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Interview mit Hombergs Bürgermeisterin über die Freigabe der A49Ried: Schlagen nun „das Kapitel über das Leben mit der Autobahn auf“

HOMBERG (OHM) (jal). Das letzte Teilstück der A49 ist seit einigen Tagen für den Verkehr freigegeben. Der Ausbau der Autobahn hat die Region tief gespalten und bewegt, aber keine Stadt war davon so betroffen wie Homberg (Ohm). Wie geht es den Menschen dort nun – und wie blickt man im Rathaus in die Zukunft? OL hat bei Bürgermeisterin Simke Ried nachgefragt.

Oberhessen-live: Frau Ried, sind Sie selbst das letzte Teilstück der A49 nun schonmal abgefahren – und war der Start besonders ein in der Stadt?  

Simke Ried: Natürlich markieren der Tag der Verkehrsfreigabe und unsere ersten Fahrten auf dem Teilstück für Homberg – für Verwaltung und Bevölkerung – ein neues Kapitel: Nach der teils sehr aufreibenden Bauphase schlagen wir nun das Kapitel über das Leben mit der Autobahn auf. Über das erste Befahren der neuen A49 haben sich viele Menschen daher sehr rege ausgetauscht.

Wie war die Stimmung in Homberg in den letzten Monaten und nun, da die Autobahn freigegeben wurde? Sind die alten Gräben in der Bevölkerung mittlerweile ein bisschen zugeschüttet – oder hat sich an der Zerrissenheit nie etwas geändert? 

Die Stimmung vor der Freigabe würde ich als ruhig und abwartend charakterisieren: Es gab und gibt gemischte Gefühle. Einerseits waren und sind da Hoffnungen und Chancen, gerade im Bereich der wirtschaftlichen Entwicklung, der verkehrlichen Anbindung Hombergs als Lebensort, Arbeitsplatz und touristisch attraktiver Wanderstandort. Andererseits bewegen uns Sorgen zur Entwicklung der Verkehrsströme und einige offene Fragen, die allerdings auch teils ortsteilspezifisch sind.

Es ist ganz entscheidend für Homberg, einen sensiblen Umgang mit der Vergangenheit zu pflegen und nach vorne zu schauen, um für die Zukunft gemeinschaftlich ins tatkräftige Handeln zu kommen. Homberg ist an diesem Punkt und geht bereits eine gemeinschaftliche und aktive Gestaltung der Zukunft mit der Autobahn an.

Gibt es irgendwelche Entwicklungsprojekte, die sie für die Stadt jetzt, da die Autobahn fertig ist, konkret anschieben werden oder bei denen extra auf den Start der Autobahn gewartet wurde?  

Tatsächlich ist nun die Zeit, in der wir als Homberg sehr viel stärker als bisher selbst ins Handeln kommen: Wir können und müssen nun die Autorenschaft selbst übernehmen und unsere Geschichte der A49 selber schreiben.

Das bedeutet: Wir müssen bestmöglich beobachten, intelligent zu planen und in unserem Sinne lenken. Wir verbinden Mobilitätskonzepte aus unseren Förderprogrammen und die Gestaltung von Ortsdurchfahrten mit der sich neu einstellenden Verkehrssituation.
Wir denken an einen Ausbau erneuerbarer Energien entlang der Autobahn, zusammen mit der Entwicklung eines möglichst energieeffizienten Gewerbegebietes. Und wir denken an genau diesen Ausbau Erneuerbarer Energien mit Beteiligungsmöglichkeiten und Wertschöpfung für unsere Bürgerinnen und Bürger über die Gründung der „Energie Homberg (Ohm)“ mit der Energiegenossenschaft Vogelsberg.

Fotos der neuen Autobahn

Gibt es schon Dinge, die diesbezüglich laufen?

Ein Beleg dafür, dass sich die Menschen in den Orten auch gesellschaftlich schon längst aufgemacht haben, ist ein laufendes Projekt in Dannenrod: Die Stadtverwaltung hat eine Kooperation mit der Hochschule Darmstadt vermittelt, die der Ortsbeirat sehr aktiv aufgegriffen hat und nun mit unseren Kooperationspartnern gestaltet. Beginnend mit einer sensiblen Aufarbeitung der Vergangenheit und allem, was spaltend wirkte, werden gemeinschaftsstiftende Themen und Projekte in den Mittelpunkt gestellt. Dannenrod ist ja viel mehr als das Kapitel A49. Wir schöpfen aus diesem Vielen, was Dannenrod und Dannenröder Identität ausmacht und machen stark, was die Dorfbewohnerinnen und -bewohner verbindet.

