Corona und Quarantäne: Ein ErfahrungsberichtMeine Woche mit dem Virus
ALSFELD. Positiv ins neue Jahr starten. Das war so der einzige Vorsatz, den ich hatte. Positiv im Sinne von, nicht immer gleich aufregen, nicht immer gleich alles schlecht sehen. Im Februar war auch zumindest eine Sache positiv: mein Corona-Test. Wie ich die Woche mit dem Virus erlebt habe. Von OL-Redakteurin Alina Roth.
Dass ich mich mit dem Coronavirus infiziert habe, kam für mich nicht überraschend. Es war nur eine Frage der Zeit. Als mein Freund am Donnerstagabend nach ein paar Tagen von der Montage wiederkam, war er verschnupft. Er machte einen Schnelltest, ehe nur wenige Sekunden später zwei Striche zu sehen waren. Der zweite Strich war auch nicht blass, sondern kräftig rot. Ich musste lachen. Die ganze Pandemiezeit über habe ich nämlich immer wieder gedacht: Wenn es einer von uns anschleppt, dann mit Sicherheit er. Jetzt war genau das also der Fall.
Wäre der Schnelltest vor einigen Monaten positiv ausgefallen, wäre ich vermutlich panisch geworden. Doch ich blieb für meine Verhältnisse ziemlich ruhig, was mitunter auch daran lag, dass wir beide geboostert sind und ich deshalb die Hoffnung hatte, dass es ein milder Verlauf sein wird. Und das war es auch, zum Glück.
Mein Freund machte direkt für uns einen Termin für einen Schnelltest beim DRK für Freitagmorgen. Immerhin hätte es ja durchaus seien können, dass der Test ein falsches Ergebnis geliefert und mein Freund sich doch einfach nur eine Erkältung eingefangen hatte. Das hat sich zumindest ein kleiner Teil von mir gewünscht, auch wenn ich wusste, dass das in dieser Zeit doch ziemlich unwahrscheinlich sein würde.
Während er sich ins Bett legte, blieb ich dann doch lieber auf dem Sofa und sagte an der Arbeit Bescheid, dass ich von Zuhause aus arbeiten werde. Sicher ist sicher. Ich machte mir Gedanken, wie ich mich am besten von ihm fernhalten könnte. Zieht einer ins Schlafzimmer, der andere ins Wohnzimmer? Oder sollte das eh nichts bringen? Etwas planlos legte ich mich schlafen.
Am nächsten Morgen machten wir uns dann auf den Weg zum Testzentrum. In getrennten Autos. Mein Freund bekam direkt einen PCR-Test, ich einen Schnelltest, der zum Glück negativ ausfiel. Das Ergebnis des PCR-Tests sollte Anfang der nächsten Woche kommen. Keiner von uns verließ mehr das Haus. Mein Schnelltest war auch am Samstag noch negativ. Mir ging es gut, auch wenn ich irgendwie das Gefühl hatte, mein Kopf würde unter einer Guillotine liegen, die jeden Moment zuschlagen könnte, um es ziemlich überspitzt auszudrücken.
Für mich war es irgendwie klar, dass ich mich trotz Abstandhalten anstecken werde. Ich wusste eben nur nicht genau, wann es mich erwischen wird. Dauert es zwei Tage? Drei oder vier? Am Sonntag fühlte ich mich dann irgendwie anders, nicht krank, aber irgendwie anders. Ich machte also am späten Nachmittag daheim noch einen Schnelltest. Da waren sie dann: Zwei Striche. Klar und deutlich. Die Guillotine war gefallen. Ich fühlte mich irgendwie auch ein Stück weit erleichtert. Endlich war das passiert, wovor ich mich monatelang gefürchtet hatte.
Meinen PCR-Test bekam ich dann direkt am Montag. Es dauere mindestens 72 Stunden, bis das Ergebnis da sei, denn die Labore seien überlastet, erklärte mir die freundliche Mitarbeiterin im Testzentrum. Bei den hohen Zahlen nicht verwunderlich. Das Ergebnis meines Freundes trudelte schließlich am Dienstag ein. Positiv. Es war der fünfte Tag der Quarantäne. Ihm ging es gut, Gliederschmerzen, Schnupfen, Husten, das hatte er größtenteils bereits hinter sich gelassen.
Die Symptome fingen an
Dafür ging es bei mir dann los. Am Montag merkte ich schon, dass ich mich etwas ausgelaugt fühle, meine Nase zu war, ich Glieder- und Kopfschmerzen und Fieber hatte. Es war irgendwie seltsam, krank zu sein. Zuletzt war ich das nämlich im November 2018. Ich erinnere mich, dass ich damals so heftigen Husten hatte, dass ich Cortison-Spray nehmen musste. Davor hatte ich auch jetzt irgendwie etwas Angst. Aber davon blieb ich zum Glück verschont.
Schon am Dienstag waren die Gliederschmerzen weg und auch das Fieber gesunken. Die verstopfte Nase machte mir zu schaffen, besonders nachts. Gefühlt jede halbe Stunde wurde ich wach und musste etwas trinken, weil mein Mund von innen der Sahara glich. Entsprechend müde war ich auch tagsüber. Ich lenkte mich aber dennoch mit Arbeit ab. Dieses zuhause einfach nur rumsitzen hätte mich sonst wahnsinnig gemacht. So hatte ich schließlich schon das ganze Wochenende verbracht: Die zwei Staffeln der Netflix-Serie „Emily in Paris“ durchgeguckt, während mein Freund bei GTA einen Gangster-Boss spielte und das Pistolen-Geballer sich mit seinem Husten battelte.
