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Auszeichnung für geologisches Highlight in Burg-Gemünden während 750-Jahr-FeierBurg-Gemündener „Käutchen“ als „Geotop des Jahres 2024“ geehrt

BURG-GEMÜNDEN (ol). Im Rahmen der 750-jährigen Jubiläumsfeier fand in Burg-Gemünden der „Tag des Geotops“ statt, bei dem die Deutsche Vulkanologische Gesellschaft e.V. Sektion Vogelsberg die Felswand am „Käutchen“ als „Geotop des Jahres 2024“ auszeichnete. Eine Informationstafel weist nun auf die besonderen Lavaströme hin.

Ein großer Tag für Burg-Gemünden. Im Rahmen der Jubiläumsfeiern zur 750-jährigen Ersterwähnung von Burg-Gemünden fand am Sonntag der „Tag des Geotops“ der Deutschen Vulkanologischen Gesellschaft e.V. (DVG) Sektion Vogelsberg, in Burg-Gemünden statt. Denn, wer hätte das vor einiger Zeit noch gedacht, dass auch Burg-Gemünden ein Ort mit einer feurigen Vergangenheit ist, wie man an mehreren Felswänden in und um den Ort erkennen kann.  Im Rahmen des Tages des Geotops, der jährlich am dritten Sonntag im September stattfindet, wurde in diesem Jahr von der DVG Sektion Vogelsberg, die Felswand am „Käutchen“ in Burg-Gemünden als „Geotop des Jahres“ ausgezeichnet, da dort der Verlauf der Lavaströme besonders gut sichtbar ist, das berichtet die Fördergemeinschaft 750 Jahre Burg-Gemünden e.V. in einer Pressemitteilung.  Zu erkennen ist das zum Geotop des Jahres ausgezeichnete „Käutchen“ anhand einer von der DVG gestifteten Informationstafel, die gleich am Ortseingang von Burg-Gemünden, in der Bernsfelder Straße, auf die Besonderheit dieser Region hinweist und darüber informiert.

Die Tafel wurde gemeinsam von Bürgermeister Daniel Müller und der Leiterin der DVG-Sektion Vogelsberg Kerstin Bär unter dem Applaus der Zuschauer enthüllt. Die Texte und Abbildungen auf der Tafel wurden von der DVG Sektion Vogelsberg gemeinsam mit der Fördergemeinschaft 750 Jahre Burg-Gemünden e.V. zusammengestellt. Finanziert wurde die Tafel von der DVG, während das Setzen, dass angesichts des felsigen Untergrundes gar nicht so einfach war, von der Fördergemeinschaft übernommen wurde.

Im geologischen Teil der Infotafel werden Besonderheiten der am „Käutchen“ sichtbaren Lavaströme dargestellt. Es handelt sich um Lavaströme, die relativ dünnflüssig waren, heißt es. Sie bedeckten die Landschaft vor über 15 Millionen Jahren ähnlich wie heißer Pudding. Die Ströme behielten dabei eine glatte Oberfläche, im Gegensatz zu zähflüssigeren Lavaströmen, deren Oberfläche zerbricht. Solche glatten Oberflächen sind an einigen Stellen am „Käutchen“  gut erkennbar. An manchen Stellen leicht gewölbt, wofür die Infotafel ein Vergleichsbild aus Island liefert. Dünnflüssige Lavaströme sind eine Besonderheit des Vogelsberges gegenüber Vulkangebieten wie Eifel, Westerwald und Rhön, heißt es weiter. Daher sei es erfreulich, dass neben dem Glauberg (Wetteraukreis) nun Burg-Gemünden als zweiter Fundort dieser Art von Lava, der frei zugänglich ist, eine Infotafel erhalten habe, auf der diese Besonderheiten erläutert werden und darüber hinaus auch Informationen zum früheren Abbau und eine Art Suchbild biete, hob Kerstin Bär hervor.

