KOMMENTAR zur Entscheidung, der Stadt ein neues Image zu gebenAlsfeld als Märchenstadt? Eine tolle Idee!
MEINUNG|ALSFELD. Die Stadt Alsfeld will ihr Profil als Touristenort schärfen und durch und durch zu einer Märchenstadt werden. Dafür kann man die Verantwortlichen nur beglückwünschen. Denn sie versuchen das Beste zu vermarkten, was Alsfeld zu bieten hat: seine märchenhafte Gemütlichkeit. Doch das birgt auch eine kleine Gefahr. Ein Kommentar von Juri Auel.
Vielleicht ist es die große Unübersichtlichkeit, von der gerade so oft die Rede ist, die uns Deutsche wieder dazu bringt, einen lange Zeit angestaubten und argwöhnisch betrachteten Begriff neu zu denken: Heimat. Gefühlt in jeder zweiten Talkshow und Straßenumfrage geht es darum, was für uns Heimat bedeutet. Selbst linke Gruppen und Parteien kommen nicht mehr umher, das Wort von seinem konservativ-rechten Image zu befreien.
Wenn mich jemand fragt, was für mich Heimat bedeutet, habe ich ziemlich schnell eine Antwort parat: Der Alsfelder Marktplatz, am besten kurz nach der Dämmerung. Wenn ich an einem lauen Sommerabend durch die in warmes Licht getauchten Gässchen der Alsfelder Altstadt schlendere, dann fühle ich mich wie nirgends anders zu hause. Und das obwohl ich nie in Alsfeld gewohnt habe. Ich bin dort aber zur Schule gegangen und habe mich dabei relativ früh in dieses wunderschöne Fachwerkidyll verliebt.
Alsfeld hat weder Schwerindustrie noch eine eigene Hochschule. Die Stadt ist auch nicht Austragungsort einer Kunstausstellung wie der documenta. Alsfelds Kapital ist seine märchenhafte Gemütlichkeit. Daher kommen schon jetzt regelmäßig Touristen in die Stadt. Fachwerk und erlebbare Geschichte passen zum Thema Märchen, die Brüder Grimm stammen aus unserer Region. Deswegen macht Alsfeld bereits jetzt bei Vermarktungskampagnen wie der Deutschen Märchenstraße mit.
Blick von oben auf das märchenhafte Alsfeld. Foto: Archiv/aep
Die Entscheidung der Verantwortlichen, Alsfeld komplett auf das Image einer Märchenstadt zu drehen, ist dennoch richtig. Ganz oder gar nicht, könnte man sagen. Mit dem Vorhaben sind den Plänen nach nicht nur Werbeideen, sondern auch konkrete Vorhaben verbunden, Alsfeld für Touristen und Einheimische gleichermaßen noch attraktiver zu machen. Der Marktplatz soll umgestaltet, neue Parkplätze angelegt, baufällige Häuser sollen saniert werden. Das kann man nur gut finden.
Wichtig ist dabei jedoch, nicht das Maß zu verlieren. Es wäre schade, wenn Alsfeld auf seinem Weg zu einer Märchenstadt plötzlich zu einem kitschigen, monothematischen Disneyland mutieren und seinen jetzigen Charme verlieren würde.
Märchen ja, aber bitte nicht altbacken
Es muss gelingen, Altes und Neues in einer guten Mischung zusammenzubringen. Märchen altbacken inszeniert wirken eher abschreckend. Das Programm des neuen Kräutermarkts geht in die richtige Richtung. Streichelzoo, Märchenabend und ein Märchen-Erlebniszelt. Das macht Lust auf mehr.
Damit das Vorhaben klappt, muss es aber die gesamte Stadt verinnerlichen und dahinter stehen. Also wirklich die gesamte Stadt. Von allen Gremien über die Mitarbeiter bis hin zu allen Bürgern und Unternehmen. Nur so wird Alsfelds Plan nicht zu einer Bruchlandung, sondern zu einer tollen Geschichte mit Happy End. Ganz wie im Märchen eben.
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Hmm… Grübel, grübel… Da gab es doch mal das Mega-Projekt „Alsfeld – Shopping Mall unter freiem Himmel (https://www.oberhessen-live.de/2016/03/23/alsfeld-die-shopping-mall-unter-freiem-himmel/). Was ist eigentlich daraus geworden? Lief das so schlecht, dass jetzt mit Stelzenläufern und Seifenblasen Shows an das analoge Zeitalter erinnert werden muss. Was kommt nach Märchenstadt Alsfeld, also in spätestens zwei Jahren? Mittelalter-Spektakel-Markt? Kelten-Event? Alsfeld im Alten Rom?
Sorry, der Link zur Wirtschaftsförderung unter den Bedingungen von Wirtschaft 4.0 war http://web.dialego.de/blog/2017/06/21/innenstaedte-der-zukunft-belebt-durch-digitalisierung/!
Toll, toll, toll! Welche wahnsinnige Resonanz dieser Märchenwahnsinn bei der Alsfelder Bevölkerung auslöst, hat man ja schon unter https://www.oberhessen-live.de/2018/05/25/alsfeld-auf-dem-weg-zur-maerchenstadt/ gesehen. Und jetzt hier: Ein einziger Kommentar zum Superkommentar. Das macht auch nur zwei und zeigt, dass die Wirtschaftsförderer mal wieder den zentralen Nerv der Alsfelder Bevölkerung getroffen haben. Siehe Umfrage: „Außerdem vermissen die Alsfelder Parkplätze, Möglichkeiten zum Einkaufen für Jüngere und einen Marktplatz, der etwas mehr zum Verweilen einlädt.“ Steht da ein Wort von den Gebrüdern Grimm? Nein, die Menschen wollen ein modernes Mittelzentrum im historischen Gewand. Europäische Fachwerk-Modellstadt war gut und richtig. Jetzt muss noch ein brauchbares Konzept zur Innenstadtbelebung unter den Bedingungen von Wirtschaft 4.0 dazukommen und kein angestaubter Märchenpark. Siehe http://web.dialego.de/blog/2017/06/21/innenstaedte-der-zukunft-belebt-durch-digitalisierung/Zu den vorgeschlagenen. Woran es im Moment am meisten fehlt, ist ganz offensichtlich kompetente Beratung. Gute Leute kann sich Alsfeld offensichtlich nicht leisten. Daher mein Vorschlag zur Ergänzung von „Märchenaufführungen, Märchenfiguren zum Anfassen, märchenhafte[n] Stelzenläufer[n], [ein] Märchenzelt, [ein] Hexenrundgang, Mitmachaktionen für Kinder, eine[r] Seifenblasen-Show und ein[em] Lama-Streichelzoo“, der das Thema Wirtschaftsförderung gerade für die Alsfelder mittleren Alters erlebbar machen könnte: Eine Tortenwurf-Bude à la „Alles nichts, oder?“ (https://www.youtube.com/watch?v=U3GuOUjBJX4). Durch die Löcher in der Wand schauen die Herren Wirtschaftsförderer und ihre Unterstützer aus dem Stadtparlament. Und jeder, der eine eine Torte hat, darf sein Glück versuchen. Munition gibt’s preiswert in den umliegenden Bäckereien. Ist doch auch Wirtschaftsförderung, oder?
Super Kommentar, dem ist nichts hinzuzufügen! Ich hoffe, Alsfeld macht etwas mehr aus diesem Potenzial. Und die Spezialisierung auf ein Thema ist goldrichtig, denn von allem etwas ist eben doch von nichts genug.
@ Juri: Wo hast du denn gewohnt? Oder wo wohnst du heute? (Keine Angst, ohne Straße und Hausnummer reicht ?)