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Kritische Infrastruktur in der PandemieWie sich Polizei, Rettungsdienst und Co. vor Omikron schützen

VOGELSBERG (ls). Täglich steigende Infektionszahlen, eine Inzidenz von fast 800 und immer mehr Menschen in Quarantäne: Auch im Vogelsberg ist die Omikron-Welle spürbar. Besonders bei kritischen Infrastrukturen wie Rettungsdienst, Polizei oder Feuerwehr können zu viele kranke Mitarbeiter bedenkliche Folgen haben. Doch die Einrichtungen haben sich vorbereitet.

Tag für Tag überschlagen sich die Meldungen mit neuen Rekordfallzahlen, die Inzidenzen in Deutschland steigen in die Höhe und schon vor Wochen prognostizierte ein Blick in die Nachbarländer, was auch in Deutschland drohen könnte.

Wegen der enormen Anzahl an erwarteten Infektionen und den damit einhergehenden Quarantänen haben sich die kritischen Infrastrukturen wie Energieversorger, Polizei, Feuerwehr, Rettungsdienst aber auch die Leitstelle auf den Ernstfall vorbeireitet. Schon im Dezember – kurz nachdem die Bundesregierung dazu aufgefordert hatte – wurden Notfallpläne erstellt.

Auch wenn Holger Berens, der Vorstand des Bundesverbandes für den Schutz Kritischer Infrastrukturen (BSKI), Anfang Januar in einem Interview gegenüber dem rbb-Inforadio sagte, dass die kritischen Infrastrukturen durch die neue Welle nicht in Gefahr seien und sie nicht zusammenzubrechen drohen, würden Sorgen bleiben, welche Auswirkungen das Infektionsgeschehen auf regionaler Ebene haben werde.

„Springerdienste“ und Ausfallreserven beim Rettungsdienst

So ist beispielsweise der Rettungsdienst Mittelhessen (RDMH), der auch für viele Teile im Vogelsberg zuständig ist, in der Lage, größere Personalausfälle zu kompensieren. „Der RDMH verfügt planmäßig über Ausfallreserven oder Springerdienste im Umfang von vier bis fünf Personen je Qualifikationsprofil (Notfallsanitäter/Rettungssanitäter), die kurzfristig zum Einsatz gebracht werden können“, erklärt eine Sprecherin.

Auch würden Funktions- und Führungsdienste für zusätzliche Besetzungen zur Verfügung stehen, zu Beginn der Pandemie habe es für den Bereich der Ausbildung/Qualifizierung sogar eine Ausnahmeregelung gegeben. Die hätte es erlaubt, Auszubildende unter bestimmten Bedingungen – anders als sonst vorgesehen – einzusetzen. Aktuell ist dieser Erlass nicht aktiv. In der Vorbereitung auf die erwartete Omikron-Welle hätten deshalb der Umgang mit personellen Lücken und das Reduzieren von Personalausfällen im Vordergrund gestanden – mit der Omikron-Welle habe sich das nicht geändert.

Wöchentlich tagt beim Rettungsdienst Mittelhessen der Krisenstab, um aktuelle Fragen zu klären. Neben den Leitungskräften nehmen hierbei auch eine externe Fachkraft für Arbeitssicherheit und ein Betriebsarzt beratend teil. Auch der Betriebsrat ist eingebunden, damit notwendige Regelungen mitbestimmungskonform umgesetzt werden können, sollte das notwendig sein. „Die medizinische Leitung des RDMH ist ebenfalls regelmäßig vertreten. Durch ihre Expertise als leitende Mediziner des Zentrums für Notfallmedizin am Uniklinikum Marburg können Themenstellungen des Rettungsdienstes auch mit Blick auf die klinische Versorgung erörtert werden“, heißt es.

Zusätzlich herrscht an allen Standorten Maskenpflicht, Desinfektionsstationen wurden eingerichtet und persönliche Kontakte müssen auf das absolut notwendige Maß reduziert werden. „Auf den Rettungswachen wurden – soweit möglich – zusätzliche Aufenthaltsräume etabliert, um die Anzahl der Personen in einem Raum zu reduzieren“, heiß es weiter. Die Mitarbeitenden sind zudem gehalten, Dienstübergaben zum Schichtwechsel draußen oder in der Fahrzeughalle abzuhalten. Gemeinsames Essen in den Wachenküchen soll unterlassen werden.

An allen Standorten wurde ein internes Testkonzept etabliert, wobei ungeimpfte Mitarbeiter verpflichtet waren, vor Dienstantritt einen negativen aktuellen und zertifizierten Schnelltest vorzuweisen – bis zum 15. März müssen auch die Mitarbeiter vom Rettungsdienst ihrem Arbeitgeber einen Nachweis über eine abgeschlossene Impfung, einen Genesenennachweis, oder ein ärztliches Attest, dass sie nicht geimpft werden können, vorlegen.

Anfang Januar lag die Impfquote vom Rettungsdienst Mittelhessen bei 95 Prozent, es habe bislang „dank der guten Mitarbeit der Mitarbeitenden und dem strikten Beachten der Regeln“ außerdem kaum Ausfälle durch Infektionen oder Quarantänen gegeben.

Hessische Polizei sieht Funktionsfähigkeit gewährleistet

Auch bei der hessischen Polizei und damit beim für den Vogelsberg zuständigen Polizeipräsidium Osthessen habe es bislang wenige Beamte im Wechselschichtdienst gegeben, die sich infiziert hätten. So teilt die Pressestelle in Fulda mit, dass die Anzahl bei „hessenweit im unteren zweistelligen Bereich“ liegt. „Grundsätzlich ist die Funktionsfähigkeit der hessischen Polizei an jedem Ort und zu jedem Zeitpunkt in Hessen gewährleistet“, heißt es weiter. Das liege maßgeblich am Schichtmodell, das mit Blick auf die Omikron-Welle jederzeit angepasst werden könne.