Er finde es schön, dass gerade im Jubiläumsjahr 750 Jahre Burg-Gemünden das „Käutchen“ als Geotop des Jahres ausgezeichnet worden sei, hob Bürgermeister Daniel Müller hervor. Gerade im Jubiläumsjahr sei zutage gekommen, wie viel man in Burg-Gemünden habe. Er sprach einen Riesendank für die Arbeit aus, die in diesem Jahr und auch schon zur Vorbereitung darauf, von den Ehrenamtlichen vor Ort aber auch von der DVG Sektion Vogelsberg geleistet worden sei. Er freue sich, dass nun eine Felswand, an der man vormals achtlos vorbeigelaufen oder gefahren sei, nun auf der Tafel anschaulich erklärt werde, auch für Leute, die nicht so im Thema Geologie bewandert seien.

Begonnen hatte der Tag des Geotops schon am Morgen im Dorfgemeinschaftshaus in Burg-Gemünden, zu dem der Vorsitzende der Fördergemeinschaft 750 Jahre Burg-Gemünden e.V. , Roland Wagner, die zahlreichen Gäste begrüßte.

Beigeordneter Jens Ruhl hob in seinen Grußworten hervor, dass es für Gemünden eine besondere Ehre sei, Gastgeber für einen Tag des Geotops zu sein. Dies zeige, dass in Burg-Gemünden und Umgebung interessante Gesteinsformationen existierten, von denen viele gar nichts wussten.

„Wir als Sektion haben verschiedene Orte besucht im Vogelsberg und Burg-Gemünden ausgesucht“, so Sektionsleiterin Kerstin Bär, die sich über das große Interesse am Tag des Geotops freute. Sie informierte im Rahmen einer Bildpräsentation anhand von Lavaströmen, die man in Hawaii sehen könne und, dass diese Lavaströme nicht ganz so häufig zu finden seien, bezeichnete es als „Eigenstellungsmerkmal“, wie es das nur im Vogelsberg gebe. Bisher sei Glauberg der einzige Ort im Vogelsbergkreis gewesen, wo man solche Lavaströme entdeckt habe, nun gebe es mit der Entdeckung dieser Lavaströme in Burg-Gemünden zwei Orte, an die man hingehen und sich anschauen könne, wie solche Lavaströme aussehen. Sie seien nicht ganz gleich, jeder Ort habe seine Eigenarten. Während man die Lavaströme in Glauberg eher mit den isländischen Lavaströmen vergleichen könne, sei es toll für sie gewesen, dass in Burg-Gemünden eine andere Form zu sehen sei und sie hoffe, dass es allen Vulkaninteressierten Spaß mache heute dabei zu sein.

„Es ist die Aufgabe der Wissenschaft, die Geologie für die Allgemeinheit verständlich zu machen“, sei ein geprägter Satz von Professor Dr. Heiner Flick, so Andrea Albert, die gleichzeitig Prof. Flick zu einem Vortrag willkommen hieß. Ebenfalls anhand einer Bildpräsentation gab Prof. Flick anschließend in seinem Vortrag einen Einblick in die Vulkanwelt ringsum. Anhand einer biologischen Karte von Deutschland erläuterte er, dass der große rote Fleck auf dieser Karte der Vogelsberg sei. Der Vogelsberg gehöre in ein Vulkangebiet, dass sich quasi quer durch Deutschland ziehe, einmal von der Eifel bis hinter die Landesgrenzen hinaus nach Niederschlesien. Genau da liege der Vogelsberg mittendrin. Seit einigen Jahren habe man ja erkannt und sich davon überzeugen können, dass die Erde sehr mobil sei und eine der Themen in diesem Bereich, sei der Vulkanismus. Hawaii sei immer ein gutes Beispiel für Lava aus dem Erdkern bis an die Oberfläche gewesen. Das zeige auch, dass der Vulkanismus nach Südosten immer jünger werde. Der Vulkanismus in der Eifel sei beispielsweise jünger als in Schlesien und sei in Europa von Westen nach Osten gerückt. So sei die Eifel jünger als der Kaiserstuhl, der Vogelsbergkreis jünger als der Hegau und Europa sei von Norden nach Süden gerutscht.

