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Alsfeld, Lauterbach, Homberg, Schlitz, Kirtorf und FeldatalWie sich Vogelsberger Städte und Gemeinden auf Blackouts vorbereiten

VOGELSBERG (ls). Kein Strom, kalte Heizungen – und das über längere Zeit. Während die einen Blackouts für unwahrscheinlich halten, raten wieder andere dazu, sich für den Ernstfall vorzubereiten. Genau das tun immer mehr Städte und Gemeinden. So haben sich Alsfeld, Lauterbach, Homberg, Schlitz, Kirtorf und Feldatal vorbereitet.

Nicht nur Lichter gehen aus, Heizungen bleiben kühl, aus dem Hahn kommt kein Wasser, Supermärkte müssen wegen fehlender Kühlung der Lebensmittel schließen, Tankstellen können zum Teil nicht mehr betrieben werden und auch das öffentliche Verkehrsnetz kommt zum Erliegen. Wenn der Strom über einen längeren Zeitraum ausfällt, wird es schnell unangenehm.

Doch der Gasmangel, die Lecks an der Nord-Stream-Pipeline, hohe Energiepreise und der Krieg in der Ukraine führen dazu, dass sich Städte und Gemeinden derzeit mit genau solchen Blackout-Szenarien beschäftigen und sich für den Ernstfall wappnen. Auch im Vogelsberg werden Vorbereitungen getroffen – meist schon seit einigen Monaten, wie in Feldatal.

„Ich gehe derzeit davon aus, dass ein solches Szenario nicht eintreten wird“, prognostiziert Feldatals Bürgermeister Leopold Bach. Sollte es wider Erwarten doch zu einem Blackout kommen, sieht er die Gemeinde gut vorbereitet. Schon mit Kriegsbeginn in der Ukraine beschäftige sich die Gemeinde, die gemeinsam mit Schwalmtal, Grebenau und Romrod einen Gemeindeverwaltungsverband stellt, intensiv mit den Szenarien. In erster Linie seien es die öffentliche Trinkwasserversorgung und Abwasserentsorgung, die seitens der Kommune aufrecht erhalten werden müssten.

„Um die Wasserversorgung zu gewährleisten und die Verwaltung am Laufen zu halten, haben wir uns auf den Weg gemacht, erforderliche Noteinspeisungspunkte an den Liegenschaften zu schaffen, um im Bedarfsfall mit Notstromerzeugern die Stromversorgung gewährleisten zu können“, so der Bürgermeister. Im Feldataler Rathaus soll ein Krisenstab eingerichtet werden, der von dort die gemeindeweite Hilfe organisiert und koordiniert. Innerhalb des Verwaltungsverbands habe man die „Einrichtung von dezentralen Verwaltungsstäben in den Kommunen festgelegt und eine Priorisierung der einzelnen Fachbereiche im Krisenfall vorgenommen“.

Im Ernstfall werden zum Verwaltungspersonal dann Bauhofmitarbeiter und Feuerwehrkräfte hinzugezogen – dann ist, so sagt Bach, „Leben in der Lage“ angesagt und kurzfristige Entscheidungsfreude an den Tag zu legen.

Blackout im VB: Vorbereitungen für den Ernstfall laufen

In der Kreisstadt Lauterbach greift im Ernstfall ein „Sonderschutzplan Energie“, der die Sicherstellung der kritischen Infrastrukturen wie Feuerwehren, DRK, Kläranlage, Brunnen und Stadtwerke für Strom- und Wasserversorgung vorsieht. „Diese Pläne werden ständig überarbeitet, insbesondere derzeit verstärkt vor dem Hintergrund des Ukraine-Krieges“, erklärt Bürgermeister Rainer-Hans Vollmöller. Dennoch, ein bundesweiter Gasausfall kann nach Einschätzung der Stadt nicht flächendeckend kompensiert werden.

Die lagerfähigen Brennstoffe wie Flüssiggas, Öl und Pellets wurden bereits vorausschauend aufgefüllt. Die Brennstofflager sollen zukünftig in kürzerem Intervall befüllt und somit möglichst voll gehalten werden. Auch die Notstromversorgung der Stadt werde weiter ausgebaut.

Alternative Heizmöglichkeiten werden auch in Alsfeld geprüft. Dabei, so Bürgermeister Stephan Paule auf Anfrage, handelt es sich um realistisch umsetzbare Möglichkeiten, die planerisch bis zur Heizperiode umgesetzt werden können.