Wenn der Ketchup plötzlich chemisch riecht
Tag für Tag ging es mir immer etwas besser. Wenn meine Nase zwischendurch mal frei war, konnte ich sogar wieder ein wenig schmecken. Dafür war mein Geruchssinn irgendwie auf Abwegen. Als wir an einem Abend Pommes zum Abendessen hatten – Ketchup durfte natürlich nicht fehlen – merkte ich beim Essen, dass der Ketchup irgendwie etwas komisch roch.
Viel riechen und schmecken konnte ich eh nicht, also aß ich ganz normal weiter. Mein Freund allerdings konnte nicht normal weiter essen. Er fing an zu würgen und schaute mich schockiert an, wie ich das denn essen könne, der Ketchup sei total ranzig. Gut, dass ich schon gefühlt fünf Kilo Ketchup in mich reingeschaufelt hatte.
Die Freundin meines Stiefvaters brachte mir dann am nächsten Tag neuen Ketchup mit. Etwas, das ich immer im Haus haben muss: Ketchup. Ich zog die weiße Schutzfolie ab und plötzlich stieg mir ein abartig beißender Geruch in die Nase. Es hat sich ungefähr so angefühlt, als wenn man als Kind ins Schwimmbadbecken gesprungen ist und Wasser in die Nase bekommen hat. Jetzt musste ich würgen. War der Ketchup etwa auch schlecht? Mein Freund roch auch dran und fing an zu husten. Das kann doch nicht sein, dache ich mir.
Ich griff zum Handy und fragte meinen Freund Google, denn irgendwie hatte ich dann die Vermutung, dass es vielleicht mit Corona zu tun haben könnte. Ich stieß auf einen Artikel, in dem jemand von einer veränderten Geruchswahrnehmung berichtete. Auch er sprach unter anderem von einem chemischen, abstoßenden Geruch – und zwar bei Essig. Sein Kaffee habe nach verfaulten Kirschen und salzigem Fisch gerochen.
Das war zum Glück bei mir nicht der Fall, denn das wäre mein Untergang gewesen. Ich machte mich auf eine Schnupper-Mission an meinen Kühlschrank und roch an allem, was drin war. Und tatsächlich: Überall, wo (viel) Essig drin war, kam mir dieser beißende Geruch entgegen. Ketchup, Miracel Whip, Salsa-Soße und der Endgegner in Sachen Naseverätzen: die Essiggurken.
Am Donnerstagabend trudelte dann auch das Ergebnis meines PCR-Tests ein. Trommelwirbel: Er war positiv. Was meine Symptome anging, ging es mir immer besser. Ich fühlte mich zwar noch etwas schlapp, meine Nase war verrotzt und mein Hals kratzte leicht, aber ich hatte kein Fieber und keine Gliederschmerzen. Und vom Husten fehlte zum Glück auch jede Spur – was man bei meinem Freund nicht behaupten konnte. Er keuchte sich nämlich einen ab.
Netflix, Netflix und noch mehr Netflix
Auch das nächste Wochenende verbrachte ich damit, auf der Couch zu liegen und auf meinem Tablet irgendwelche Netflix-Serien und Filme zu gucken – beziehungsweise, die meiste Zeit verbrachte ich eigentlich mit der Suche nach geeigneten Serien und Filmen. Bei der wenigen Bewegung hätte es mich nicht gewundert, wenn meine Apple-Watch nach einem Lebenszeichen von mir gefragt hätte. Dieses „Nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit zum Durchatmen“, das sonst regelmäßig auf meiner Uhr aufploppt, kam jedenfalls so gut wie nie, oder ich habe es einfach nur nicht wahrgenommen.
Am Samstag machte ich daheim dann auch mal wieder einen Schnelltest. Knapp eine Woche war vergangen, als erstmals in der Pandemiezeit zwei Striche auf der Testkassette zu sehen waren. Nun, am Samstag waren sie auch noch da, der zweite nicht mehr ganz so kräftig, sondern um einiges blasser, aber er war da. Also noch kein Freitesten am Sonntag. Mittlerweile fühlte ich mich auch wieder fit.
Meine offizielle Quarantänezeit sollte noch bis Mittwoch andauern, so stand es im Schreiben des Gesundheitsamtes. Für Dienstagabend machte ich mir also wieder einen Termin beim Testzentrum. Mein Schnelltest am Montag war zumindest negativ, auch wenn ich mir zwischendurch irgendwie einbildete, einen ganz, ganz blassen zweiten Strich zu sehen, der eigentlich mit dem bloßen Auge nicht zu erkennen war.
Als ich mich dann am Dienstagabend ins Auto setzte, um zur Teststelle zu fahren, hoffte ich einfach, dass das Ergebnis positiv für mich ausfallen würde – also im Sinne eines negativen Tests, so wie es bei meinem Freund am Sonntagabend der Fall war.
Ich hatte Herzklopfen, war tatsächlich etwas nervös, als mir der Herr das Stäbchen in die Nase führte. 15 Minuten später, ich war auch schon wieder zuhause, hatte ich es schwarz auf weiß: Negativ. Endlich. Ich war erleichtert. Doch mein paranoides Ich machte zur Sicherheit nochmal einen Schnelltest. Sicher ist sicher. Aber auch dieser war negativ. Keine zweite Linie zu erkennen – und auch der Ketchup roch nicht mehr beißend.
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