Der Vogelsberg sei zwischen 18 und 15 Millionen Jahren eine Vulkanregion gewesen. Der Basaltriese mit feuriger Vergangenheit sei eine faszinierende Vulkanlandschaft und geologische Vielfalt des größten Vulkangebietes Mitteleuropas. Erdgeschichtlich sei er mit rund 500 Millionen Jahren ganz, ganz jung. Mit heute 50 Kilometern Durchmesser (der Vogelsberg sei früher größer gewesen), sehe man am Verlauf der Gewässer, dass der Vogelsberg einen Buckel bilde. Der größte Teil der Gesteinsarten im Vogelsberg, neben trachytischem Gestein und übergesättigtem Stein, komme aus der Basaltfamilie. Prof. Flick ging auch auf die verschiedenen Lava-Ströme ein und meinte abschließend, es sei wichtig, dass man immer neugierig bleibe.

Dass man den Tag des Geotops in Burg-Gemünden habe, sei auf eine lange Entwicklung zurückzuführen, so Andrea Albert, der es zu verdanken ist, dass der Tag des Geotops in diesem Jahr in Burg-Gemünden stattfand. Als sie in den Jahren 2015/16 ihre Ausbildung zur Natur- und Geoparkführerin in der Vulkanregion Vogelsberg gemacht habe und danach auf einer ihrer selbstständigen Touren auf Werner Wißner aus Nieder-Ohmen getroffen sei, der sich in der Erzweggruppe Mücke organisiert, habe er ihr gesagt, sie könne ja gleich in Burg-Gemünden anfangen, da habe sie ja ein tolles Geotop vor der Haustür. Bis dahin sei auch sie, wie alle anderen an den Felsen in Burg-Gemünden nur vorbeigefahren und habe sich alles nie genau angeschaut. Aber ab diesem Zeitpunkt habe sie den Berg und sein Drumherum mal mit ganz anderen Augen betrachtet. Und damit sei der Stein ins Rollen gebracht worden. Und deshalb gehe ein besonderer Dank an Werner Wißner.

Nach den Vorträgen und einer anschließenden Mittagspause, während der, wie auch den ganzen Tag über, Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr, des Obst- und Gartenbauvereins, des Landfrauenvereins und der Burschenschaft Burg-Gemünden sowie des VdK-Gemünden Felda, mit Würstchen vom Grill, Pizza und Flammkuchen, Kaltgetränken aller Art sowie Kaffee und Kuchen für das leibliche Wohl der zahlreichen Gäste bestens gesorgt hatten, wurden Führungen und Exkursionen angeboten.

Andrea Albert und Karl Heinz Hartmann führten die rund zweieinhalbstündige Tour: „Geologische Entdeckungen zwischen Ohm und Hof Sorge“ und die Gruppe mit rund 30 Personen wurde auf dem Hofgut Sorge von Hauprecht Freiherr Schenck zu Schweinsberg und seiner Frau, die auch an der Exkursion teilnahmen, und den Pächtern bei der Besichtigung des Hofguts mit einem Sekt überrascht, wie es hieß.

Die Touren „Steine im Ort – ein Dorfrundgang“, die von Andreas Rüb und Roland Albert sowie die dritte angebotene Tour „Der Schloßberg und seine vulkanische Vergangenheit“, die von Kerstin Bär und Michael Barth geführt wurden, fanden jeweils um 13 und 15 Uhr statt.

Im Rahmen der Veranstaltung bestand außerdem die Möglichkeit sich an Infoständen und Ausstellungen über DVG Sektion Vogelsberg, Verein für Naturkunde in Oberhessen, Vogelsberg Touristik/Geopark, Freunde des Steinbruchs Michelnau, Erzweggruppe Mücke, sowie über die Heinzemann-Tour und den Panoramaweg in Gemünden und  die Fördergemeinschaft 750 Jahre Burg-Gemünden e.V. zu informieren.

Und wer zukünftig am „Käutchen“ vorbeikommt, kann ja einmal versuchen, die Lösung für das von Kerstin Bär schon erwähnte Suchbild, das sich auf der Info-Tafel am Käutchen befindet, zu lösen und in der nahen Felswand den passenden Zwerg dazu zu finden.

Fotos: Fördergemeinschaft 750 Jahre Burg-Gemünden e.V.

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