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Kreistag fordert Bund und Land zum Handeln aufHeftige Diskussion über aktuelle Flüchtlingssituation

VOGELSBERG (akr). Viele Kommunen sind bei der Unterbringung und Versorgung von Geflüchteten aus ihrer Sicht an ihrer Belastungsgrenze angekommen – auch der Vogelsbergkreis. Deshalb fordert der Kreistag Bund und Landesregierung zum Handeln auf. Das haben die Kreispolitiker am Montag mit einer Resolution beschlossen, der heftige Diskussionen vorausgegangen waren.

Die Zahl der Menschen, die in Deutschland Zuflucht suchen, steigt seit Monaten stetig an. Für Landkreise, Städte und Gemeinden führe diese Entwicklung dazu, dass sie an die Grenzen des Machbaren gelangen und teilweise bereits darüber hinausgehen müssen.  „Denn es sind die Kommunen, die mit der Unterbringung, Versorgung und Betreuung der nach Deutschland flüchtenden Menschen die Hauptlast der aktuellen Situation zu schultern haben“, heißt es in der Resolution der Vogelsberger GroKo, die am Montag im Kreistag beschlossen wurde und nun an die Bundesregierung und hessische Landesregierung weitergeleitet werden soll.

Diese Entwicklung werde nicht nur immer mehr zu einer Bedrohung der kommunalen Handlungs- und Leistungsfähigkeit, sondern berge auch die Gefahr, dass Menschen, denen der Flüchtlingsstatus rechtlich zuzuerkennen wäre, keine Aufnahme und keinen Schutz mehr fänden. „Die Aufnahme von nahezu 2.000 Geflüchteten im Jahr 2022 sowie die weitere Betreuung bereits hier in den vergangenen Jahren angekommener geflüchteter Menschen führen dazu, dass auch der Vogelsbergkreis an die Grenzen des Machbaren und seine Aufnahmekapazität gelangt ist“, heißt es in der Resolution weiter.

Patrick Krug von der SPD stellte die Resolution vor.

Das gelte sowohl hinsichtlich der Unterbringungsmöglichkeiten, die kaum noch zu finden seien, als auch für das Personal und die hohen erforderlichen finanziellen Mittel, die für Unterbringung, Versorgung und Betreuung nötig sind. Bereits im Oktober fand Landrat Manfred Görig deutliche Worte und forderte die Aufnahme-Begrenzung von Flüchtlingen. „Das muss die große Politik jetzt endlich kapieren. Wir können nicht die ganze Welt hier aufnehmen und versorgen“, betonte er. Es sei niemandem geholfen, „wenn es chaotische Zustände gibt, weil es weder Wohnraum, noch Personal, noch Ehrenamtliche gibt, die das bewältigen können“.

Vogelsberger Landrat fordert Aufnahme-Begrenzung von Flüchtlingen

Bei den Kreistagsfraktionen sorgte diese Forderung der Kreisspitze für Zustimmung und Ablehnung. Auch in der Sitzung am Montag gingen die Meinungen auseinander und endeten schließlich in einer heftigen Diskussion. Sozialdemokrat Patrick Krug, der die Resolution vorstellte, machte gleich zu Beginn seiner Ansprache deutlich, dass es keinesfalls zur Frage stehe, dass Menschen, die in Not sind, geholfen werden muss. Zu einer verantwortungsvollen Politik gehöre es aber es zu sagen, was ist.

„Die Kommunen sind am Limit und teilweise auch darüber hinaus“, betonte er. Man stehe an einem Punkt, wo das System zusammenzubrechen drohe. Krug äußerte die Befürchtung, dass am Ende nicht mehr denjenigen geholfen werden könne, die tatsächlich die Hilfe brauchen, weil es der Kreis nicht mehr leisten kann. „Deswegen muss der Bund, muss das Land handeln“, betonte der Sozialdemokrat. Um ein Kollabieren des Systems zu verhindern sind laut Resolution Bundes- und Landespolitik aufgefordert, den Druck eines immer weiteren massiven Zustroms Geflüchteter von den Kommunen zu nehmen, deutlich lenkend und begrenzend in die derzeitige Situation einzugreifen und für eine europaweite Verteilung Geflüchteter Sorge zu tragen.

AfD fordert Aufnahmestopp

Die AfD ging in ihrem Alternativantrag noch einen großen Schritt weiter. Sie forderte nicht nur einen Aufnahmestopp für Flüchtlinge im Vogelsbergkreis, sondern auch die Rückführung ausreisepflichtiger Personen in ihre Herkunftsländer. „Die Belastungsgrenze der Kommunen ist erreicht“, betonte Fraktionsvorsitzender Gerhard Bärsch. Es gebe keinen Handlungsspielraum mehr ohne dadurch die Menschen vor Ort und die Leistungsfähigkeit des Landkreises zu überfordern.

AfD-Fraktionsvorsitzender Gerhard Bärsch.

Für ihn sei es mehr als naiv zu glauben, dass es der Bundesregierung gelingt, eine faire europaweite Verteilung Geflüchteter zu erreichen. „Wenn sie das ernsthaft glauben, dann glauben Sie auch noch an den Weihnachtsmann“, betonte der AfD-Fraktionsvorsitzende, ehe er exemplarisch einige Straftaten aufzählte, die in den vergangenen Monaten von Flüchtlingen begangen worden sein sollen. Damit sorgte er bei einigen Kreispolitikern für Entsetzen – „Hetzer“, rief ihm Michael Riese von der Linken/Klimaliste vom Platz aus zu und wiederholte das auch nochmal, als er später ans Rednerpult trat.

