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DDR-Zeitzeuge spricht vor Schülerinnen und Schülern des Lauterbacher GymnasiumsDie Lehre: Freiheit wächst nicht auf Bäumen

LAUTERBACH (ol). Die Projektwoche der Jahrgangsstufe 9 an der Alexander-von-Humboldt-Schule Lauterbach stand unter dem Titel „Erinnerungskultur und Extremismusprävention“. In diesem Rahmen wurde den Schülerinnen und Schülern ein Zusammentreffen mit dem DDR-Zeitzeugen Michael Beckmann ermöglicht, der von seinen Erfahrungen als Gefangener der DDR berichtete.

Nachdem sich die jungen Leute mithilfe ihrer Lehrkräfte intensiv auf das Zeitzeugengespräch vorbereitet hatten, trafen insgesamt fünf Klassen der Jahrgangsstufe 9 im „Posthotel Johannesberg“ auf den 1965 in Eisenach geborenen Michael Beckmann. Der Kontakt wurde durch das Koordinierende Zeitzeugenbüro der Gedenkstätte Hohenschönhausen in Berlin hergestellt.

Prägendes Erlebnis mit zehn Jahren

Der heutige Unternehmenscoach und Dozent wuchs am Stadtrand Ost-Berlins auf. Durch ein prägendes Ereignis in seinem 10. Lebensjahr distanzierte er sich zunehmend vom sozialistischen System der DDR, das auf zahlreichen Ebenen versuchte, Kinder und Jugendliche zu einer „sozialistischen Persönlichkeit“ zu erziehen.

Der Entschluss, nach dem Abitur einen Ausreiseantrag zu stellen, sorgte dafür, dass er lediglich als Post- und Zeitungszusteller arbeiten durfte. In der Wahrnehmung Beckmanns habe dieser Antrag ebenso zur Folge gehabt, dass sich das Gefühl von Verfolgung und Beobachtung erhöhte.

Zu 14 Monaten Haft verurteilt

Nachdem er sich 1986 aus Gewissensgründen weigerte, die Tageszeitung im Zeitraum des XI. Parteitages der SED auszutragen, verhaftete ihn der Staatssicherheitsdienst –umgangssprachlich „Stasi“ – und er erhielt eine Verurteilung zu 14 Monaten Haft. Die Zeit der Haft sei von Gewalt, Überwachung, Erniedrigung und Zwangsarbeit geprägt gewesen.
Als einer der jüngsten politischen Gefangenen der DDR gelangte er im Rahmen eines Häftlingsfreikaufs im Dezember 1986 in die Bundesrepublik nach Gießen. „Wir haben Wahlmöglichkeiten, auch in der Diktatur“, führte Beckmann aus. „Wir müssen denken, handeln und durchhalten.“

„Bleiben Sie einfach Mensch!“

Trotz seiner Erfahrungen in der Zwangsarbeit verspüre er weder Verbitterung noch Zorn. Stattdessen machte er die Schülerinnen und Schüler darauf aufmerksam, dass „Freiheit nicht auf Bäumen“ wachse und man sich selbst die Frage stellen müsse, welche Werte und Überzeugungen man im Leben vertreten wolle. Mit seinen Abschlussworten forderte er deutlich: „Bleiben Sie einfach Mensch!“

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