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Vorreiterrolle in der regionalen Kirchenstruktur für Zusammenarbeit und gemeinschaftliches WachstumNeue Rechtsform für Evangelische Gesamtkirchengemeinde startet im Vogelsberg

VOGELSBERGKREIS (ol). Seit dem 1. Januar hat die Evangelische Gesamtkirchengemeinde Gruppenpfarramt Vogelsberg eine neue Rechtsform angenommen, die 14 Kirchengemeinden zu einer Einheit zusammenführt. Dies ermöglicht eine effektivere Zusammenarbeit und Verwaltung sowie innovative Projekte, um den Herausforderungen sinkender Mitgliederzahlen zu begegnen. Der neugebildete Gesamtkirchenvorstand wird sich Ende Januar zu seiner konstituierenden Sitzung treffen.

Das Gruppenpfarramt Vogelsberg hat einen Namen und einen Ruf in der Region wie in der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN). Seit über fünfzig Jahren steht es für übergemeindliche Zusammenarbeit, verbindliche Ansprechpartner in den Gemeinden und konstruktive Projekte. Nun gehen die Pfarrerinnen und Pfarrer der inzwischen 14 Kirchengemeinden wieder einen Schritt voraus: Als einer der ersten Nachbarschaftsräume der EKHN sind sie seit Anfang des Jahres mit einer neuen Rechtsform am Start, wie das Evangelische Dekanat in einer Pressemitteilung berichtet.

Was das für die etwa 5600 Mitglieder in 25 Dörfern des Vogelsbergs bedeutet, erläutern Pfarrerin Dorothea Witznick, Pfarrerin Dorothée Tullius-Tomášek, Pfarrer Jürgen Pithan und Pfarrer Peter Weigle. „Die offenkundigste Veränderung ist die Bildung einer Gesamtkirchengemeinde, die nun alle 14 Kirchengemeinden vertritt und den Namen ‚Evangelische Gesamtkirchengemeinde Gruppenpfarramt Vogelsberg‘ trägt“, erläutert Pfarrerin Witznick, die gemeinsam mit ihrer Kollegin und ihren Kollegen sowie den Mitgliedern aller Kirchenvorstände viel Gehirnschmalz in diese neue Rechtsform der Kirchengemeinden investiert hat.

Für die Gemeinden im Gruppenpfarramt (Brauerschwend mit Rainrod und Renzendorf sowie Hopfgarten mit Hergersdorf, Ober-Sorg, Unter-Sorg und Vadenrod, Engelrod mit Eichelhain, Eichenrod, Hörgenau und Rebegeshain, Groß-Felda, Kestrich und Windhausen, Meiches, Ober-Breidenbach mit Strebendorf und Storndorf, Stumpertenrod, Köddingen und Helpershain) ist Zusammenarbeit ein vertrautes Terrain. Bereits 2019 wurde ein gemeinsames Gemeindebüro eingerichtet und seit 2020 arbeiteten die Kirchenvorstände konstruktiv an einer neuen Form der Zusammenarbeit. Die Möglichkeiten wurden schon früh im Rahmen einer Steuerungsgruppe, bestehend aus KV-Mitgliedern der einzelnen Pfarrämter und der Pfarrpersonen, ausgelotet. Dafür nahm man professionelle Begleitung in Anspruch, denn das Ziel war, eine gemeinsam beschlossene Form für den Nachbarschaftsraum zu finden, hinter der sich alle Kirchengemeinden gut versammeln können. Dazu gehörten schließlich auch die Formulierung und der Beschluss einer neuen Satzung. Auch hier investierten die Verantwortlichen in den Gemeinden viel Energie. „Wir wissen, dass dieser ganze Prozess ekhn2030, auf den die Bildung der Nachbarschaftsräume, der neuen Rechtsform und der Satzung zurückzuführen ist, nicht überall auf große Begeisterung stieß“, gibt Pfarrerin Witznick ohne Umschweife zu. „Dennoch bietet dies in Zeiten sinkender Mitgliederzahlen neue Chancen. Wir räumen den Gemeinden vor Ort möglichst viel Freiraum ein, sodass sie sich auch nach dem Zusammenschluss als Gesamtkirchengemeinde noch entfalten können“, führt Pfarrer Pithan aus, dessen Kirchengemeinde Engelrod 2023 als letzte zum Gruppenpfarramt gestoßen ist.

