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Stadtpolitik lässt Möglichkeit von PV-Anlagen auf Parkplätzen prüfenHeinz: „Keiner muss Angst vor einer versteckten Wirtschaftsförderung haben“

ALSFELD (ls). Schon im letzten Stadtparlament standen sie im Mittelpunkt der Diskussionen, in dieser Sitzung ging es erneut um Photovoltaik-Anlagen – dieses Mal allerdings auf Parkplätzen in der Stadt, nicht auf den Dächern. Doch das zog Diskussionen, Befürchtungen um eine „versteckte Wirtschaftsförderung“ und SPD-Enthaltungen nach sich.

In Alsfeld gibt es viele Parkplätze – und wenn es nach der Alsfelder Stadtpolitik geht, dann sollen genau diese Flächen künftig zur Erzeugung erneuerbarer Energie genutzt werden. Das nämlich sah ein Koalitions-Antrag vor, der den Magistrat beauftragt, dieses Vorhaben zu prüfen. „Vorstellbar ist zum Beispiel die Errichtung von nachführbaren Mastanlagen oder unterfahrbaren Solardächern“, heißt es in dem Antrag. Neben der Erzeugung von Strom würden so gleichzeitig Schattenplätze geschaffen und eine übermäßige Erwärmung des Asphaltbodens reduziert.

Zunächst soll, so sieht es der Antrag vor, geprüft werden, welche städtischen und privaten Flächen geeignet sind, welche Art der Anlagen jeweils sinnvoll seien, ob es Fördermöglichkeiten gibt, ob eine Netzanbindung möglich ist, ebenso wie die Möglichkeit der Speicherung und Einspeisung in bestehende und neue E-Ladesäulen. Auch die Möglichkeit des Eigenverbrauchs mittels Durchleitung beziehungsweise städtischer Stromleitung zu Verbrauchsstellen soll laut Antrag geprüft werden.

Ebenso die Errichtung und der Betrieb über einen möglichen neuen Betriebsteil „Energie und Wärme“ bei den Stadtwerken Alsfeld, der Stadt Alsfeld oder der Verpachtung der Fläche soll dabei geprüft und die Ergebnisse dem Ausschuss vorgestellt werden.

Dass der Antrag allerdings auch private Parkflächen vorsah, sorgte bereits im Ausschuss für gegensätzliche Meinungen: Während die SPD dagegen war und sich bei der Beschlussempfehlung mit zwei Stimmen enthielt, war die ALA dafür, denn mit Blick auf Neubauten sei das durchaus sinnvoll. So könne man im Vorhinein zur Auflage machen, Parkflächen verpflichtend mit PV-Anlagen zu überbauen.

„Es handelt sich hier erst einmal um einen Prüfantrag, wir beschließen keine endgültige Handlungsanweisung. Deshalb würden wir das Thema gerne ganzheitlich betrachten, nehmen wir die privaten Parkflächen raus, ist es nicht mehr ganzheitlich“, erläuterte CDU-Fraktionschef Alexander Heinz schon am Dienstagabend – und wiederholte seine Worte auch vor dem Stadtparlament.

Es gehe nicht darum, ein Förderprogramm aufzustellen, es gehe darum Interesse zu wecken, Anreize zu schaffen und darum, dass die Stadt mit einem guten Beispiel vorangehe, um private-gewerbliche Flächen zu animieren. Amazon in Bad Hersfeld mache es vor: Die Parkflächen seien überdacht mit PV-Anlagen, deren Strom direkt dort wieder genutzt werde.

