„Erinnerungen“ – Vernissage der Ausstellung mit Werken von Klaus Staudt – Bis zum 30. Juni im Kunstturm Mücke„Eine Welt großer malerischer und plastischer Subtilität“
MÜCKE (ol). Er nimmt mit seinem in mehr als fünfzig Jahren gewachsenem Œuvre eine unverwechselbare Position im Bereich der geometrischen Abstraktion ein. Seine Werke bestechen durch Klarheit, Ruhe und Konzeption. Klaus Staudt, Meister der transparenten Bildräume, Schöpfer von Reliefs, Plastiken, Zeichnungen und Graphiken, die alle Ausdruck seiner geometrisch-systematischen Kompositionsweise sind, zeigt bis Ende Juni unter dem Titel „Erinnerungen“ eine kleine Auswahl seiner Werke im Kunstturm Mücke.
In der Pressemitteilung heißt es, am vergangenen Sonntag wurde die Ausstellung im Beisein des Künstlers eröffnet. Für die künstlerischen Leiter Thomas Vinson und Volker Schönhals war diese Ausstellung eine besondere Freude, wie die beiden Laudatoren freimütig und vor einem großen Publikum in dem kleinen, aber sehr feinen Kunstraum äußerten.
Beide verbindet eine jahrzehntelange Beziehung zu Staudt, angefangen beim Studium Schönhals‘ in Offenbach, wo Staudt dessen Professor war. „Die Ausstellung ist so klar, ruhig und durchdacht“, lobte Schönhals beim Blick in den Turm, dessen strahlend weißer Innenraum, ein Kubus mit viel Glas, einen geradezu perfekten Hintergrund für Staudts geradlinige, symmetrische Kunst abgibt.
Ein Blick auf die Vita Staudts
„Wir sind sehr glücklich, diese großartigen Arbeiten hier zu zeigen“, eröffnete Thomas Vinson seine Einführung, „in einem kleinen Ort fernab der großen Städte.“ Wie er war auch das Publikum der Meinung, dass diese Ausstellung ein großer Gewinn für die Region sei; Werke, die man in der Regel in großen Häusern und Galerien sieht, zeigte ein Blick auf die Vita Staudts doch, welche Räume – künstlerisch wie geographisch – der Künstler abdeckt.
Vom Studium der der Malerei an der Akademie der Bildenden Künste in München über die Mitgliedschaft in der Vereinigung „nouvelle tendence“ bis hin zur Professur an der Hochschule für Gestaltung in Offenbach. Zahlreiche Auslandsaufenthalte, konzeptionelle Aufträge beim Aufbau verschiedener Sammlungen und Installationen im öffentlichen Raum, wie bei der Allianz-AG in Berlin oder DaimlerChrysler in Stuttgart, spannen einen weiten Bogen der Schaffenskraft des 1932 in Otterndorf/Niederelbe geborenen Künstlers, der zunächst mit einem Medizinstudium in sein berufliches Leben gestartet war.
Ob das wohl der Grund für das viele Weiß in seinem Werk sei, fragte Thomas Vinson rhetorisch, als er sich mit verschiedenen Stichworten dem Œuvre näherte. Nicht nur Weiß allein machte Vinson aus, sondern auch ein „unglaublich zartes Grau“. Die Linienführung Staudts werde in der Literatur durchgehend als klar und nachvollziehbar beschrieben, er arbeite mit Licht und Schatten, spiele mit Schrägen und halben Schrägen, was seinen Werken eine vielschichtige Dynamik verleihe.
„Die Werke können unfassbar sein, obwohl sie direkt vor einem sind – erschaffene Phänomene“, führte Vinson aus. Staudts Urmaterial ist das Plexiglas – unschwer auch in der Ausstellung im Kunstturm zu erkennen. Es ist dem Künstler weniger Haube oder Rahmen, sondern vielmehr Träger der geometrischen Objekte, teils unsichtbar, transluzid, das „Material des Immateriellen“, wie Carolin Koch es in einem Essay über den Künstler einmal auf den Punkt brachte. Doch auch andere Materialien finden sich in Staudts Schaffen, wie Vinson angab: Polystyrol, Stahl, Glas, Ziegel. Bei Staudts reichhaltigem Werk sei es nicht einfach gewesen, für den kleinen Ausstellungsraum in Mücke eine Auswahl zu treffen.
Bewusst auf farbige Werke verzichtet
Man habe dabei auf farbige Arbeiten, die es durchaus auch in Staudts Œuvre zu finden gibt, verzichtet. Zu viel Präsenz hätten diese beansprucht – man habe die weißen Stücke, die Skulpturen, Reliefs und Zeichnungen im Turm wirken lassen wollen. Eine Entscheidung, die gemeinsam mit dem Künstler getroffen wurde und die dem Raum sehr gerecht wird.
Mit einem Zitat von Jo Enzweiler schloss Vinson seine Betrachtungen: „Dir ist es gelungen, durch den Einsatz von scheinbar harten Materialien und tatsächlichen eindeutig definierbaren Methoden mit deinen Bildern eine so zarte Welt aufzubauen, eine Welt großer malerischer und plastischer Subtilität.“
Es stimme ihn glücklich, dass an dieser Stelle ein so großartiger Ort entstanden sei, äußerte sich der Künstler zum Abschluss. Er hatte einige Jahre in Bernsfeld gewohnt und hat somit auch einen biographischen Bezug zu der Region. Mit Blick auf die Machbarkeit und die Rolle von Kunst in der Gesellschaft wünschte er gerade den ehrenamtlichen Verantwortlichen des Kunstturm Mücke e.V., dass die kommunalen Gremien und der Bürgermeister ihre Arbeit schätzen und unterstützen.
Während eines ersten Rundgangs in dem an diesem ersten Maisonntag teils sonnendurchfluteten, teils dunkel verschatteten Ausstellungsraum konnten die Gäste der Vernissage sich den Objekten und Bildern nähern. Ihrer Transparenz nachspüren, das Spiel aus Spannung und Leichtigkeit in den Werken entdecken und erfassen, was Vinson zuvor mit der Unfassbarkeit dieser Symbiose aus Klarheit und Struktur, aus Licht und Material und aus scheinbarer Gewichtslosigkeit gemeint hatte.
Die Ausstellung in Mücke ist noch bis zum 30. Juni an jedem Sonntagnachmittag von 14 bis 17 Uhr geöffnet. Führungen oder individuelle Öffnungszeiten vereinbart man unter der Telefonnummer 0172 1365286. Gefördert wird die Schau von ART-regio, dem Kulturengagement der Sparkassenversicherung, und dem Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst.
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