Dr. Mostafa Beizai erläutert, warum Rückenschmerzen so häufig sind und wie man ihnen vorbeugen kannNur eine falsche Bewegung…
ALSFELD (ol). Dr. Mostafa Beizai, Wirbelsäulenspezialist am Kreiskrankenhaus des Vogelsbergkreises, erklärt, dass die menschliche Wirbelsäule trotz ihrer Komplexität nicht optimal für den aufrechten Gang konstruiert ist, was häufig zu Rückenschmerzen führen kann. Während die meisten Beschwerden konservativ behandelt werden können, ist bei schweren Symptomen wie Taubheitsgefühlen schnelles Handeln gefragt. Der Mediziner rät zu einem dynamischen Lebensstil und häufiger Bewegung als Prävention.
Eine falsche Bewegung, einmal nach der Getränkekiste gebückt oder seit Wochen starke Schmerzen im Sitzen: Ob akut oder chronisch, Rückenschmerzen kennen fast alle Menschen. Und das hat anatomische Gründe, wie Dr. Mostafa Beizai, Sektionsleiter der Wirbelsäulenchirurgie am Kreiskrankenhaus des Vogelsbergkreises in Alsfeld, gleich zum Einstieg in seinen Vortrag in der Cafeteria des Hauses betont, wie es in einer Pressemitteilung der Kreisverwaltung heißt. Denn die Wirbelsäule ist eigentlich nicht für den aufrechten Gang gemacht. „Sie ist ein komplexes Gebilde, dessen einzelne Bestandteile zusammenspielen, um so zu stützen, uns ganz viel Bewegungsspielraum zu ermöglichen, und das Rückenmark zu schützen“, sagt Dr. Beizai.
Allerdings muss dafür eine Vielzahl verschiedener Bänder, Knochen, Muskeln und Bandscheiben harmonisch zusammenspielen, die eigentlich nicht für den aufrechten Gang ausgelegt sind. „Auch aus diesem Grund haben fast alle Menschen irgendwann mehr oder weniger starke Schmerzen im Rücken“, sagt Dr. Beizai. Und langes und häufiges Sitzen kann zusätzlich zu Problemen führen. Denn ist das feine Zusammenspiel durch Blockaden, Verschleiß, Stress, Missbildungen, entzündlichen Erkrankungen oder andere Faktoren gestört, kann es schmerzhaft werden. „Dabei werden akute und chronische Schmerzen unterschieden. Das Spektrum reicht etwa von plötzlich auftretenden Schmerzen – dem Hexenschuss oder Lumbago – bis hin zu Schmerzen, die diffus und fortschreitend die Bewegung und den Alltag einschränken“, sagt Dr. Beizai. Gründe dafür können etwa Verspannungen, aber auch Blockaden, Bandscheibenvorfälle oder Frakturen sein. „Auch können etwa ins Bein ausstrahlende Schmerzen auftreten, wenn etwa Nervenbahnen gereizt oder eingeengt sind. Dann sprechen wir beispielsweise von einer Verengung des Rückenmarkkanals, auch als Spinalkanalstenose bekannt“, erklärt der Experte. Spinalkanalstenosen können heute mikrochirurgisch geweitet werden, der Rückenmarkskanal wird dann minimalinvasiv geweitet.
In den meisten Fällen können die Ursachen für Rückenschmerzen jedoch konservativ behandelt werden. „Das Mittel der Wahl sind immer zuerst Physiotherapie, Schmerzmedikation und ein individuell abgestimmt aktiver Lebenswandel“, weiß der Experte. Rund 80 bis 90 Prozent der Beschwerden könnten so effektiv gelindert werden.
Akuter Handlungsbedarf besteht allerdings bei Empfindungsstörungen in den Beinen, Taubheitsgefühlen, Kribbeln und Stuhl- und Harninkontinenz. „Dann liegt ein sogenanntes Caudasyndrom vor. Beispielsweise durch einen Bandscheibenvorfall sind dann Teile des Rückenmarks so eingeklemmt, dass es dauerhaft geschädigt werden kann. Jede Stunde zählt – am besten ist eine sofortige Versorgung im Krankenhaus“, mahnt der Wirbelsäulenspezialist.
Gleichwohl kann viel getan werden, um Beschwerden im Rücken vorzubeugen, merkt der Mediziner an. Viel Bewegung, ein gesunder Lebensstil und Mobilisation helfen der Wirbelsäule. „Gerade wer lange sitzt, sollte immer wieder aufstehen und auf eine dynamische Sitzposition achten“, sagt Dr. Beizai. Häufiges Wechseln der Sitzposition verteilt die Belastung und unterstützt so das Zusammenspiel von Muskeln, Sehnen, Wirbeln und Bandscheiben.
„Sind Schmerzen da und halten diese über einige Tage hinweg an, gab es einen Sturz oder ein anderes Trauma, sollte man das beim Arzt abklären lassen – Warnsignale wie Missempfindungen, Kribbeln oder Taubheitsgefühle sollten ernst genommen werden“, macht der Mediziner abschließend deutlich.
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