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Gemünden verabschiedet sich von Bürgermeister Lothar BottEin großer Kommunalpolitiker verlässt die Bühne

GEMÜNDEN (ls). Es war ein Abend geprägt von herzhaften Lachern, aber auch von Wehmut und sicherlich dem ein oder anderen weinendem Auge, als Bürgermeister Lothar Bott nach 18 Jahren die Bühne verließ und sich von seinem Gemünden offiziell verabschiedete.

Die einen attestierten ihm Sparsamkeit, die anderen Verhandlungsstärke und Geduld und wieder andere beschrieben Lothar Bott als innovativen Vordenker. Alle aber attestierten dem Gemündener Bürgermeister vor allem drei Dinge: Bürgernähe, Ruhe und Humor. Kein Wunder also, dass der Abend, an dem Bott offiziell aus seinem Amt verabschiedet wurde, von schallendem Gelächter durchzogen war, wenn auch in der ein oder anderen Rede hörbar Wehmut mitschwang.

18 Jahre lang war Lothar Bott Bürgermeister von Gemünden, in diesem Jahr endet seine Zeit im Rathaus. Bereits im vergangenen Jahr teilte der 58-Jährige mit, dass er nicht erneut amtieren wird. 2004 wurde Bott mit 50,60 Prozent gewählt und setzte sich damit als „Ortsfremder“, wie es Karl Pitzer später ins einer Laudatio formulieren sollte, gegen drei weitere Kandidaten durch.

Zu Beginn der feierlichen Amtsverabschiedung und Amtseinführung erinnerte der Vorsitze der Gemeindevertretung Björn Stroh an die Kriegsgeschehnisse in der Ukraine und lud zur Gedenkminute ein. Alle Fotos: ls

Fast 40 Dienstjahre hat Bott insgesamt hinter sich, denn 1982 schloss er sein Studium zum Diplom-Verwaltungswirt ab. Bevor er im Chefsessel des Gemündener Rathauses Platz nahm, arbeitete er von 1993 bis 2004 als Hauptamtsleiter bei der Stadt Herbstein, seiner Heimat. An diesem Freitag endet seine Amtszeit genau dort, wo sie auf den Tag genau vor 18 Jahren startete: in der Mehrzweckhalle in Nieder-Gemünden.

„Mit Ihrem Amtsantritt ist Gemünden wieder in ruhigere Fahrtwasser gekommen“, erinnerte Björn Stroh, der Vorsitzende der Gemeindevertretung, an die Unruhen, die zu dieser Zeit in der Gemeindepolitik herrschten. Einer, der all das und die Amtszeit von Bott miterlebt hat, war Karl Pitzer, der 18 Jahre lang Vorsitzender der Gemeindevertretung war und zum Abschied von Bott nun die Laudatio übernahm.

Die komplette Amtszeit über begleitete Karl Pitzer die Ära Bott und hielt somit die Laudatio auf ihn.

„Nach 18 Jahren Amtszeit ist heute Tag des Abschieds. Abschied von einem Amt, das anstrengend, aufregend und sicher nicht immer einfach auszuüben war. Ein Amt, wo es Höhen und Tiefen gab“, erklärte Pitzer und wünschte Bott, dass er viele Erinnerungen daraus mitnehme – insbesondere an angenehme Tage.

Der Amtseinführung Botts sei eine Wahl vorausgegangen, deren Ergebnis niemand für möglich gehalten hätte. „Alle dachten es würde eine Stichwahl geben“, erinnerte sich Pitzer. Immerhin habe es vier Kandidaten gegeben und lediglich Bott sei nicht von einer Partei oder Wählergemeinschaft vorgeschlagen worden. „Und trotzdem: Gewonnen haben Sie, jemand der von außen kam und das auf Anhieb“, sagte er. Zu denen, die daran nicht geglaubt hätten, habe Bott selbst gehört. Direkt am ersten Tag im neuen Amt sei er mit den „berühmten Gemündener Ereignissen“ konfrontiert worden und musste ins Gericht.

Im Laufe seiner Zeit als Rathauschef sei Bott immer bemüht gewesen, Zuschüsse für Investitionen zu generieren und habe sich dabei immer optimistisch gezeigt. Geld und Finanzen hätten immer eine große Rolle gespielt für Bott, dadurch habe er, der „Hüter der Gemeindekasse“, wie Pitzer ihn scherzhaft nannte, die Schulden der Gemeinde abbauen können. Zeitgleich habe er sich aktiv und erfolgreich für viele Themen eingesetzt, habe vieles angestoßen.

