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Gespräch mit den früheren Jugend-Trainern von Chiara Hahn„Auf dem Platz hat sie den Takt vorgegeben“

WALLENROD (ls). Die 21-Jährige Chiara Hahn kickt künftig für den SV Werder in der Frauen-Bundesliga. Maßgeblich dazu beigetragen haben dürften die Trainer ihrer Jugend. Achim Zapke und Frank Schlosser erinnern sich für OL an die Zeit mit ihrer „Kiri“ zurück.

Die Freude darüber, dass einer seiner ehemaligen Schützlinge den Sprung in die Fußball-Bundesliga geschafft hat, ist Achim Zapke deutlich anzumerken. „Das ist schon wirklich eine große Sache, für die ganze Region“, sprudelt es gemäß seiner lockeren Art und Weise aus ihm heraus. Der Jahrgang 2002 sei ein Jahrhundert-Jahrgang gewesen, das erlebe man nicht allzu häufig.

Der heute 59-Jährige blickt nicht nur auf den Erfolg als Trainer von zwei Aufstiegsfeiern mit genau diesem Jahrgang zurück, sondern auch auf zwei außergewöhnliche Fußball-Talent.

„Frauen sind manchmal härter im Nehmen“

Eines dieser Talente ist die 21-jährige Chiara Hahn, die seit Kurzem für den SV Werder in der Frauen-Bundesliga kickt und dort die Rückennummer 21 trägt. Zuletzt spielte die junge Vogelsbergerin in den USA für die South Florida Bulls, trainierte bereits im Sommer in der Vorbereitung auf die U20-WM bei Werder und kehrte mit ihrer Auslandserfahrung genau dahin zurück. Angefangen hat der Weg von Hahns Fußball-Traum bei der JSG Lauter; auf dem Sportplatz, nicht weit entfernt von dem Zuhause ihres damaligen Trainers Achim Zapke.

Starker Jahrgang, starke Spieler

Zapke ist Fußball-verrückt, engagiert sich seit der Gründung für den Verein – erst als Spieler, dann Spielertrainer und dann als ehrenamtlicher Trainer für den Nachwuchs. Mittlerweile trainiert er die 3. Mannschaft der SG Lauter, mit der er direkt in der ersten Saison gleich den Aufstieg feiern konnte. Irgendwann geht es für den 59-Jährigen vielleicht wieder zurück zur Jugend. Er helfe da, wo er gebraucht werde, sagt er und blättert eine Seite weiter im Fotobuch. Viele Eindrücke hat der ehemalige Trainer in den Büchern festgehalten. Hin und wieder holt er sie hervor.

„Die Kiri war in einem Jahrgang, der schon mit vier Jahren angefangen hat, Fußball zu spielen“, erinnert sich Zapke zurück. Ein Jahrgang mit vielen starken Spielern, die zum Teil noch heute für die SG Lauter spielen. „Das Team war eine große Familie mit einer hohen Motivation. Nachts um 12 Uhr hätte man sie anrufen können und kurz darauf hätten sie allesamt auf dem Platz gestanden“, erzählt er und betrachtet ein Bild in dem Buch.

Es zeigt eine Situation auf dem Sportplatz unmittelbar nachdem die D-Jugend in 2013 erneut Meister wurde. „Da gab es eine Sekt-Dusche – natürlich mit Kindersekt“, erzählt er dazu und schmunzelt.

Spaß auf und dem dem Platz

Auch neben dem Spielfeld sei der Zusammenhalt groß gewesen. „Wir haben auch viel drumherum gemacht – nicht selten auch Dinge, die mit Fußball wenig zu tun hatten“, sagt Zapke. Über Trainingsläufe, Trainingscamps, hin zu Besuchen auf dem Eisspeedway oder bei anderen Sport-Veranstaltungen – und natürlich alles festgehalten in den Fotobüchern. „Das war schon ein toller Ausflug“, sagt er mit Blick auf eines der Bilder, das die großen Spikes am Reifen einer Eisspeedway-Maschine zeigt.

Auch heute halte man an solchen Aktionen außerhalb des normalen Spiel- und Trainingsbetriebs fest. „Das sorgt einfach für ein gutes Teamgefüge und für gemeinsamen Spaß, was sich unmittelbar auf die Motivation des gesamten Teams auswirkt“, sagt der erfahrene Jugendtrainer sichtlich mit Stolz.

Chiara Hahn mit ihrem Team von der JSG Lauter.

Viele Jugendliche hat der 59-Jährige im Rahmen seiner ehrenamtlichen Arbeit für die JSG schon rausgebracht, sie also bis zu den Seniorenmannschaften begleitet. Die meisten von Zapkes Schützlingen spielen noch immer aktiv bis hoch in die Kreisoberliga – mit zwei Ausnahmen: Hahn und ihr damaliger Team-Kollege Milian Habermehl, der für die SG Barockstadt Fulda-Lehnerz in der Regionalliga spielt.

Dass Chiara Hahn ein Talent für Fußball hat, war früh klar, sichtbar wurde es in der F-Jugend und trat in den Folgejahren immer mehr empor. „Kiri war immer pünktlich, hat sehr viel zusätzlich gemacht und wenn etwas mal nicht geklappt hat, hat sie bis zur Perfektion trainiert“, erinnert sich der 59-Jährige. In einer männerdominierenden Sportart sei das für Mädels oft nicht einfach.

