Touristenclub "Gut zu Fuß" feiert am Sonntag, den 12. August 110 Jahre VereinsgeschichteIn 110 Jahren mehrere Tausend Kilometer zu Fuß
ALSFELD (ls). Schon von weitem hört man das rotierende Geräusch einer elektrischen Heckenschere. Etwas weiter ertönt das monotone, blecherne Röhren eines Rasenmähers. Ein Geräusch, das im Sommer zum Garten dazu gehört. Vor dem Vereinsheim wird Unkraut gejätet. Es ist warm draußen und die Sonne scheint. Um diese Jahreszeit sind die Mitglieder des Touristenclubs „Gut zu Fuß“ oft am Wanderheim am Kreisch und halten das Gelände in Schuss. Dieses Mal hatte es allerdings einen bestimmten Grund: Man bereitete sich auf das große Vereinsjubiläum vor.
Es ist 10 Uhr am Vormittag. Schon mehrere Stunden sind Vereinsmitglieder und Wolfgang Kraus, der 2. Vorsitzende des Touristenclubs, am Wanderheim zu Gange – die „Oase der Ruhe“, wie er erklärt. Besonders ruhig und entspannt sei es morgens, wenn die Temperaturen noch nicht zu hoch sind und die Bäume rund um das Wanderheim kühlenden Schatten spenden. Jetzt nehme er sich eine kurze Pause, erklärt er lächelnd, als er sich im Vereinsraum im Wanderheim auf den robusten Holzstuhl setzt. Es ist dunkel und kühl. Die rustikalen Holzwände zieren zahlreiche Bierkrüge, geprägte Metall-Teller, Bilder und Urkunden. Ein typisches Vereinsheim.
„Wir werden in diesem Jahr stolze 110 Jahre alt“, erklärt der zweite Vorsitzende Wolfgang Kraus stolz und lehnt sich zurück. Während er sich an die Anfänge des Vereins erinnert, schmunzelt er. Und dann fängt er an zu erzählen.
Eine lange, stolze Vereinsgeschichte über all die Jahre
Schon Anfang des 20. Jahrhunderts fanden sich regelmäßig sonntags immer wieder junge Männer zusammen, die gemeinsam wanderten. Daraufhin wurde am 6. Dezember 1908 der Touristenclub Gut zu Fuß gegründet, dessen Hauptziel es sein sollte, Wanderungen in der engeren Umgebung zu machen und dadurch die Heimat besser kennenzulernen. Nachdem dann aber im ersten Weltkrieg das Vereinsleben zum Erliegen kam, ging es mit einem neuen Vorstand und frischem Schwung 1922 weiter. Die Mitgliederzahl wuchs rasant auf 120 Mitglieder an und auch eine Musikgruppe gründete sich.
Dann aber kam die Machtergreifung der Nationalsozialisten und durch die Gleichschaltung drohte die Auflösung des Vereins. Der damalige Vorsitzende Heinrich Knierim wusste das aber zu verhindern und schloss den Verein an den Oberhessischen Gebirgsverein an. Doch nach dem Zusammenbruch 1945 ruhte die Wandertätigkeit. Erst ein Jahr später nahm man das Vereinsleben wieder auf. 1962 wurde die Schutzhütte – eine Art Vorgänger des heutigen Wanderheims – eingeweiht.
Danach gab es einen enormen Aufschwung: Auf der 750 Jahrfeier der Stadt Alsfeld veranstaltete der Verein ein Hessisches Wandertreffen und auch der Besuch von Wanderfreunden zum 75. Deutschen Wandertag in 1975 war ein besonderes Highlight. Neue Mitglieder kamen dazu und 1977 wurde die Schutzhütte zum Wanderheim ausgebaut. Langsam entwickelten sich Parkplatz und Spielplatz rund herum – alles in Eigenleistung, wie auch heute noch. Auch das Wanderangebot wurde über die Jahre hinweg weiter ausgebaut. Wanderte man anfangs noch rund um die Heimat, geht es heute quer durch Deutschland und sogar auf Wanderurlaube wie beispielsweise auf Mallorca, Teneriffa oder Madeira.
„Einander verstehen – miteinander leben“
An Aktivitäten im Wanderjahr mangelt es auch heute nicht, dennoch ist die Mitgliederzahl über die Jahre hinweg wieder leicht abgesunken. „Wir haben heute noch rund 140 Mitglieder, die überwiegend hier aus der Gegend kommen. Zwei Mitglieder kommen aber auch von weiter weg“, sagt Kraus stolz, erhebt sich vom Stuhl und macht sich auf dem Weg nach draußen. Doch die Nachwuchssuche für den Verein gestaltet sich schwierig, erklärt er auf dem Weg über das große Gelände. Nicht, dass junge Leute kein Interesse am Wandern haben, sie würden es nur eher alleine oder in kleinen Gruppen machen, weiß der zweite Vorsitzende. Immer wieder würden sie junge Leute auf ihren Wandertouren treffen.
Trotzdem sind Kraus und die anderen Mitglieder bemüht das Vereinsheim und auch den Verein so lange wie möglich aufrecht zu erhalten, genau wie an diesem Tag. Mindestens vier Mal im Jahr treffen sich die Mitglieder und kümmern sich in einer großen Aktion um das Gelände. Neben der Pflege des Wandernetzes unterstützt der Verein mit geführten Gästewanderungen auch die touristische Infrastruktur, engagiert sich bei städtischen Veranstaltungen und sorgt immer wieder für gesellige Tage am Kreisch – und das alles unter dem gemeinschaftlichen Motto: „Einander verstehen – miteinander leben“. Das nächste Highlight im Vereinskalender steht schon am kommenden Wochenende auf dem Plan: Das 110–jährige Jubiläum.
„Mit Kaffee, Kuchen und Spezialitäten vom Grill möchten wir alle Mitglieder und alle interessierten Alsfelder am 12. August ab 11.30 Uhr zu uns auf das Gelände vom Wanderheim am Kreisch einladen. Es soll gefeiert, gelacht und ein schöner Tag gemeinsam verbracht werden“, wünscht sich Kraus lächelnd und schweift mit dem Blick über das gepflegte und einladende Außengelände.
Dann bleibt sein Blick zwischen Kellerwald und Knüll in der Ferne hängen. „Einfach herrlich dieser Ausblick von hier oben“, sagt er und lächelt zufrieden. Und wahrlich: So ein Panorama bekommt man nicht alle Tage zu sehen. Dann nimmt Kraus die Heckenschere wieder in die Hand und macht sich an die Arbeit. Bis zum Geburtstag ist nicht mehr viel Zeit und es gibt noch einiges zu tun.
Schreibe einen Kommentar
Bitte logge Dich ein, um als registrierter Leser zu kommentieren.
Einloggen Anonym kommentieren