Musikalisch umrahmt wurde der Abend durch den Posaunenchor Schwarz.

Mit der Lärmschutzwand zur A5, dem Lärmschutz zur A49, dem Ausbau der Radwege, der Dorferneuerung, der Sanierung der Kindertagesstätte und der Modernisierung des Rathauses nannte er nur eine wenige Beispiele, die sich in 18 Jahren ansammelten – die ganze Infrastruktur wie Straßensanierungen nicht zu vergessen. Geschuldet sei das auch seinem starken Verhandlungsgeschick.

„Sie waren ursprünglich ein Ortsfremder, aber haben sich sehr schnell eingelebt und ehrenamtlichen engagiert“, sagte Pitzer. Das habe mitunter dazu beigetragen, dass auch die Zusammenarbeit unter den Fraktionen immer besser lief. „Obwohl Sie auch weiterhin politisch aktiv bleiben werden, beginnt nun für Sie ein neuer Lebensabschnitt. Und jeder Abschnitt ist eine gute Gelegenheit etwas Neues zu machen“, erklärte Pitzer und gab Bott getreu dem bekannten Spruch mit auf dem Weg, nicht zu weinen weil es vorüber ist, sondern zu lächeln, weil es schön war.

Einen Tipp an den neuen Bürgermeister Daniel Müller hatte Pitzer auch – und bediente sich dabei den Worten, die Bott in seinen Anfängen nach einem Jahr im Amt wählte: „‚Man kann gestalten, das ist das Faszinierende‘. Ich hoffe Sie sagen nach einem Jahr das gleiche.“

Björn Stroh gemeinsam mit Karl Pitzer und dem scheidenden Bürgermeister Lothar Bott in der Mitte. An diesem Freitag endete Botts Amtszeit als Bürgermeister.

Bott: „Eine Gemeinde zu entwickeln braucht Zeit“

Dass viele Projekte auf den Weg gebracht werden konnten, das betonte auch Bott in seiner Rede. All das sei aber nur durch die Unterstützung der Mitarbeiter gelungen. „Ich bin froh und stolz, dass wir die Gemeinde so weiterentwickeln konnten“, sagte er. Mit Müller gebe es einen fließenden Übergang, versicherte er.

18 Jahre seien für eine Gemeinde wie Gemünden sehr lang. „Meine Amtszeit war bisher die längste in der Gemeinde“, sagte er. Sein Nachfolger soll es als Maxime nehmen. „Eine Gemeinde zu entwickeln baucht Zeit, das geht nicht von heute auf morgen“, sagte er.

Zuerst legte Daniel Müller den Amtseid ab.

Und während Bott verabschiedet wurde, wurde Daniel Müller als künftiger Bürgermeister offiziell ins Amt eingeführt und vereidigt. Am 26. September 2021 wurde er mit 75,79 Prozent zum neuen Bürgermeister von Gemünden gewählt. „Ein beeindruckendes Ergebnis, das Respekt und Anerkennung verdient hat“, sagte Stroh vor der Vereidigung. Wie schon sein Vorgänger Bott, sei auch Müller nicht gebürtig aus Gemünden, sondern erst neu in der Gemeinde. „Da soll nochmal jemand sagen, dass die Gemündener nichts Neues wagen wollen“, witzelte Stroh. Und auch wie Bott komme Müller ebenfalls aus der Verwaltung und bringe entsprechendes verwaltungstechnisches Fachwissen mit.

Laut Wikipedia werde das Amt des Bürgermeisters als „Chef der Verwaltung“ definiert. Müller bringe das Fachwissen mit. „Aber reicht das? Meiner Ansicht nach nicht. Ein Bürgermeister muss Verwaltung können, aber gleichzeitig ideenreich und flexibel reagieren sowie Gestaltungsmöglichkeiten finden und die Bürger mitnehmen und motivieren können“, erklärte Stroh. Auch diese Fähigkeiten bringe Müller mit: Neben dem fachlichen Wissen bringe er auch Menschlichkeit und Bürgernähe mit, sagte Stroh vor der Vereidigung.

