Referatsleiterin Nicole Hannemann gratuliert ersten nachqualifizierten Metallbauern HessensEine großartige Leistung vieler Beteiligter
ALSFELD (ol). Der Fachkräftemangel ist in aller Munde, dagegen anzugehen ist das Gebot der Stunde und eine Herausforderung für die Zukunft, der sich eine Gesellschaft nur gemeinsam stellen kann. Einen Weg, den Fachkräftemangel zu beheben, hat vor knapp zwei Jahren die Firma Krause gemeinsam mit der Vogelsberg Consult und mit ihren Mitarbeitern Roman Bosch und Dennis Holubarsch beschritten.
Im Rahmen der Hessischen Landesinitiative „Pro Abschluss“ konnten die beiden Männer, die bisher keinen Berufsabschluss hatten, ihre Ausbildung zum Metallbauer nachholen und abschließen, wie in einer Pressemeldung bekannt gegeben wird. Das Besondere daran: Sie sind die ersten beiden Absolventen in diesem Beruf in ganz Hessen, denn für dieses sehr praxisorientierte Feld erschien es zunächst schwierig, ein Qualifizierungskonzept zu stricken und vor Ort anzubieten.
Dass dies alles gelungen sei und Bosch und Holubarsch Anfang des Jahres ihre Gesellenbriefe in Händen halten konnten, sei dem Zusammenspiel verschiedenster Organisationen und Menschen zu verdanken. Nicole Hannemann, Referatsleiterin im Hessischen Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung, kurz HMWEVL, hatte dieses Engagement in der vergangenen Woche mit einem Besuch bei der Firma Krause vor Ort gewürdigt – Nicht zuletzt, weil das Land Hessen diese Qualifizierung aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds, kurz ESF, fördere und gerne andere Menschen und Unternehmen darauf aufmerksam machen würde.
Offene Ohren für neue Projekte und Ideen
Eingeladen dazu hatten Thomas Schaumberg und Matthias Steckenreuter von der Gesellschaft für Regionalentwicklung und Wirtschaftsförderung, der Vogelsberg Consult. Gemeinsam mit seiner damaligen Kollegin Andrea Ortstadt hatte Projektleiter Steckenreuter potenzielle Kandidaten für die Maßnahme gesucht. „Wir kennen die Förderprogramme und sind gut mit den Weiterbildungseinrichtungen der Region vernetzt“, führte er aus und ergänzte: „Wir sind überzeugt davon, dass genau dieses Programm ein großer Gewinn für die Mitarbeitenden und für die Unternehmen gleichzeitig ist – und damit auch ein wichtiger Baustein in der Regionalentwicklung.“
Davon überzeugen lassen hatte sich zunächst Jan Suchomel, Personaler bei Krause, der mit Bosch und Holubarsch auch gleich zwei Interessenten hatte vorweisen können. Auf offene Ohren sei dieses Vorhaben ebenfalls bei den Firmeninhabern, Günther und Stefan Krause, gestoßen. Für sie, so hatten die Gäste in einer lockeren Gesprächsrunde anlässlich des Besuchs der Referatsleiterin erfahren, sei es eine Selbstverständlichkeit, Mitarbeiter zu fördern und ihnen Entwicklungs- und Aufstiegschancen zu ermöglichen. Nicole Hannemann zeigte sich davon sehr beeindruckt, scheitere die Umsetzung des Projekts doch häufig am Desinteresse gerade der Arbeitgeber, die sich dafür entweder keine Zeit nähmen oder fürchteten, besser qualifizierte Mitarbeiter an den Wettbewerb zu verlieren.
„Das ist der Unterschied zwischen Arbeitgeber und Unternehmer“, unterstrich Günther Krause ganz klar seine Philosophie von Unternehmensführung, die sich in der mehr als hundertjährigen Firmengeschichte manifestiert habe und nach wie vor zum Erfolg führe, denn: „Man kann noch so gute Ideen haben, am Ende steht und fällt alles mit den Mitarbeitern.“
Vereinbarkeit von Schule, Schichtarbeit und Familie
Neben Vertretern des Unternehmens und den beiden erfolgreichen Absolventen seien auch die beteiligten Bildungseinrichtungen zu diesem Termin erschienen: Tatjana Stiller vertrat die Volkshochschule des Vogelsbergkreises, die auf Initiative von Vogelsberg Consult ein Qualifizierungskonzept zunächst gestrickt und dann mit Hilfe der Vogelsbergschule, kurz VBS, realisiert hatte. Kein leichtes Unterfangen, hatte dies doch an viele Gegebenheiten angepasst werden müssen, wie Holger Arnold und Julian Bredel von der VBS berichteten. Zum einen sei es für die Teilnehmer wichtig, dass sie weiterhin arbeiten konnten: Beide seien junge Familienväter, die auf ihr Einkommen oder Teile davon nicht verzichten konnten.
