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Breite Zustimmung für „Gesellschaftsjahr“Diskussion bei der Jungen Union über Wehrdienst und allgemeine Dienstpflicht

VOGELSBERGKREIS (ol). In einer Diskussionsrunde im Vogelsbergkreis sprach die Junge Union über die Möglichkeit der Wiedereinführung der Wehrpflicht und die Implementierung einer allgemeinen Dienstpflicht für Männer und Frauen. Vor dem Hintergrund des Ukraine-Konflikts befürworten Teilnehmer wie CDU-Kandidat Frederik Bouffier den Dienst als Mittel zur Stärkung des gesellschaftlichen Zusammenhalts und zur personellen Aufstockung der Bundeswehr. Kritiker merken jedoch an, dass die Bundeswehr aktuell nicht auf eine große Anzahl neuer Rekruten vorbereitet ist.

Es gehört zwar nicht zu den lauten Themen im aktuellen Bundestagswahlkampf, aber nach der Wahl wird es auf der Tagesordnung stehen. Wie geht es weiter mit der personellen Ausstattung der Bundeswehr, der Wiedereinführung der allgemeinen Wehrpflicht oder sogar der Einführung einer allgemeinen Dienstpflicht für junge Frauen und junge Männer etwa als „Gesellschaftsjahr für Deutschland”? Darüber diskutierten in Alsfeld auf Einladung der Jungen Union Vogelsberg der CDU-Bundestagskandidat Frederik Bouffier (Gießen), der ehemalige Wehrdienstleistende Arnim Ortmann aus Lauterbach und der Rettungsingenieur Mathis Kruse aus Alsfeld, wie die JU in einer Pressemitteilung berichtet.

Hintergrund der Diskussion sei der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine, der vor ziemlich genau drei Jahren dazu führte, dass sich die Aufgaben der Bundeswehr wegen der fehlenden „Kaltstartfähigkeit” mehr auf die Bündnis- und Landesverteidigung konzentrieren würden. In seiner Begrüßung hob JU-Kreisvorsitzender Joshua Östreich hervor, dass derzeit nur eine Abfrage von möglichen Interessierten für einen Dienst in der Bundeswehr vorgesehen sei, dies aber angesichts der Bedrohungslage, die immer wieder durch die Nachrichtendienste unterstrichen werde, nicht ausreiche. Neben Milliarden-Euro-Paketen für die Waffen-, Geräte- und Sachausstattung der Truppe sei auch eine deutliche Erhöhung des Personals der deutschen Streitkräfte nötig.

Der CDU-Bundestagskandidat Frederik Bouffier, der derzeit dem Hessischen Landtag als Abgeordneter angehört, stellte heraus, dass er Befürworter einer allgemeinen Dienstpflicht für Männer und Frauen sei, die auch einen Wehrdienst beinhalte. Er denke, dass die allgemeine Dienstpflicht für junge Leute auch dem gesellschaftlichen Zusammenhalt dienen würde. Der 34-jährige Jurist schilderte, wie er selbst die Aussetzung der Wehrpflicht im Jahre 2011 erlebte, da er wegen des umfangreichen Musterungsverfahrens und der Überprüfung körperlicher Einschränkungen nicht mehr zum Grundwehrdienst einberufen wurde.

Der frühere Wehrpflichtige Arnim Ortmann aus Lauterbach, der zu Zeiten des Falles der Mauer und des Eisenenen Vorhanges im Jahre 1989 seinen Wehrdienst bei einer speziellen Fernmelde-Einheit in der Eifel zum Abhören von russischen Funkgesprächen zwischen Russland und der damaligen DDR tätig war, schilderte seinen Dienst bei der Bundeswehr zur Zeit des Kalten Krieges. Seine dort erlernte Fähigkeit zum Abhören von Morse-Funk könne er zwar in seinem Beruf als Rechtsanwalt und Notar nicht wirklich nutzen, aber die 15 Monate bei der Bundeswehr hätten ihn persönlich durchaus weitergebracht.

Der Rettungsingenieur Mathis Kruse, der im Jahre 2007 seinen Grundwehrdienst ableistete, und heute unter anderem als Kreisausbilder für die Feuerwehr aktiv ist, beleuchtete seinen Wehrdienst vier Jahre vor der “Aussetzung” und seine gewonnenen Erfahrungen für das spätere Berufsleben und seine Aktivitäten im Ehrenamt. Er befürwortet ebenfalls eine allgemeine Dienstpflicht, aus der auch Potenzial für neue ehrenamtlich Tätige, sei es in den Sanitätsorganisationen oder bei den Feuerwehren, entstehe.

Bei der Einführung einer allgemeinen Dienstpflicht, mit eingegliedertem Wehrdienst, bestünde allerdings das Problem, dass die Bundeswehr derzeit überhaupt nicht mehr auf eine größere Anzahl von neuen Rekrutinnen und Rekruten vorbereitet sei. In den Kasernen gebe es nicht mehr die zuvor beschriebenen Neun-Mann-Stuben, sondern der Trend gehe Richtung Einzelzimmer, wie anwesende Soldaten die Entwicklung der letzten Jahre schilderten. Aber grundsätzlich war man der Auffassung, es müsse für die personelle Aufstockung der Bundeswehr in diesen kritischen Zeiten wieder einen Wehrdienst geben – und zwar für junge Männer und auch junge Frauen innerhalb einer allgemeinen Dienstpflicht, einem „Gesellschaftsjahr“. Über die genaue Ausgestaltung müsse in der kommenden Wahlperiode diskutiert werden, fasste JU-Kreisvorsitzender Joshua Östreich die Diskussion zusammen.

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