Die Schichtmodelle stellen sicher, dass Dienstgruppen möglichst wenig Überschneidungen haben und nicht in Kontakt kommen. Darüber hinaus finden im Bereich des Tagdienstes (unter anderem Ermittlungs- und Verwaltungsdienststellen) Arbeitsmodelle wie Kohortenbildungen und Homeoffice ihre Anwendung, um ebenfalls jederzeit handlungsfähig zu bleiben und die internen Kontakte zu reduzieren.

Mögliche temporäre Personalausfälle, die durch Verdachtsfälle einer Infektion oder bestätigte Infektionsfälle verursacht werden könnten, werden somit wie in der Vergangenheit im Bedarfsfall durch Personalverschiebung innerhalb der Polizeipräsidien oder durch Zuweisung von Kräften der hessischen Bereitschaftspolizei kompensiert.

Alarmpläne und nachbarschaftliche Unterstützung bei den Vogelsberger Feuerwehren

Auch bei den ehrenamtlichen Feuerwehren hier im Vogelsbergkreis können Personalausfälle kompensiert werden – durch sogenannte Alarmpläne, wie der Kreis als zuständige Katastrophenschutzbehörde erklärt. Konkret bedeutet das: Wenn es in einer Wehr zu Personalengpässen kommt, dann können sie zusätzlich eine Ortsteilfeuerwehr hinzuziehen und im Rahmen der nachbarschaftlichen Hilfe Unterstützung anfordern. „Wöchentlich wird bei uns die Einsatzstärke der einzelnen Wehren abgefragt, um ein Gesamtbild der Einsatzstärke zu erhalten“, sagt Mückes Kreisbrandinspektor Martin Schlosser auf Anfrage. Mit Blick auf die Omikron-Welle würde die Lage öfter neu beurteilt werden, um frühzeitig reagieren zu können.

Der Ausbildungsbetrieb wurde eingestellt, bei einfacheren Einsätzen wie beispielsweise Ölspuren werden weniger Feuerwehrleute eingesetzt. „Hier muss man sagen, dass wir besonders auch unsere Einsatzkräfte sensibilisieren, sich ihrer Verantwortung bewusst zu sein und sich beispielsweise an die AHA-Regeln und Kontaktbeschränkungen zu halten. Und das tun sie auch“, sagt Schlosser.

„Kameradschaft ist wie eine Pflanze, die immer wieder gegossen werden muss“

Bisher wurde die Feuerwehr weitestgehend von coronabedingten Personalausfällen verschont, sodass es keine größeren Einschränkungen gab. 98 Prozent der Einsatzkräfte seien vollständig geimpft. Geknüpft an die Einsatzbereitschaft der Feuerwehren, ist auch die Einsatzbereitschaft der Vogelsberger Leitstelle, wobei auch dort insbesondere die Aufrechterhaltung des Personalschlüssels und die Kompensation von möglichen Personalengpässen im Vordergrund steht.

Mit Mitarbeitern aus der Rufbereitschaft, Verstärkung durch Leitstellenmitarbeiter mit sonstigen Aufgaben im Regelbetrieb, oder der Einbeziehung anderer Mitarbeiter, die Leitstellenerfahrung haben, soll das im Notfall ermöglicht werden. Auch eine Änderung des Dienstplanes oder eine Unterstützung durch ehrenamtliche Kräfte kann erforderlich werden.

Stadtwerke Lauterbach mit 100-prozentiger Impfquote

Bei den Stadtwerken Lauterbach gab es schon vor der Corona-Pandemie Hygienemaßnahmen und auch Notfallpläne, die im Zuge der Pandemie jedoch überarbeitet, angepasst und laufend ergänzt wurden. „Unsere Bedürfnisse als Betreiber kritischer Infrastrukturen im Hinblick auf eine Ausbreitung der Omikron-Variante wurden unternehmensseitig herausgearbeitet, um frühzeitig sachgerechte und besonnene Lösungen zur Aufrechterhaltung der Strom- und Wasserversorgung zu finden“, erklärt Geschäftsführerin Heike Habermehl.

Zum einen seien die Netze in der Wasser- und Stromversorgung redundant aufgebaut, damit im Falle einer Unterbrechung die Versorgung schnell wieder sichergestellt werden kann. Notstromgeneratoren und Versorgungsanhänger zur gezielten Versorgung einzelner Objekte seien vorhanden und mit einem benachbarten Energieversorger habe man eine Kooperationsvereinbarung zur gegenseitigen personellen Unterstützung abgeschlossen.

„Da, wo es möglich ist, kommt Homeoffice zum Einsatz“, erklärt Habermehl. Gleichzeitig würden alle derzeit geltenden Gesetze und Verordnung, beginnend mit der AHA+L-Regel, beschränkten Zutrittsrechten, Maskenpflicht und Abständen umgesetzt. Überwiegend sei man von der Corona-Pandemie bislang verschont geblieben, wenn es auch vereinzelt Quarantäne-Maßnahmen gegeben habe.

„In Zusammenarbeit mit unserem Betriebsarzt und dem Impfzentrum wurden frühestmöglich Impftermine für die Belegschaft organisiert. Wir können bei unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Bereich der kritischen Infrastrukturen eine Impfquote von 100 Prozent feststellen“, sagt Habermehl. Auch nehme die Quote der Booster-Impfungen stetig zu.

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