre Bürgermeister Stephan Paule gewählt und wann nicht?

Bürgermeister Paule wäre gewählt, wenn er mehr als die Hälfte der gültigen Stimmen erhalten hat. Eine Stimme mehr reicht dabei aus.

Was genau passiert aber, wenn eine Mehrheit mit Nein stimmt?

Wird die erforderliche Mehrheit nicht erreicht, also stimmen mehr Wähler mit „Nein“ als mit „Ja“ oder besteht Stimmengleichheit, dann ist er nicht gewählt.

Wenn eine Mehrheit nicht erreicht wird, wird alles wiederholt

Das heißt der Bürgermeister würde erst einmal im Amt bleiben? 

Stephan Paule wurde in 2013 für sechs Jahre gewählt. Seine Amtszeit endet am 16. September in diesem Jahr. Wenn bei der Direktwahl die erforderliche Mehrheit nicht erreicht wird, dann müsste ich als Gemeindewahlleiterin das gesamte Prozedere mit Wahlausschreibung und allem was dazu gehört erneut durchführen. Die gesetzliche Vorbereitungszeit beträgt mindestens 90 Tage. Selbst wenn es eine Wiederholungswahl geben würde, könnte die vor Ablauf der Amtszeit des jetzigen Bürgermeisters gemacht werden.

Das bedeutet, es würde zu einer neuen Wahl kommen und neue Kandidaten könnten sich bewerben. Wie viele Unterstützer würde ein neuer Kandidat für Alsfeld benötigen?

Richtig. Wahlvorschläge können Parteien oder Wählergruppen sowie Einzelbewerberinnen und -bewerber abgeben. Für Wahlvorschläge von Einzelbewerberinnen oder Einzelbewerberbern sind Unterstützungsunterschriften erforderlich. Dabei müssen sie von zweimal so vielen Wahlberechtigten unterstützt werden, als die Stadtverordnetenversammlung Vertreter hat.

In Alsfeld sind das zweimal 37 – also insgesamt braucht man 74 Unterschriften als Unterstützung. Gibt es einen Bewerber-Vorschlag aus Fraktionen der Stadtverordnetenversammlung, dann braucht der Bewerber die Unterschriften nicht.

Wahlleiterin Monika Kauer. Foto: archiv/akr

Was passiert, wenn sich auch nach einer verlorenen Wahl wieder nur dieser Kandidat zur Wahl stellt und was ist, wenn er wieder nicht die nötige Mehrheit bekommt?

Wieviel Wahlvorschläge bis zum Ende der Bewerberfrist eingehen, lässt sich nicht vorhersagen. Es ist aber eher die Ausnahme, dass es nur einen Bewerber gibt. Wenn dem aber so wäre und dieser einzige Wahlvorschlag ordnungsgemäß eingereicht und vom Wahlausschuss zugelassen wird, findet die Wiederholungswahl wieder mit diesem einen Bewerber statt.

Für diesen sicher eher unwahrscheinlichen Fall und beim erneuten Verpassen der Mehrheit an Ja-Stimmen, wäre das Prozedere erneut zu wiederholen. Die Amtszeit des bisherigen Bürgermeisters wäre dann voraussichtlich beendet und die Amtsgeschäfte müssten bis zur Wahl und Amtseinführung eines neuen Bürgermeisters – oder einer neuen Bürgermeisterin – vom Ersten Stadtrat wahrgenommen werden.

Direktwahl des Bürgermeisters erst 1992 eingeführt

Wie lange darf sich ein Kandidat bewerben und nicht die nötige Mehrheit bekommen? Kann das ewig weiter gehen?

Eine theoretische Frage verdient eine theoretische Antwort, denn 74 erforderliche Unterstützer sind eine Hürde, die ausschließen dürfte, dass das ewig weiter gehen kann. Auch bei Wahlvorschlägen einer Partei oder Wählergruppe ist es nicht wirklich realistisch, dass sich die Vertreterversammlung nach mehreren verlorenen Wahlen immer wieder für eine solche Bewerberin oder einen solchen Bewerber entscheidet.

Als Wahlleiterin prüfe ich ausschließlich die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben – wenn eine Einzelbewerberin oder ein Einzelbewerber nach erfolglosen Versuchen aber erneut die erforderliche Zahl an Unterstützungsunterschriften erhält oder ein gültiger Wahlvorschlag einer Partei oder Wählergruppe wieder diesen Kandidaten benennt, dann sehe ich keinen Grund, warum der Wahlausschuss diesen Bewerber nicht zulassen sollte. Dann erfolgt eine erneute Wahl. Aber wie gesagt – reine Theorie.

Ist es im Vogelsberg schon einmal vorgekommen, dass ein Einzelkandidat nicht die benötigte Mehrheit an Ja-Stimmen bekam? 

Mir ist kein Fall bekannt, in dem ein Einzelkandidat im Vogelsberg nicht die erforderliche Mehrheit an Ja-Stimmen erhalten hat und auch dem Wahlamt im Kreis ist kein Fall bekannt. Die Direktwahl des Bürgermeisters wurde in Hessen auch erst im Jahr 1992 eingeführt.

2 Gedanken zu “Wie funktioniert eigentlich eine Wahl mit nur einem Kandidaten?

  1. Bürgermeister Wahl in Alsfeld, nur ein Kandidat? Das ist ja wie früher in der Ostzone.

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    1. Genau! Und die „Ostzone“ marschiert – „von den blauen Bergen kommen wir, cha, cha, cha“ – als blaue Schlumpf-Kolonne Putins und verspregter Spätaussiedlerhaufen durch die Hintertür wieder in unsere Parlamente. Und da sitzen sie nun, die aufgrund ihrer zahlreichen Parteispenden-
      Affären gerade noch mit einem blauen Auge davon Gekommenen und hoffen auf Blauäugige, denen ihr Finanzgebaren noch nicht die Augen geöffnet hat und denen nicht mal vor den PGs aus dem 4. Öster-Reich und ihrem Weg in die Einparteien-Diktatur fies ist (siehe https://www.t-online.de/nachrichten/ausland/id_85775588/oesterreich-vizekanzler-heinz-christian-strache-tritt-nach-skandal-video-zurueck-.html). Dann doch lieber nur ein Kandidat zur Auswahl, auch wenn das nicht der Regelfall sein sollte.

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