Quehl: SPD will „versteckte Wirtschaftsförderung“ verhindern

Das Wort „privat“ solle genauer definiert werden, erklärte SPD-Fraktionschef Achim Quehl. „Sind damit auch private Parkflächen vor der Haustür gemeint? Dann kommen wir zu einem großen Rahmen und einer einheitlichen Geschichte“, meinte er. Die Sozialdemokraten würden dabei bleiben, dass sie „privat“ streichen wollen; einen Änderungsantrag hatten sie allerdings nicht mitgebracht, denn man wisse, dass dieser durch die Mehrheit der Koalition ohnehin abgelehnt werden würde. „Wir möchten verhindern, dass es hier zu einer indirekten Wirtschaftsförderung kommt“, erklärte Quehl. Bei der Ovag könne man eben diese Prüfung auch bekommen, sie koste 90 bis 130 Euro. Wer eine PV-Anlage auf dem Dach oder über dem Parkplatz haben wolle, der könne das Geld investieren.

„Durch den Krieg in der Ukraine und der Abhängigkeit der russischen Gaslieferungen ist und allen klar geworden, dass wir zur elektrischen Energieversorgung kommen müssen“, führte ALA-Stadtverordneter Konrad Rüssel aus und machte wie schon im Ausschuss deutlich, dass die Fraktion kein Problem damit habe, dass auch private-gewerbliche Parkflächen geprüft werden – ganz im Gegenteil: Man brauche sie sogar. Schon jetzt habe die Stadt einen jährlichen Verbrauch von 70.000 Megawattstunden (MWh), künftig müsse der Verbrauch wohl auf etwa 100.000 bis 140.000 MWh gesteigert werden.

Gehe man vom günstigsten Fall – also den 100.000 MWh aus – dann dürfe man nicht vergessen, dass nur die Hälfte davon aus regenerativen Energien erzeugt wird. 50.000 MWh müssten also künftig noch zusätzlich erzeugt werden. Das Parkdeck am Schnepfenhain biete eine Fläche von 500 Quadratmetern, der Parkplatz in der Marburger Straße 1.500 Quadratmeter, der in der Schellengasse 3.000 und der am Schwimmbad 5.000 Quadratmeter.

„Zusammen sind das 10.000 Quadratmeter Fläche, die uns bei unserer Breitenlage etwa 1.000 Kwp und 800 MWh Strom im Jahr bringt“, rechnete Rüssel exemplarisch vor. Vergleiche man das mit dem erforderlichen Zubau sei das eine Größenordnung von 1,2 Prozent, die die Flächen zutragen würden, was wiederum heiße: Man brauche dringend Flächen für die Erzeugung der Energie.

„Das ist kein Grund das abzulehnen, es soll nur zeigen: Es ist noch viel zu tun und das hier ist nur ein kleiner, sehr kleiner Schritt“, führte Rüssel aus. UWA-Stadtverordneter Achim Spychalski-Merle stellte es deutlicher heraus: Die Ausführungen Rüssels seien ein Grund, warum auch die privaten-gewerblichen Flächen mit in den Prüfantrag einbezogen werden sollen, immerhin sei es nur eine Prüfung und von Förderprogrammen stehe nichts im Antragstext. „Deshalb verstehe ich die Weigerung der SPD nicht“, sagte Spychalski-Merle.

Auch die SPD wolle viele Flächen mit PV-Anlagen, aber nicht in dieser „Art und Weise, nicht mit einer versteckten Wirtschaftsförderung“, verdeutlichte Quehl nochmals. „Wir brauchen Flächen, und zwar jede menge Flächen, und dazu gehört, das werden wir ja hoffentlich bald sehen, dass die Solarpflicht ohnehin zur Pflicht wird“, bekräftigte ALA-Chef Michael Riese. Da müssten auch Flächen von neuen Firmenansiedlungen im IG Weißer Weg thematisiert werden, aber auch die Frage, ob die Stadtwerke möglicherweise als Energieversorger auftrete, müsse künftig forciert werden.

Alexander Heinz bestätigte abschließend nochmal, dass hier ein Prozess moderiert werden soll, um auch private-gewerbliche Flächen dafür zu gewinnen. „Keiner muss Angst vor einer ‚versteckten Wirtschaftsförderung‘ haben. Hier geht es darum, erneuerbare Energien in Alsfeld aufzubauen“, sagte er. Mit sieben Enthaltungen der SPD wurde der Koalitions-Antrag einstimmig angenommen.

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