Durch und durch eine Teamplayerin

Probleme hatte die heute 21-Jährige dadurch allerdings nie. Im Gegenteil: Durch ihre Leistung sei sie hoch angesehen gewesen. Im Jahrgang war sie zwar das einzige Mädchen, gegen die Jungs durchsetzen musste sie sich allerdings nicht, wie Zapke sich erinnert. „Auf dem Platz hat sie den Takt vorgegeben“, sagt er. Durch und durch eine Teamplayerin habe sie sich nicht nur an die Spitze gespielt, sondern auch im Sinne des Teams zurückgesteckt und schwächere Spieler gestärkt. „Da hat man gemerkt, dass sie es unbedingt will“, fügt der ehemalige Trainer hinzu.

Irgendwann kam für Zapke dann aber der Knackpunkt, an dem er feststellte, dass Hahn und Habermehl – die beiden stärksten Spieler einer ohnehin starken Mannschaft – die JSG verlassen müssen, um noch besser gefördert und gefordert zu werden.

„Für den Verein war das natürlich eine schwierige Entscheidung, die nicht immer auf Verständnis gestoßen ist. Aber da mussten wir uns eingestehen, dass wir nur ein Dorfverein sind, der zwar viel leistet, der aber irgendwann auch an seine Grenzen stößt“, erklärt der 59-Jährige. Sein Blick schweift durch die große Fensterfront seines Wohnzimmers in die Landschaft.

Direkt nach dem Spiel: 2013 wurde die D-Jugend der JSG Lauter Meister.

Nachdem das Team mit der D-Jugend in 2013 noch einmal Meister wurde, wurden beiden verabschiedet und die heute 21-Jährige wechselte zum JFV Alsfeld-Bechtelsberg, wo sie für die Gruppenligamannschaft der D-Jugend vorgesehen war. „Ihr Talent hat man direkt gemerkt“, sagt Frank Schlosser, der sie damals beim JVF gemeinsam mit Thorben Peterson trainierte. Nicht umsonst habe sich der Jugendförderverein damals um die bemüht.

Direkt nach dem Wechsel habe sie sich in die neue Mannschaft integriert und sei sofort Stammspielerin gewesen, habe eine enorme persönliche, als auch fußballerische Entwicklung hingelegt, wodurch noch im gleichen Jahr die Einladungen zur Regional- und Hessenauswahl kam. In der nachfolgenden Saison wurde sie als eine der Leistungsträgerinnen Gruppenligameister, Zweiter im Regionalpokal und Vierter bei der Hessenmeisterschaft. Im Sommer 2016 folgte dann der Wechsel zum 1. FFC Frankfurt.

„Bei Kiri hat sich schnell abgezeichnet, dass der Weg in die hohen Ligen möglich ist“, sagt Schlosser. Dass der Weg nun aber so steil direkt in die Frauen-Bundesliga ging, sei nicht absehbar gewesen. „Um so größer ist jetzt die Freude“, erklärt der JFV-Trainer.

Festgehalten wurden auch die zahlreichen Ausflüge, die gemeinsam unternommen wurden.

Bodenständig, greifbar und heimatnah

Trotz Werdegang und Bundesliga-Luft hat Chiara Hahn die Bodenständigkeit nicht verloren. „Es ist schon Wahnsinn zu sehen, wie weit sie es gebracht hat trotz Corona-Pause und Verletzung. Da sieht man, was sie für einen starken Willen hat“, sagt Zapke. Und gleichzeitig sei sie auch in der Heimat greifbar, war vor nicht allzu langer Zeit in der dort und nahm an einem Spaß-Turnier der SG Lauter teil. Für die Kinder, und ganz speziell für die Mädels, habe sie eine Vorbildfunktion. „Sie ist für die JSG Lauter ein Aushängeschild, auf das man sehr stolz sein kann“, sagt der 59-Jährige.

Dass das so gut geklappt hat, ist neben Hahns starkem Ehrgeiz sicherlich auch ein Stück weit dem starken 2002-Jahrgang zu verdanken, darüber ist sich Achim Zapke sicher. „Die haben auf einem hohen Niveau gespielt, waren allesamt Auswahl-Spieler“, sagt er. Auch die Eltern dürfe man bei der Betrachtung nicht vergessen, die sich bedingungslos für ihre Tochter eingesetzt und sie unterstützt hätten. Das sei ein entscheidender Faktor für den Erfolg gewesen.

Auch wenn der frühere Jugendtrainer selbst dadurch nicht zum Werder-Fan wird – die neue Gladbach-Fahne ist bereits bestellt – ein Besuch bei einem Spiel von Chiara Hahn in der Bundesliga ist schon in Planung. „Wir wollen Kiri auf dem Platz unterstützen“, sagt er. Aktuell kämpft die Frauen-Mannschaft des SV Werder um den Klassenerhalt. Da kann die 21-jährige Vogelsbergerin mit viel Unterstützung aus der Heimat sicherlich einiges beitragen.

Ein altes Mannschaftsbild des Jahrgangs aus 2002.

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