Dann hatte die Unterrichtszeit zum Schichtdienst passen und auch noch mit dem Familienleben vereinbar sein müssen. Die 370 Unterrichtsstunden in anderthalb Jahren hatten meist am Samstag oder an einem Nachmittag in der Woche stattgefunden. Hierfür seien Bosch und Holubarsch vom Unternehmen freigestellt worden. Die Firma Krause habe außerdem den Eigenanteil der Qualifizierungskosten übernommen, was noch einmal unterstreiche, welche Bedeutung die Unternehmensleitung diesem Projekt beimesse.
„Und als unser Konzept dann stand, stellten wir als erstes fest, dass es für unsere Klienten überhaupt nicht passte“, erzählte Bredel weiter. Die beiden hatten schon viel zu tief in der Praxis gesteckt. Der Theorieteil hatten angepasst und die Basics, die die beiden Männer eigentlich übersprungen hatten, vertieft werden müssen. Und auch das Lernen selbst sei mit um die Dreißig anders als mit 18 oder 19 im Verbund einer Berufsschulklasse. Neuland sei dieses Projekt also auch für die VHS und die VBS gewesen, die sich mit einem großartigen Engagement dort hineinstürzten. Was für andere Bildungsträger ein Problem gewesen wäre, die geringe Anzahl an Teilnehmern nämlich, machten alle Beteiligten hier als deutlichen Pluspunkt aus. Nur so sei es sehr gut möglich gewesen, den individuellen Anforderungen der beiden Absolventen gerecht zu werden, lautete die einhellige Meinung.
Ein Projekt mit einer Win-Win-Situation
Genau das sah die Referatsleiterin in ihrer Ansprache als großes Pfund des ländlichen Raums: die gute Vernetzung und das vertrauensvolle Zusammenspiel verschiedener Organisationen für ein gemeinsames Ziel, meist auf kurzen Wegen. „Ein solches Projekt hätte man im Frankfurter Raum sicher nicht realisieren können“, zeigte Hannemann sich überzeugt. Gleichzeitig bedauerte sie, dass das Projekt nicht mehr Interessenten anspreche. Auch Alf Kindinger vom Verein Weiterbildung Hessen e.V., der im Auftrag des Landes für die Vergabe der Bildungsschecks zuständig ist, warb inständig dafür, dieses gute, erfolgversprechende Projekt bei den Unternehmern und bei den Mitarbeitern und Kollegen weiter bekannt zu machen.
„Die Qualifizierung ist eine Win-Win-Situation durch und durch: Unternehmen haben bessere Mitarbeiter, die sich obendrein dem Unternehmen mehr verbunden fühlen. Außerdem haben sie Chancen auf eine bessere Position und somit auch auf ein besseres Einkommen“, lautete der Tenor der Anwesenden. Letzteres hatten die beiden Absolventen Holubarsch und Bosch nur bestätigen können. Sie hatten sich sichtbar wohlgefühlt mit ihrer Qualifikation und dem Gefühl, diese Herausforderung gemeistert zu haben. Gleichwohl hatten sie zu bedenken gegeben, dass man das in ihrer Situation nur mit der Unterstützung der Familie und auch des Arbeitgebers leisten könne und natürlich auch, weil es für sie keinerlei finanzielle Einbußen gegeben habe.
Und genau das stecke hinter der Idee dieser Qualifizierung, wie Bildungscoach Matthias Steckenreuter noch einmal deutlich betont habe. Gemeinsam mit seiner Kollegin Katharina Barth sei er nun auf der Suche nach neuen Interessenten und hoffe, dass viele Unternehmen dem guten Beispiel von Krause folgen und viele Menschen ohne Berufsabschluss – nach Angaben der Referentin aus dem Ministerium 320.000 in Hessen – sich von der Motivation von Bosch und Holubarsch anstecken ließen. „Wir würden gerne ein Prozent dieser Menschen im Jahr gewinnen“, sagte Hannemann. Klassiker der Nachqualifizierung seien Berufe in der Logistik und im kaufmännischen Bereich. Das Engagement rund um die Metallbau-Qualifikation zeige aber: Alles ist möglich. Und davon sollten möglichst viele Menschen profitieren.
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