„Ich hätte nie gedacht, dass ein Krieg vor der eigenen Haustür ein Thema meiner Antrittsrede sein könnte“, sagte Müller und erinnerte sich zurück an den Wahlabend im September. Das beste Mittel, um solche Kriege zu verhindern, sei die gelebte Demokratie – und diese lebe auch hier vor Ort. „Ich werde mich mit all meiner Kraft dafür einsetzen“, sagte Müller. Gelebte Demokratie heiße für ihn auch Kommunikation und sachliche Diskussionen mit den Gremien und den Bürgern.

Danach verlas Bott als amtierender Rathauschef die Ernennungsurkunde und händigte diese aus.

Seiner Aufgaben als Bürgermeister sei er sich bewusst und er wolle sie mit Überzeugung umsetzen. „Ich werde alles geben, um Sie nicht zu enttäuschen. Lassen Sie uns unsere Gemeinde gemeinsam zukunftsfähig gestalten“, sagte er an die Bürger gewandt.

Grußworte Abschiedsgeschenke und Willkommensgrüße

Auch die Fraktionsvorsitzenden von BGG, Tobias Reitz, UBL, Klaus Dieter Jensen und von SPD, Lukas Becker, erinnerten mit Anekdoten an die Amtszeit Botts, überreichten Abschiedsgeschenke und begrüßten Müller im neuen Amt. Im Namen der Ortsvorsteher sprach Werner Lutz aus Hainbach und erinnerte daran, dass er nicht nur einmal um 50 Euro mit Bott habe streiten müssen. „Zurückblickend muss ich sagen, dass wir in den 18 Jahren viel erreicht haben und möchte mich für die immerwährende freundschaftliche Zusammenarbeit bedanken“, sagte Lutz.

Nach 18 Jahren an der Spitze von Gemünden war es wenig verwunderlich, dass viele Weggefährten einige Worte und Erinnerungen an Lothar Bott richteten und unter den Zuschauern einige Gesichter aus der Vogelsberger Politik und Bürgermeister-Kollegen aus dem ganzen Kreis waren – neben CDU-Landtagsageordneter Michael Ruhl und Landrat Manfred Görig unter anderem auch Harald Semler, der Geschäftsführer des Hessischen Städte- und Gemeindebundes.

Landrat Manfred Görig bei seiner Rede an Bott. „Sie haben alle Herausforderungen mit Bravour gemeistert“, erklärte Görig und erinnerte an die Schicksalsnachricht in 2019, als Bott schwer erkrankte. Dass er zurückgekommen sei, zeige die Stärke seines Charakter, erklärte Görig.
Klaus Dieter Jensen von der UBL war einer derjenigen, die 18 Jahre mit Lothar Bott gekämpft hätten – und auch gegen ihn, im wahrsten Sinne des Wortes. 2004 war er einer der Bewerber, die gegen Bott unterlagen. Daran erinnerte er in seiner Rede. „Sie waren als Bürgermeister den Menschen zugewandt“, sagte er.
Von Hainbachs Ortsvorsteher Werner Lutz gab es noch einen Wappenteller von Hainbach als Erinnerung an die gemeinsame Zeit.
Auch von der Freiwilligen Feuerwehr der Gemeinde gab es Abschiedsworte an den scheidenden Bürgermeister. Hier: Gemeindebrandinspektor Tobias Tomaschewski.
Tobias Reitz von der BGG sprach bei seinen Worten an Daniel Müller von einem Generationenwechsel in der Verwaltung.

Einen besonderen Dank gab es allerdings von Feldatals Bürgermeister Leopold Bach, für den der Abend in vielerlei Hinsicht besonders war, wie er beschrieb. Nicht nur dass er mit der Amtseinführung Müllers als jüngster Bürgermeister im Kreis abgelöst wurde, übernahm er von Bott den Vorsitz als Vorsitzender der Kreisbürgermeistervereinigung und sprach das erste Mal in Botts Nachfolge.

Als junger Bürgermeister habe Bott ihm nicht nur viel Vertrauen geschenkt, sondern ihm viel gezeigt. „Auf einer Veranstaltung hat er gesagt ‚Setz dich hier hin, ich zeige dir, wie man am Ende der erste am Buffet ist'“, erinnerte sich Bach an einen der ersten Zusammenkünfte zurück und lud Müller ein, ihm genau das auch zu zeigen. „Heute Abend geht ein großer Kommunalpolitiker von der Bühne, mit Daniel Müller steht der nächste bereit.“

Weitere Eindrücke des Abends

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