Fokusthema0

Petition zur Sicherung der hausärztlichen Versorgung im Vogelsbergkreis gestartet„Wir brauchen Ihre Stimme!“

VOGELSBERGKREIS (ol). Die Hausärztinnen- und Hausärzteverbände haben gemeinsam mit dem Verband medizinischer Fachberufe (VMF) beim Bundestag eine Petition zur Rettung der hausärztlichen Versorgung eingereicht. Auch der Bezirk Vogelsberg des Hausärztinnen- und Hausärzteverband Hessen (HAEVH) ruft Praxisteams sowie Patientinnen und Patienten dazu auf, sich an der Kampagne zu beteiligen. Bis zum 17. Februar werden Unterschriften gesammelt – denn auch in der Region Vogelsberg ist die hausärztliche Versorgung gefährdet.

„Die hausärztliche Versorgung ist das Fundament unseres Gesundheitssystems, doch dieses Fundament droht einzustürzen“, sagt Susanne Sommer, erste Vorsitzende des Bezirks Vogelsberg des HAEVH in einer Pressemitteilung. „Deshalb wollen wir der kommenden Regierung direkt zum Amtsantritt unseren klaren Auftrag mitgeben. Die dringend erforderlichen Reformen, die längst auf dem Tisch liegen, die aber dem Ende der Ampelkoalition zum Opfer gefallen sind, müssen endlich umgesetzt werden“, erklärt die Hausärztin aus Mücke. Wie derzeit viele hessische Ärztinnen und Ärzte hat sie in der Praxis Unterschriftenlisten ausgelegt, um die Petition des Hausärztinnen- und Hausärzteverbandes zu unterstützen.

Auch im Vogelsbergkreis wird sich die Lage zuspitzen

Im Vogelsbergkreis werde sich die Lage voraussichtlich zuspitzen: Zwar gibt es noch 68 Hausärztinnen und Hausärzte in Praxen – es sind aber bereits einige hausärztliche Sitze frei. In den Gemeinden Lautertal und im Schwalmtal gibt es keinerlei hausärztliche Versorgung mehr. In den Gemeinden Grebenhain und Freiensteinau wird die ärztliche Versorgung durch kommunale MVZ (bezuschusst durch finanzielle Mittel aus dem Kreishaushalt) sichergestellt. Bis 2035 werden 50 Prozent der hausärztlichen Sitze nachbesetzt werden müssen. „Wie sollen wir junge Kolleginnen und Kollegen für unsere Arbeit begeistern unter den bestehenden Rahmenbedingungen“, fragt sich Sommer.
Landesweit sind laut Kassenärztlicher Vereinigung Hessen rund 258 hausärztliche Sitze frei, hinzu kommen 139 Hausarztsitze, die zur Nachbesetzung ausgeschrieben sind. Bundesweit fehlen 5.000 Hausärztinnen und Hausärzte.

„Die Zahl der freien Sitze wird stark steigen, auch bei uns in der Region“, sagt Dr. Jochen Müller, zweiter Vorsitzender des Bezirks Vogelsberg des HAEVH. Der Hausarzt aus Alsfeld verweist auf ein massives Problem: „Das Durchschnittsalter der Hausärztinnen und Hausärzte liegt in Hessen bei rund 55 Jahren. Im Jahr 2035 erreichen 48 Prozent der Hausärztinnen und Hausärzte das Rentenalter und werden dann voraussichtlich auch in den Ruhestand gehen.“

Verschärft werde der bevorstehende Mangel an Hausärztinnen und Hausärzten durch die alternde Bevölkerung – doch ärztlicher Nachwuchs ist schwer zu finden. „Die Bedingungen für uns Niedergelassene müssen wieder so attraktiv gestaltet werden, dass die nachwachsende junge Ärztegeneration gerne eine Hausarztpraxis übernimmt“, sagt Dr. Müller. So sei etwa eine Befreiung von überflüssiger Bürokratie angesagt, zudem müssten Medikamenten- und Heilmittelregresse abgeschafft werden – und nicht zuletzt sei eine angemessene Vergütung ärztlicher Leistungen, die die finanzielle Anerkennung der „sprechenden Medizin“ einschließt, erforderlich.

Die Forderungen der Petition

„Wir brauchen die Entbudgetierung, das heißt: eine vollständige Vergütung aller hausärztliche Leistungen inklusive der psychosozialen Versorgung, vor allen Dingen aber eine Stärkung der hausarztzentrierten Versorgung und eine angemessene Wertschätzung und finanzielle Stärkung unserer Praxisteams“, betonen Sommer und Müller. Die beiden Ärzte schließen sich damit den zentralen Forderungen der Petition an. Sie begrüßen, dass sich die ehemaligen Ampel-Partner inzwischen offenbar auf darauf geeinigt haben, zumindest die Endbudgetierung noch kurz vor der Wahl umzusetzen. „Was jedoch weiterhin fehlt, ist die Stärkung der hausarztzentrierten Versorgung“, so Sommer.

Bei der hausarztzentrierten Versorgung (HZV) fungiert die hausärztliche Praxis als Lotse durch das komplizierte Gesundheitssystem. Wer als Patientin oder Patient in der HZV eingeschrieben ist, sucht immer zunächst die hausärztliche Praxis auf. Die Hausärztin oder der Hausarzt koordiniert die Behandlung mit anderen Ärztinnen, Ärzten, Kliniken und Physiotherapeuten und sammelt alle Befunde. Üblicherweise begleiten Hausärztinnen und Hausärzte ihre Patientinnen und Patienten über viele Jahre und nehmen damit eine besondere Vertrauensstellung ein.  Nachweislich bleiben den Patientinnen und Patienten unnötige Doppeluntersuchungen oder gar Klinikaufenthalte erspart. Die Ärztinnen und Ärzte, die sich an der HZV beteiligen, besuchen regelmäßig besondere Fortbildungen. Nicht zuletzt bietet die HZV den Praxen eine bessere Vergütung.

Weitere Infos zur Petition: https://epetitionen.bundestag.de/content/petitionen/_2024/_12/_06/Petition_175673.html

Schreibe einen Kommentar

Bitte logge Dich ein, um als registrierter Leser zu kommentieren.

Einloggen Anonym kommentieren