Gesellschaft0

Friedenskundgebungen zum Krieg in der Ukraine in Lauterbach und Alsfeld„Einen gerechten Krieg gibt es nicht“

ALSFELD (ls). Der Einmarsch der russischen Armee in die Ukraine sorgt für Angst und Fassungslosigkeit. Rund 500 Vogelsberger zeigten bei Friedenskundgebungen in Alsfeld und Lauterbach Solidarität mit der Ukraine und einer Bevölkerung, die gerade um ihr Leben und Freiheit bangen muss.

Schon am Sonntag zog es einige Vogelsberger auf den Lauterbacher Marktplatz, um Solidarität mit der ukrainischen Bevölkerung zu zeigen, sich für den Frieden stark zu machen und den sofortigen Rückzug der russischen Truppen zu fordern, an diesem Montagabend solidarisierten sich nochmal rund 500 Vogelsberger – bei Friedenskundgebungen und Mahnwachen zunächst in Lauterbach, dann in Alsfeld. Eingeladen dazu hatten die Vogelsberger Kreisverbände von CDU, SPD, Grünen, FW und FDP.

„Dass wir heute noch wegen eines solchen Anlasses zusammenkommen müssen, hätte ich in Europa nicht für möglich gehalten“, erklärte SPD-Vorsitzender Patrick Krug auf dem Alsfelder Marktplatz, wo sich ab 19 Uhr rund 200 Teilnehmer versammelt hatten. Die Situation erinnere an eine Zeit, die man sonst nur aus den Geschichtsbüchern kenne. Es sei aber sehr real und konkret, dass sich die Welt in den letzten Tagen grundsätzlich geändert habe.

SPD-Vorsitzender Patrick Krug in Alsfeld. Zuvor gab es bereits eine Friedenskundgebung in Lauterbach, an der etwa 300 Menschen teilnahmen. Fotos: ls

„Auch wenn klar ist, dass wir aus Alsfeld heraus nicht die Ereignisse umkehren können und den Krieg auch nicht beenden können, dann ist es doch wichtig, dass wir hier ein starkes Signal setzen und nicht in Schockstarre verfallen“, sagte Krug. Es sei ein Signal der Hoffnung, dass sich auch im Vogelsberg so viele Menschen zusammengefunden hätten und sich für Frieden einsetzten.

Mit der Mahnwache wolle man Solidarität zeigen – mit der Ukraine und deren Bevölkerung. Solidarität zeige man aber auch mit den mutigen Demonstrierenden, die in Russland gegen ihren Machthaber auf die Straße gehen und dabei nicht nur ihre persönliche Freiheit, sondern auch ihre körperliche Unversehrtheit aufs Spiel setzen, sagte er.

Bereits um 18 Uhr versammelten sich rund 300 Teilnehmer der Mahnwache in Lauterbach. Alle Bilder aus Lauterbach: Crönlein/GBS News-Online

Vogelsberger Parteien fordern die Bundesregierung auf, die Grundwerte zu verteidigen

Abwechselnd, Absatz für Absatz, verlasen CDU-Kreisvorsitzender Jens Mischak und FW-Kreisvorsitzender Lars Wicke eine Vogelsberger Resolution zu Russlands Überfall auf die Ukraine und erinnerten auch darin daran, sich für den Frieden einzusetzen.

„Mit großer Sorge und Entsetzen verfolgen die Bürger des Vogelsbergkreis den militärischen Angriff Russlands auf die Ukraine“, verlas Mischak. Zum ersten Mal seit dem 1. September 1939, als Deutschland seinen friedlichen Nachbarn Polen überfiel und damit den schlimmsten Krieg der Menschheitsgeschichte auslöste, überfalle in Europa wieder ein Staat seinen friedlichen Nachbarn, um „einseitig und mit Gewalt die Grenzen in Europa neu zu ziehen“.

Nicht nur Vertreter der Parteien waren anwesend, sondern Bürgermeister aus dem ganzen Kreis, viele Interessierte Bürger und auch Vereine.

Russland bringe mit diesem Krieg unendliches Leid zu den Menschen in der Ukraine, gleichzeitig einen eklatanten Bruch des Völkerrechts begehen. Das Handeln Putins stehe im deutlichen Widerspruch zur Charta der Vereinten Nationen, der Schlussakte der OSZE, der Satzung des Europarates und der Europäischen Menschenrechtskonvention. 

„Die demokratischen Parteien des Vogelsbergkreises, CDU, SPD, FW, Grüne und FDP verurteilen entschieden die Aggression von Putins Russland und erklären sich in gleichem Maße solidarisch mit der Ukraine und dem ukrainischen Volk. Wir haben Respekt vor den Demonstranten innerhalb Russlands, deren mutige Demonstration und Kritik am Regime hier wahrgenommen werden und genauso Unterstützung erfahren“, verlas Wicke aus der Resolution. 

