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Einbürgerung - Nihal Demir ist die fünfte Deutsche in der FamilieLeichter Reisen und zur Wahl gehen können

VOGELSBERG (ol). Nihal Demir wohnt in Lauterbach, wird demnächst 21 Jahre alt, ist Stipendiatin in Frankfurt und studiert dort Wirtschaftsrecht. Seit knapp zwei Wochen ist sie Deutsche. Sie war kürzlich zur Einbürgerungsfeier nach Wiesbaden geladen, um im Ministerium für Soziales und Integration die Einbürgerungsurkunde zu empfangen.

Von Zeit zu Zeit lade das Ministerium Einbürgerungswillige ein, um in feierlichem Rahmen diese Urkunden zu überreichen. Für Nihal sei es etwas Besonderes gewesen, worüber sie sich laut Pressemitteilung freue, zugleich aber auch irgendwie eine Selbstverständlichkeit: „Ich bin hier geboren und aufgewachsen, fühle mich wie eine Deutsche und irgendwann wollte ich dann auch den deutschen Pass haben.“ Sie sei schon die Fünfte in ihrer Familie, die eingebürgert wurde – vier ihrer Geschwister besitzen schon die deutsche Staatsbürgerschaft. Den Pass habe sie jetzt beantragt und werde ihn schon bald in den Händen halten können.

Etwa 80 bis 100 Menschen werden im Vogelsbergkreis jedes Jahr eingebürgert, in Zeiten des Brexit seien es immer häufiger Briten, berichtet Katja Büttner vom Amt für Aufsichts- und Ordnungsangelegenheiten. Die Fachfrau wisse, dass viele Menschen gerne einen deutschen Pass haben möchten. Sie wisse aber auch, welche Hürden es gebe und welche Voraussetzungen erfüllt sein müssten, damit das funktioniere.

Mehrere Faktoren für eine Einbürgerung

Sie habe nicht nur Nihal sondern auch ihre älteren Geschwister auf dem Weg zur Einbürgerung begleitet. Erst vor wenigen Wochen habe sie Serap und Akide Demir deren Urkunden überreicht. „Neben der Aufenthaltsdauer spielen Faktoren wie Schulabschluss, Sprachkenntnisse und Aufenthaltsstatus eine Rolle“, zählt sie auf. Bei Nihal und ihren älteren Schwestern habe es da keine Probleme gegeben: Alle sollen sehr gute Schulabschlüsse haben, Deutschkenntnisse sowieso, drei würden studieren und eine arbeite in der Altenpflege. Lediglich die Mutter könne wegen fehlender Sprachkenntnisse nicht eingebürgert werden. Für die Einbürgerung würden zudem acht Jahre Aufenthalt in Deutschland und ein unbefristetes beziehungsweise ein auf Dauer ausgelegtes Aufenthaltsrecht verlangt werden.

Nihal Demir (Mitte) im Gespräch mit Katja Büttner, die sie auf dem Weg zur Einbürgerung begleitet hat. Mit dabei Mutter Semse, die selbst nicht eingebürgert werden kann aber ihre Kinder nach Kräften unterstützt. Foto: Gaby Richter, Pressestelle Vogelsbergkreis.

Nihal sei etwa 16 Jahre alt gewesen und habe kurz vor dem Realschulabschluss gestanden, als sie sich zum ersten Mal Gedanken über eine Einbürgerung machte. „Das war, als ich für die Klassenfahrt nach London ein Visum brauchte und gefühlte Ewigkeiten mit Papieren zu tun hatte, während meine Klassenkameradinnen mit ihrem Pass einfach so einreisen durften“, erinnert sie sich. Ein Freund habe ihr damals zum deutschen Pass geraten. Sie habe sich das durch den Kopf gehen lassen und war zu dem Schluss gekommen, dass es mehr Vor- als Nachteile mit sich bringe würde. Im April 2015 seien alle Voraussetzungen für die Einbürgerung erfüllt gewesen.

Endlich kann sie wählen gehen

„Ich bin schon ein bisschen stolz auf uns“, sagt Nihal und ergänzt „vor allem auf unsere Mama, sie ist eine echt starke Frau!“ Die Einbürgerung ihrer Kinder finde sie vollkommen richtig. Sie selbst habe keine Chance auf Bildung gehabt und habe keine Schule besuchen können. Trotzdem – oder gerade deshalb – habe sie ihre Kinder immer angespornt zum Lernen. Sie sollten stark werden und von niemandem abhängig sein, übersetzt Nihal. „Und mir ist wichtig, dass ich wählen gehen kann“, zählt Nihal ihre persönlichen Vorteile auf. Sie sei hier aufgewachsen und es gehe um ihre Zukunft hier. Außerdem gefalle ihr, dass sie jetzt dazuzählen könne, wenn es um Recht gehe, die für deutsche Bürger gelten.

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