Dietmar Schnell, Fraktionsvorsitzender der Linken/Klimaliste äußerte sich ebenfalls zum Antrag der Groko. Er stimmte zu, dass Land und Bund die Kommunen besser unterstützen müssen. Er störte sich aber teilweise an der Wortwahl, die in der Resolution verwendet wurde. „Massiver Zustrom Geflüchteter“ oder „Kollabieren des Systems“ – diese „sprachlichen Entgleisungen“ vermitteln laut Schnell den Eindruck, dass Geflüchtete doch besser wo anders Zuflucht finden mögen. Für die Grünen würden diese Formulierungen „Ängste wecken“, wie Cornelia Bothe erklärte. „Jegliche ‚das Boot ist voll Rhetorik‘ ist Wasser auf den Mühlen der Rassisten und Faschisten, das sollten wir in jedem Fall vermeiden“, betonte Schnell.

Wicke: „Müssen Kante zeigen“

„Wir sind an einem Punkt, wo wir auch mal Kante zeigen müssen“, betonte Lars Wicke, Fraktionsvorsitzender der Freien Wähler. Er habe von Firmen nahe der Hessenhalle gehört, dass die Mitarbeiter um halb fünf ihren Arbeitsplatz verlassen sollen, damit diese nicht allein über den Parkplatz laufen müssen. „Das ist Realität in Alsfeld und nicht irgendwo in der Großstadt“, betonte Wicke und ergänzte: „Sicherlich will niemand von uns, dass Menschen im Mittelmeer ertrinken, aber warum kann ein Rettungsboot nicht auch zurück nach Tripolis fahren?“

Seiner Meinung nach sollte es vielmehr das Ziel sein, die Menschen in der Nähe ihrer Heimat zu versorgen. Wicke erklärte, dass die Freien Wähler eigentlich in weiten Teilen dem Antrag der AfD folgen wollten, die Begründung sei ihnen dann aber „zu scharf“ gewesen, weswegen sie sich dazu entschieden, dem Antrag doch nicht zuzustimmen. „Ich bin bitter enttäuscht von den Freien Wählern, dass sie es erwogen haben, zuzustimmen“, merkte Grünen-Chef Udo Ornik an. Es sei eine staatliche Aufgabe, hier zu helfen und zu unterstützen, „auch wenn wir darunter leiden“, betonte er.

„Ich bin einigermaßen erschüttert, über das, was hier vorgetragen wurde – sowohl von links als auch von rechts“, meldete sich schließlich auch Landrat Manfred Görig zu Wort. Die derzeitige Situation sei eine ganz andere als 2015, merkte er an und betonte, dass er seine Aussage aus der Pressemitteilung im Oktober auch „keinen Millimeter“ zurücknehme. Das System, so der Landrat, wird so nicht weiter funktionieren. „Wenn die Größenordnung so weiter geht und wir keine adäquaten Gemeinschaftsunterkünfte finden, wird es ein nächstes Container-Dorf geben müssen“, betonte er.

Seiner Meinung nach müsse man sich von diesem „Links-Rechts-Denken“ befreien und ein Problem, das auftritt, adäquat diskutieren – „doch genau das tun wir nicht“, sagte er und machte noch einmal auf den Ernst der Lage aufmerksam. „Wir müssen an dieser Stelle hart diskutieren, und zwar mit Land und Bund, dass es so nicht weitergeht.“

Mit 43 Ja- und sieben Nein-Stimmen wurde die Resolution von CDU und SPD beschlossen. Der Alternativantrag der AfD sowie die Änderungsanträge von Grüne und Linke/Klimaliste wurden abgelehnt.

4 Gedanken zu “Heftige Diskussion über aktuelle Flüchtlingssituation

  1. Die Flüchlinge gleich wo sie herkommen sind für uns doch nur billige arbeiter.Wir zerstören in den Länder ihre Lebensgrundlagen um sie als billige Arbeits kräfte an der Grenze einzufangen.

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    1. Aha. Deutschland hat also in Syrien, Somalia und der Ukraine die Länder zerstört. Richtig. Und in Afghanistan waren es auch nicht die Taliban, sondern „wir“.

      Wenn Sie „wir“ sagen finde ich es beschämend, denn Sie Herr Kalbfleisch mit Ihrem extremistischen Gedankengut zwischen ganz links und ganz rechts sind nicht „wir“. Ich bin 18 Jahre und lese hier erst seit kurzem, aber für Ihre Aussagen kann man sich wirklich nur Fremdschämen.

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    2. Wir zerstören die Länder der aktuellen Flüchtlinge? Wie kann man denn bitte so einen unfassbaren Unfug behaupten? Dies sollte nicht mehr als Meinungsfreiheit durchgehen, sondern strafrechtlich verfolgt werden.

      Vermutlich stramm rechts/AfD und Russland ist ganz toll, ne? 😉

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  2. Ich lebe sehr lange schon in Alsfeld, habe noch nie Securitys im Supermarkt gesehen in Alsfeld, aber seit kurzem sehe ich jeden Tag welche im LIDL in der Grünberger Straße, wurde auch Zeuge wie die Security eine Gruppe von 4-5 jungen Männern mit dunklen Haaren kontrolierte/abtastete beim verlassen des Geschäftes(ohne Fund).

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