Die Pfarrerinnen und Pfarrer sind – der langen Tradition im Gruppenpfarramt sei Dank – schon lange in allen Gemeinden bekannt. Die Pfarrpersonen bleiben auch zukünftig den gewohnten Seelsorgebezirken erhalten. „Wichtig ist jetzt auch, dass die Kirchengemeinden sich untereinander besser kennenlernen“, lautet eine Erfahrung aus dem Prozess. Denn zukünftig sollen sie noch mehr miteinander zu tun haben als vorher: Vertrauensbildende Maßnahmen wie gegenseitige Besuche, die gut angenommen wurden, seien daher von Vorteil.

Was ändert sich jetzt in der Gesamtkirchengemeinde? Neu wird sein, dass die bisherigen 14 Kirchengemeinden zukünftig in einem Gesamtkirchenvorstand vertreten werden. Pro 400 Gemeindegliedern können Kirchengemeinden ein KV-Mitglied entsenden. Zusätzlich zu den Pfarrpersonen werden noch zwei Gemeindepädagogen zum Verkündigungsteam gehören: Peter Weigang und Valentin Zimmerling machen neue Impulse möglich, heißt es.

Neu sei auch, dass Gruppen im gesamten Nachbarschaftsraum nun gemeinsam von einer Person oder einem festen Team betreut werden: Kindergottesdienste, Konfirmandenunterricht, Seniorenarbeit, Ausschussarbeit – hier werden Kompetenzen gebündelt. „Auch das sehen wir als großen Vorteil an“, sind sich die Pfarrpersonen und die Gemeindepädagogen einig. Außerdem wird die Aufgabenverteilung im Gesamtkirchenvorstand neu aufgeteilt, berichten die Pfarrer. „Für die Kirchenvorstände, die in den Kirchengemeinden bleiben, bedeutet dies, dass sie mehr Zeit für inhaltliche Arbeit haben, weil vieles an Verwaltung im Gesamtkirchenvorstand erledigt wird. Zeit also für das, wofür die Ehrenamtlichen in den Gemeinden eigentlich antreten.“ So wird es beispielsweise nur noch einen Haushalt zu beschließen geben und keine 14 mehr wie bisher. Von den Kirchenvorstehern vor Ort werden Vorschläge erarbeitet, die an den Gesamt-KV gehen. Der Gesamtkirchenvorstand trifft sich am 28. Januar zu seiner konstituierenden Sitzung.

Rückblickend auf den Prozess bedauert das Pfarrteam, dass es vonseiten der Landeskirche keinen Fahrplan gibt, was bis wann erledigt sein muss und dass die Verwaltung in Darmstadt sehr lange Verfahrenszeiten hat. „Wir stellen daher unseren Fahrplan und unsere Erfahrungen gerne zur Verfügung“, bietet das rührige Pfarrteam anderen interessierten Nachbarschaftsräumen an. Von 159 Nachbarschaftsräumen in der EKHN sind sie unter den ersten acht, die im neuen Jahr mit einer neuen Rechtsform starten.

Schon jetzt nehme daher das gemeindliche Leben in der neuen Evangelischen Gesamtkirchengemeinde Gruppenpfarramt Vogelsberg Fahrt auf. Das Verkündigungsteam trifft sich wie eingeübt jeden Mittwoch zur Teamsitzung und das Büro in Brauerschwend (Kirchstraße 16) ist vier Tage in der Woche geöffnet (www.gruppenpfarramt-vogelsberg.ekhn.de). „Unsere Türen stehen den Mitgliedern offen“, laden die Mitglieder des Teams ein, sich zu beteiligen, zu fragen und mitzumachen bei der Gestaltung des alten neuen Gruppenpfarramts.

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