Bericht von der Generalprobe mit vielen BildernAlsfelder Wintermärchen nimmt Kurs auf die Premiere
ALSFELD (jal). In der Alsfelder Stadthalle werden gerade fleißig Kulissenteile hin und her gefahren: Aus einem Marktplatz wird ein Königsschloss und schließlich eine Räuberhöhle. Die Alsfelder Marktspielgruppe steht kurz vor der Premiere ihres diesjährigen Wintermärchens „König Drosselbart“. OL war bei der Generalprobe dabei.
Wer dieser Tage durch die Gänge hinter der Bühne der Alsfelder Stadthalle huscht und das die Jahre zuvor bereits zur Weihnachtszeit getan hat, dem wird auffallen: Irgendwas ist anders dieses Mal bei den Machern des Alsfelder Wintermärchens. Zeugten in den vergangenen Jahren die Kulissen und Kostüme von futuristischen Welten mit modernem Touch, so geht es diesmal klassisch märchenhaft royalistisch zu. Hier schlüpft man von Sneakern in Schnallenschuhe, dort werden fachgerecht Prinzessinnenlocken gekräuselt. Und Krönchen sind eh überall.
Die Crew rund um Co-Autorin und Regisseurin Johanna Mildner hatte bei der Pressekonferenz zur Vorstellung des aktuellen Stücks also nicht geflunkert, als von einem „richtigen Märchen“ mit klassischem Look die Rede war – Brokat, Gold und Glitzer eingeschlossen. Genau danach stand den Männern, Frauen, Jungs und Mädchen der Marktspielgruppe in diesem Jahr der Sinn.
Das Stück heißt „König Drosselbart“ und stammt im Original von den Gebrüdern Grimm. In guter Marktspiel-Tradition hat Mildner die Vorlage zusammen mit Jenny Wagner für die Alsfelder Bühne adaptiert. Im Kern geht es um Prinzessin Valerie (Timea Kneip), die endlich heiraten soll. Doch die schnippische Königstochter denkt nicht dran, sich einen „Klotz am Bein“ zuzulegen – sehr zum Unmut ihrer Eltern, König Viktor (Helmut Berger) und Königin Viktoria (Silvia Völker). Nicht mal ein hessischer Kartoffelwurst-Fan ist ihr gut genug.
Unter den von der Prinzessin Verschmähten ist auch Prinz Hektor (Johann Kraus), den sie aufgrund seines auffälligen Aussehens „König Drosselbart“ tauft. König Viktor wird das Ganze schließlich zu bunt. Er nötigt seine Tochter, den nächstbesten Bettler, Räuber oder Bänkelsänger zu heiraten. Es folgen Tricks, Täuschungsmanöver und allerlei Verkleidungen, bis das Ganze ein märchenhaftes Ende findet. „Es gibt ein großes Hin und Her und am Ende wird alles gut. Das gefällt mir am diesjährigen Stück am meisten“, sagt die 13-jährige Fee Pabst, die eine Magd zu Hofe spielt.
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Das Hin und Her, das gibt es auch in der Originalversion. Aber ansonsten ist in der Alsfelder Fassung eine ganze Menge anders. Das fängt bei kleineren Gags wie veganem Essen für den König an und geht über die geschlechterbewusste Bande Krimineller, die darauf besteht, von „Räuber-INNEN!“ zu sprechen, hin zur tieferen Moral der Geschichte. Denn bei der Originalversion scheint es Regisseurin Mildner fast kalt den Rücken runterzulaufen, wenn sie daran denkt. „Bei den Brüdern Grimm bekommt nur die Prinzessin die Schuld für die Situation gegeben. Dabei wird sie von ihren Eltern genötigt, der Prinz sagt, er wolle sich an ihr rächen. Was ist denn das für eine Art?“, sagt Mildner.
Die Erkenntnis wird in der Alsfelder Version also eine andere sein. Die Stücke ernst nehmen, sie aber an die heutigen Verhältnisse anpassen – das ist schon immer die Handschrift von Mildner gewesen, die am Ende des Gesprächs mit OL in der Pause der Generalprobe noch einmal unterstreicht, was ihr besonders wichtig ist: „Die Leute sind zwar Laien“, sagt sie über ihre Mitstreiter, „aber ich will sie nicht so behandeln“. Heißt im Klartext: Es wird sich gemeinsam bemüht, professionell eine Geschichte zu erzählen, die die Leute mitnimmt und zum Nachdenken anregt.
Das tut das diesjährige Stück auf alle Fälle.
Termine
Reguläre Vorstellungstermine sind Sonntag, 15. Dezember um 15 Uhr, Sonntag, 22. Dezember um 11 Uhr, Freitag, 27. Dezember um 15 Uhr und Samstag, 28. Dezember um 15 Uhr. Die Karten gibt es im Buchladen Lesenswert von Johanna Mildner zu kaufen. Unterstützt wird die Aufführung auch in diesem Jahr wieder durch das Bundesförderungsprogramm „Demokratie leben“, das sich unter anderem für eine lebendige Zivilgesellschaft einsetzt.
Das Ensemble
Johann Kraus (Prinz Hektor, König Drosselbart), Timea Kneip (Prinzessin Valerie), Helmut Berger (König Viktor), Silvia Völker (Königin Viktoria), Holger Meier-Schabl (König Ottokar), Emil Dimroth (Anton, Prinz Hektors Knappe), Frieda Kraus (Nola, Prinzessin Valeries Zofe), Merit Ehrhardt-Gerst (Ronja, Tochter der Waffenmeisterin), Fee Pabst (Magd an König Ottokars Hof), Bianka Ehrhardt-Gerst Wagner (Jolanda, die Waffenmeisterin), Anton Soßdorf (Tom, König Ottokars Laufbursche).
Text: Johanna Mildner, Jenny Wagner
Regie: Johanna Mildner
Kostüme: Ruth Henkel
Bühne: Inge Zuschlag
Musik: Dirk Lindemann
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