„Jeder Krieg ist Wahnsinn, aber dieser noch viel mehr“

Mit seinem Krieg gegen die Ukraine führe Putin nicht nur einen Krieg gegen ein Land, sondern einen Krieg gegen die gesamte westliche Welt und ihre Werte: Freiheit, Frieden, Selbstbestimmung und Demokratie. In der Resolution fordern die Parteien die Bundesregierung auf, „diese Werte zu verteidigen, dem Aggressor entschieden entgegen zu treten, ein Ausweiten des Konfliktes zu verhindern und die russischen Machthaber zum Einstellen der Kampfhandlungen zu bewegen“. 

Der Verein „Alsfeld erfüllt Herzenswünsche“ ließ am Ende der Kundgebung weiße Luftballons in die Luft steigen.

Gleichzeitig fordern sie die Machthaber Russlands auf, die kriegerischen Handlungen sofort einzustellen und ihre Truppen von ukrainischem Staatsgebiet zurück zu ziehen. „Nur der bedingungslose Rückzug der russischen Truppen kann Grundlage dafür sein, dass wieder an einer diplomatischen Lösung gearbeitet wird, welche die Grundlage für einen dauerhaften Frieden in Osteuropa ist„, hieß es außerdem.

„Diese Aktion begrüßen wir als AfD-Kreisverband sowie als AfD-Kreistagsfraktion ausdrücklich“, betonte Kreissprecher und Fraktionsvorsitzender Gerhard Bärsch in einer Pressemitteilung. „Wir hätten uns auch an der Aktion beteiligt, wenn man mit uns gesprochen hätte. Leider haben wir von den Mahnwachen erst aus der Zeitung erfahren. Das Zeichen ist dennoch richtig und wichtig.“

Als Kreisverband und Kreistagsfraktion verurteile man den „völkerrechtswidrigen Angriffskrieg des russischen Machthabers Vladimir Putin auf die Ukraine“. Auch die AfD fordere die sofortige Einstellung aller Kampfhandlungen russischer Streitkräfte, Kriegsflüchtlingen müsse schnell und unbürokratisch geholfen werden, auch hier bei uns im Vogelsbergkreis.

Gerechtigkeit und Recht verteidigen, für Frieden einstehen

Auch Pfarrer Peter Remy zeigte sich erschrocken über den Angriffskrieg des russischen Präsidenten gegen die Ukraine. Für die Generationen, die nach dem Zweiten Weltkrieg geboren seien, sei sei das der erste Krieg in Europa, den sie miterleben – „und wir fangen gerade erst an, überhaupt zu spüren und zu ahnen was es bedeutet, wenn der Krieg näher rückt. Wie es ist, wenn der Krieg einen wirklich auf den Leib rückt“. Und selbst das könne man sich hier vermutlich nur schwer vorstellen, während es für die Menschen in der Ukraine bereits ein unvorstellbares Grauen sei.

Wunderkerzen für den Frieden.

Auch wenn man in vergangenen Zeiten im Christentum noch von gerechten Kriegen gesprochen habe, erinnerte Remy daran, dass Krieg nie gerecht sei. „Krieg bringt Verderben“, erklärte er mit Bezug auf den NS-Widerstandskämpfer Dietrich Bonhoeffer. Aber, so sagte es Remy auch, müsse Gerechtigkeit und Recht – vor allem Völkerrecht – verteidigt werden, was oft nicht allein mit guten Worten gehe. „Das ist leider so“, sagte der Pfarrer, ehe er gemeinsam mit Josef Lichter von der katholischen Kolpingfamilie die Fürbitten verlas, in denen zum Glockengeläut für die Menschen in der Ukraine gebetet wurde.

„Wir beten hier auch für den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj, der mitten in der Last, die ihm und seinem Volk auferlegt wird, trotzdem Menschlichkeit zeigt und nicht die schreckliche Fratze des Hasses und dessen Mut und Menschlichkeit uns demütig werden lassen“, sagte Remy. Aber man bete auch für sich selbst, dass man nicht gleichgültig und abgestumpft werde, „dass wir für den Frieden in der Welt einstehen und aufstehen – auch wenn es uns einmal mehr kosten wird als ein Stück unseres Wohlstandes“.

Weitere Eindrücke aus Alsfeld und Lauterbach

Schreibe einen Kommentar

Bitte logge Dich ein, um als registrierter Leser zu kommentieren.

Einloggen Anonym kommentieren