Zeitzeuge Helmut Gläser berichtet an der Albert-Schweitzer-Schule Alsfeld über Flucht und VertreibungMit der Weihnachtskrippe auf der Flucht
ALSFELD (ol). Im Rahmen ihrer Arbeit an einer Broschüre über Flucht und Vertreibung sind die Schüler des Grundkurses Geschichte der Albert-Schweitzer-Schule in Alsfeld mit dem Zeitzeugen Helmut Gläser dessen Schulweg gewandert und haben auf diese Weise viel über Flucht und Vertreibung nach dem Zweiten Weltkrieg erfahren.
Ziel des Grundkurses unter der Leitung von Oberstudienrat Michael Rudolf ist es, eine Broschüre über die Flucht und Vertreibung nach dem Zweitem Weltkrieg zu erstellen und durch Zeitzeugenbefragungen einen Eindruck von dieser Zeit zu bekommen. Dafür haben die Schüler schon mehrere solcher Befragungen durchgeführt, heißt es in der Pressemitteilung der Albert-Schweitzer-Schule.
Die Veranstaltung mit Helmut Gläser fand im Rahmen des Projektes „Bewusst werden, wie es damals war“ statt. Der Geschichtslehrer Michael Rudolf und die Geschichtslehrerin Verena Wickles betreuen das Projekt und sind ebenfalls mitgewandert. Zudem besteht ein Kooperationsvertrag mit der Hessischen Landeszentrale für politische Bildung, deren Referatsleiterin Monika Hölscher das Projekt unterstützt.
Im Gegensatz zu den bisherigen Zeitzeugenbefragungen begann der Tag für die 20 Schüler nicht in einem Klassenraum, sondern in dem Dorf Heimertshausen, das zu der Stadt Kirtorf gehört. Zusammen mit dem Zeitzeugen Helmut Gläser wanderten die Geschichtsinteressierten den alten Schulweg des Zeitzeugens nach Zell. Angekommen in Zell, wurde auch wie damals, in den Zug eingestiegen und nach Alsfeld gefahren.
Nach der körperlichen Aktivität und der Zugfahrt gab es für alle Wanderer in der Schule ein Frühstück, welches der Bürgermeister der Stadt Kirtorf Andreas Fey mitgebracht hatte. Schulleiter Christian Bolduan zeigte sich erfreut über diese gelungene Veranstaltung, die von Helmut Gläser organisiert wurde.
Holzkiste bei damaliger Flucht
Helmut Gläser betonte nach der Stärkung, dass er diesen Weg nach Zell und die anschließende Zugfahrt jeden Schultag absolvieren musste. Die Wetterverhältnisse spielten keine Rolle, auch bei Regen und Schnee lief er nach Zell.
Geboren wurde der Zeitzeuge im Jahr 1937. Nach dem Beschluss des Potsdamers Abkommens im Jahr 1945 musste er seine Geburtsstadt Lichtenstadt (heutiges Tschechien) verlassen. Ihm und seiner Familie war es nur erlaubt, eine Holztruhe mitzunehmen, die nicht mehr als 40 Kilogramm wiegen durfte.
„Deshalb wurden mehrere Hosen und Jacken übereinander angezogen, denn das, was man an seinem Körper trug, wurde nicht mitgezählt“, berichtete Helmut Gläser. Diese Truhe hat er noch heute als Andenken. Vor der Reise wurden die Holzkisten kontrolliert. Bei einem der vielen Fotos, die Helmut Gläser mitbrachte, sah man in einer Ecke eine Weihnachtskrippe stehen, die damals in dieser Truhe mitgenommen wurde.
Flächen für Ackerbau
Schließlich kam er mit seiner siebenköpfigen Familie und einer weiteren vierköpfigen Familie am 12. Juli 1946 nach einer langen Reise in Heimertshausen an. Beide Familien wurden zusammen auf engstem Raum in einem Bauernhaus einquartiert. Von der Gemeinde bekamen die Vertriebenen Flächen zur Verfügung gestellt, auf denen sie Ackerbau betreiben konnten, heißt es weiter. Beispielsweise wurden Kartoffeln angebaut. In dem Jahr 1986 besuchte Helmut Gläser das erste Mal wieder seinen Heimatort Lichtenstadt.
Zum Abschluss dieses Tages wanderten die Schüler sowie alle Beteiligten zurück zu dem Ausgangspunkt Heimertshausen, wo im Dorfgemeinschaftshaus Getränke bereitgestellt wurden. Die Zugtickets und die Getränke wurden von dem Förderverein der Alber-Schweitzer-Schule übernommen. Vom Förderverein nahm Dieter Welker an der Veranstaltung teil.
Auch der Bürgermeister der Stadt Alsfeld sicherte einen Zuschuss zu, der für die nächsten Veranstaltungen genutzt werden kann. Für alle war es ein ereignisreicher und interessanter Tag, an dem die Schüler mehr über die Geschichte der Flucht und Vertreibung erfahren haben.
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