Im Bereich des Brand- und Katastrophenschutzes sind derzeit keine Anschaffungen geplant, da die nötige Ausrüstung vorhanden ist. Im Zuge der Neu/- Umbaumaßnahmen werden alle Feuerwehrgerätehäuser mit einer entsprechenden Einspeisung für Notstrom versehen.

Für die Stadtwerke stehen bereits Notstromaggregate zur Verfügung, zusätzliche sollen kurzfristig angeschafft werden, um für einen 100-prozentigen Ausfall gewappnet zu sein. Die Heizung des Bürogebäudes auf der Kläranlage könne im Ernstfall mit dem hauseigenen Blockheizkraftwerk, das mit Biogas des Faulturms betrieben wird, umgestellt werden. Schon seit mehreren Jahren gebe es Pläne für mögliche Stromausfälle, die stetig bedarfsgerecht angepasst werden. Pläne für mögliche Gasmangellagen bereite die Stadt seit Mitte des Jahres vor. Innerhalb der Feuerwehr gibt es außerdem eine Arbeitsgruppe, die sich mit der Einsatzvorplanung beschäftigt.

Lieferschwierigkeiten erschweren die Planungen

Einen Vorbereitungsstab gibt es auch in Homberg, der sich seit Sommer intensiv mit der Vorbereitung beschäftigt, erklärt Bürgermeister Simke Ried. Derzeit sei die Beschaffung von Stromaggregaten für Feuerwehren, Wasserversorgung und Verwaltung im Gange. Gleiches gelte für Wärmeerzeuger, die in Sammelräumen für die Bevölkerung zum Einsatz kommen können. Auch in den Bereichen Brennstoffversorgung und Kommunikation sei man in der Vorbereitung auf einen Ernstfall. „Leider bestehen bei der Beschaffung aktuell Lieferschwierigkeiten, sodass mit Verzögerungen zu rechnen ist“, sagt Ried.

Ob ein Gas- oder Stromausfall eintritt, sei nicht abzuschätzen und liege nicht im städtischen Einflussbereich. Alles in allem wird vorsorglich der Energieverbrauch durch bekannte Maßnahmen reduziert, um einer möglichen Mangellage vorzubeugen. Zwar wird eine solche Mangellage nicht erwartet, Vorbereitungen treffe die Stadt aktuell trotzdem.

So auch in Schlitz. „Aktuell kommt der Krisenstab vierzehntägig zusammen, um die Maßnahmen in einem Krisenfall – nicht nur bezogen auf einen Strom- oder Gasausfall – abzustimmen. Entsprechende Vorbereitungen zur Sicherstellung der Stromversorgung sind bereits umgesetzt beziehungsweise. eingeleitet worden“, erklärt Bürgermeister Heiko Siemon. Seit Frühjahr werden die Pläne in Schlitz nun schon angepasst, um vorbereitet zu sein – insbesondere mit Blick auf mögliche Strom- oder Gasausfälle.

In Kirtorf sieht die Lage entspannter aus. „Kirtorf und seine Gemeinden sind nicht an das Erdgasnetz angeschlossen (wie die meisten ländlichen Gemeinden), weshalb ein Erdgasausfall ohne Bedeutung bleibt. Die Energieversorgung über Flüssiggas und Öl ist durch eigene Bevorratung gesichert. Hier gibt es also keinen kritischen Bereich“, sagt Bürgermeister Andreas Fey.

Auch ein Stromausfall über mehrere Stunden dürfte ihm zufolge ohne größerer Auswirkungen sein. Geht ein solcher Ausfall aber über mehrere Tage, dann könnte die Stadt im Extremfall an die Grenzen stoßen, weshalb leistungsstärkere Notstromaggregate angeschafft werden sollen. Eine gewisse Hilfeleistungsfähigkeit sei durch die Feuerwehr allerdings immer gegeben. Einen längeren Stromausfall hält Fey durch Deutschlands gute Vernetzung für „höchst unwahrscheinlich“.

„Ich denke wir sind im ländlichen Raum grundsätzlich auch etwas robuster aufgestellt als im städtischen Bereich. […] So ist zum Beispiel unsere Wasserversorgung durch unsere Hochbehälter auch bei Stromausfall für bis zu zwei Tage gewährleistet. Man könnte bei längerem Stromausfall dann die Pumpen der Tiefbrunnen reihum mit Notstrom laufen lassen, um die Behälter immer wieder aufzufüllen. Hier haben wir also kein Problem“, erklärt er.

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