Wenn Handys und Smartwatches für Fehlarme sorgenKeine Probleme durch automatische Notrufe im Vogelsbergkreis
REGION (jal). Autos, Handys, Smartwatches – es gibt immer mehr Gegenstände, die selbstständig in Notsituationen Hilfe rufen können. In anderen Regionen führt das zu Problemen in den Feuerwehrleitstellen. Nicht so im Vogelsberg.
Es war eine clevere Geschichte, mit der Apple vor einiger Zeit seine neuen Smartwatch-Modelle beworben hat. Gezeigt wurden mehrere Menschen, denen die schlaue Uhr am Handgelenk angeblich das Leben gerettet hatte. Egal ob es die Fähigkeit ist, akute Herzprobleme zu erkennen, oder anhand von Geschwindigkeit, Bewegungsabläufen und Umgebungsgeräuschen selbstständig einen Autounfall zu erkennen: Es ist schon erstaunlich, was Telefone und Armbanduhren heute alles können.
Doch so schön das alles klingt, wie bei allem lohnt ein genauerer Blick auf mögliche Schattenseiten. Ein Beitrag des Magazins quer vom Bayerischen Rundfunk ließ deswegen aufhorchen. Dort hieß es, dass Fehlalarme aus Handys, Smartwatches und selbstständigen SOS-Systemen in Autos, sogenannte E-Calls, in einigen Regionen für eine massive Mehrbelastung der Notrufleitstellen gesorgt hätten.
Das Problem seien nicht nur die zunehmende Anzahl der einiggehenden Notrufe, sondern auch deren sehr hohe Fehlalarmquote von ungefähr 90 Prozent, hieß es da mit Bezug auf die Leitstelle in Passau. Mögliche Auslöser für solche Fehlalarme bei Handys und Smartwatches: Die Bewegungssensoren, die einen Unfall erkennen sollen, werden durch Erschütterungen beim Joggen oder auf der Skipiste ausgelöst – oder durch Fahrten in der Achterbahn.
Nachfrage deswegen bei der Pressestelle des Vogelsbergkreises: Ist bei uns dieses Problem auch bekannt? Aus Lauterbach gibt es dazu Entwarnung. Zunächst die blanken Zahlen: E-Call-Systeme sind in Neuwagen in der EU seit 2018 Pflicht. Logisch, dass damit auch die Anzahl der damit eingehenden Notrufe langsam ansteigt. Im Jahr 2022 waren es im Vogelsberg 100 E-Calls durch Fahrzeuge, davon 26 automatische Auslösungen und 74 manuelle Auslösungen. 2023 waren es dann 154 E-Calls durch Fahrzeuge, davon 32 automatische Auslösungen und 122 manuelle Auslösungen.
Und was ist mit Handys und Smartwatches? „Die Notrufe, die automatisiert von Smartphones oder -watches abgesetzt werden, laufen bei der Leitstelle über Mobilfunknummern ein und sind daher in der Statistik nicht nachzuvollziehen“, heißt es von der Kreispressestelle. Bei einem solchen Notruf würde der Leitstelle über das Smartphone etwa „ein schweres Sturzgeschehen“ und Koordinaten übermittelt. „Bliebe dann ein Rückruf des Einsatzdisponenten unbeantwortet, wäre ein entsprechender Einsatz denkbar. Allerdings ist die Zahl solcher automatisierten Notfallmeldungen bei der Leitstelle des Vogelsbergkreises ausgesprochen gering.“
Als positives Beispiel eines Einsatzes durch ein E-Call-System nennt die Pressestelle einen Unfall im Mai 2023 auf der B 254 zwischen Maar und Reuters. Vier Menschen wurden dabei verletzt. „Das E-Call-System eines PKW hat sich nach dem Unfall automatisch aktiviert, Koordinaten übermittelt und einen Sprechkontakt hergestellt.“
Vergleich mit Rauchmeldern
Ähnlich wie der Kreis bewertet auch der Alsfelder Stadtbrandinspektor Daniel Schaefer die Technik. Schaefer ist auch in Frankfurt bei der Feuerwehr aktiv. Auch wenn er auf Nachfrage nicht sofort ein griffiges Beispiel parat hat, sei der Nutzen der Systeme unbestreitbar. „Ich kenne einige Fälle von Verkehrsunfällen und auch Unfällen von Radfahrern und Joggern, die spät gefunden beziehungsweise erkannt wurden, da die Verletzten keinen selbstständigen Notruf absetzten konnten.“
Bei den Verkehrsunfällen, wo E-Call ausgelöst wird, kämen meistens noch Notrufe per Telefon dazu. „Die Handvoll Einsätze, wo nichts war, kann man vernachlässigen, da das System definitiv Leben retten kann“, sagt der Feuerwehrmann – und kommt schließlich noch auf einen griffigen Vergleich: „Man kann es ja mit der Heimrauchmelderpflicht vergleichen. Die meisten ausgelösten Heimrauchmelder, zu denen wir fahren, sind auch Fehlalarme. Aber selbst angebranntes Essen, was wir auch oft antreffen, kann zu einem Brand führen und die Anzahl der Brandtoten ist seit dieser Pflicht deutlich gesunken.“ Er schließt mit den Worten: „So wird es sich auch mit diesen Systemen in Zukunft zeigen. Es wird immer Fehlalarme geben, aber sobald ein Mensch dadurch schneller gerettet werden kann, haben diese Systeme ihren Zweck erfüllt.“
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