Gibt es ganz subjektiv betrachtet schon irgendwelche Veränderungen in Sachen Be- oder Entlastung des Verkehrs in Homberg und Umgebung zu beobachten?  

Nach vielen Prognosen und Erwartungen gilt es nun die tatsächlichen Veränderungen festzustellen und gegebenenfalls darauf zu reagieren. An der Achse Nieder-Ofleiden – Ober-Ofleiden – Homberg – Büßfeld wird bereits ein merklicher Rückgang des LKW-Verkehrs wahrgenommen. Die tatsächlichen Zahlen werden nun gemessen und ins Verhältnis zur Zeit vor der Autobahneröffnung gesetzt. In etwa zwei Wochen werden die Arbeiten am nördlichen Kreisverkehr der Anschlussstelle Homberg (Ohm) – Nord beendet sein, dann endet die Umleitung für den LKW-Verkehr über Ober-Ofleiden und Nieder-Ofleiden und die Zahl der Schwerverkehrsbewegungen dürfte dort weiter sinken. Dann wird sich dort ein klareres Bild ergeben.

Neben Entlastungen gibt es aber auch neue Belastungen durch Verkehr an anderen Stellen und Verkehrslärm von der neuen Autobahn. Hier wird nun ebenfalls zu messen und zu dokumentieren sein, um festzustellen, ob die prognostizierten Lärmschutzwerte eingehalten werden. Sollte dies nicht der Fall sein, werden Maßnahmen zur Einhaltung der Werte eingefordert.

Um letztlich zielgenau reagieren zu können, müssen sich die Verkehrsströme in diesem Jahr einpendeln. Mit entsprechenden Messdaten in der Hand können und werden wir dann mögliche Fehlentwicklungen aufzeigen und passende Gegenmaßnahmen mit Nachdruck verfolgen.

3 Gedanken zu “Ried: Schlagen nun „das Kapitel über das Leben mit der Autobahn auf“

  1. Wenn die Stadt Homberg schon einen Autobahnanschluss bekommen hat, sollte sie auch davon profitieren im positiven Sinn.
    Man wünscht sich doch als normal denkender Mensch die Entstehung von gut bezahlten Jobs in Unternehmen die sich gerne in einem hervorragenden Gewerbegebiet ansiedeln. Nur durch die Entstehung von Arbeitsplätzen wird die Region positiv davon profitieren.
    Leider wurde hier viel zu lange geschlafen und man steht in Konkurrenz zu anderen Gewerbegebieten in der nähe wo schlaue Köpfe die Sache sicher in der Hand haben.
    In den nächste 5 Jahren wird es vielleicht eine Photovoltaik Anlage geben das war’s dann auch wahrscheinlich. Die Chance dass sich hier mehr bewegt ist sehr gering. Was unter die Kategorie „Energie Effiziente Unternehmen“ fällt sollte man doch mal genauer beschreiben. Vielleicht ein Schäfer dessen Tiere das Gras abweiden oder doch ein Handwerksbetrieb mit Angestellten?

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  2. Die Fehlentwicklungen wurden während der Planungs- und Bauphase ganz deutlich durch die stark betroffenen Ortdteile Appenrod und Maulbch benannt und bemängelt. Tonnen von Erdaushub wurden in umliegende Endlager transportiert, obwohl diese für Lärmschutzwälle sehr gut benötigt wurden und werfen. Eine Zustandsaufnahme der Straßen und Feldwege wurde nie gemacht. Wer versetzt jetzt die kommunalen Wege wieder in den Zustand vor dem Bau der A49? Bleiben die Kosten wieder mal bei der Kommune und somit bei den Hombergern Bürger hängen? Naja, vielleicht werden ja unsere Parlamentarier wach wenn die nächste Autobahn gebaut wird. Die Hoffnung stirbt zuletzt!

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