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Marco Meier von der SpVgg. Leusel und Celal Gezici vom VfL Lauterbach im GesprächFehlende Ehrenamtliche in Fußball-Vereinen, kaputte Strukturen und die Rolle des DFB

VOGELSBERG (mwn). Kein Nachwuchs und auch keine ehrenamtlichen Aktiven in Sicht: Die Corona-Pandemie hat auch den lokalen Fußball-Vereinen zugesetzt. Liegt das nur an der Pandemie oder gab es schon vorher Probleme aktive Ehrenamtliche und Nachwuchs für den Verein zu finden? Im Gespräch mit Marco Meier von der SpVgg. Leusel und Celal Gezici vom VfL Lauterbach.

Zu seinem 70. Geburtstag gab Fußball-Manager Uli Hoeneß ein Kicker-Interview und kritisierte scharf den Deutschen Fußball-Bund (DFB). Unter anderem sagte er dort, dass die Strukturen im Jugend- und im Amateurbereich kaputt seien, der DFB unfähig sei und Amateurvereine oft allein stehen gelassen werden. Dadurch fehlen den Vereinen nicht nur aktive Ehrenamtliche, die sich für den Verein einsetzen und sich dort engagieren, sondern auch Nachwuchs. Doch stimmt das wirklich? Oberhessen-live hat bei Vereinen im Vogelsberg nachgefragt.

 „Hunderttausende Mitglieder sind ausgetreten, es gibt immer weniger Ehrenamtliche. Das sind die Probleme, und der DFB hat kein Konzept, wie es weitergehen soll“, unter anderem das sagte Uli Hoeneß über den DFB und dessen Umgang mit den immer kleiner werden Mitgliederzahlen der Amateurvereine.

Für den ersten Vorsitzenden des Gruppenligisten SpVgg. Leusel, Marco Meier, liegt das Problem aber an einer anderen Stelle: „Bei uns im Verein ist niemand im Zusammenhang mit Corona ausgetreten, die Zahlen sinken eher, weil weniger junge Leute dazu kommen.” Auch das Problem, dass vor allem junge Leute immer weniger Verantwortung im Verein übernehmen möchten, hat für Meier den gleichen Ursprung.

„Wir bei der SpVgg. Leusel haben schon einen jungen Vorstand, trotzdem ist es extrem schwer junge Leute für das Ehrenamt zu begeistern”, erklärt Meier. Für ihn liegt das allerdings nicht nur am DFB sondern auch an der Wertschätzung des Ehrenamtes im Allgemeinen.  

Im Dezember 2020 stellte der DFB mit „Masterplan 2024” ein Maßnamenpaket vor, was genau die von Hoeneß angesagten Probleme lösen soll. Das übergeordnete Ziel des Masterplan 2024 ist es, das bundesweit Flächendeckende Netz von Fußball-Vereinen und Klubs zu erhalten und zu stärken. Um dieses Ziel zu erreichen wurden verschiedene Pilotprojekte ins Leben gerufen.

Das Problem der fehlenden Ehrenamtlichen

Trotzdem sieht der Leuseler Marco Meier mit einem geschlossenen Auge auf die Pilotprojekte. „Auch bei uns war schon ein Klub-Berater vor Ort, mit dem wir uns hingesetzt und über den Verein geredet haben. Da kamen wir auf das Ergebnis, dass wir gut aufgestellt sind. Die Frage ist aber, ob der Masterplan von den Vereinen angenommen und umgesetzt wird. In den Vereinen fehlen die Ehrenamtlichen, die dann diese zusätzliche Arbeit machen und die, die da sind, müssten dann noch mehr machen als ohnehin schon”, sagt Meier.

Als Ziel würde er sich wünschen, dass man den Sonntag als Tag der Amateure wieder mehr in den Vordergrund stellt und die Leute wieder auf die heimischen Sportplätze bringt. Ihm liege allerdings auch am Herzen, dass das Ehrenamt mehr gewürdigt wird.

Auch in der Jugendarbeit gibt es laut Hoeneß kaputte Strukturen. Von weniger Anmeldungen seit Beginn der Pandemie im Kinderfußball kann Celal Gezici, Jugendleiter und Trainer beim VfL Lauterbach, nicht berichten. „Wir persönlich können aus der Corona-Zeit nichts Negatives mitnehmen. Wir haben im Jahr 2021 sehr gute Zuwächse im Bereich Kinder-Fußball bekommen. Aber wir hören auch von Vereinen im Umkreis, die darunter leiden”, erklärt er. Das bestätigte auch Marco Meier, der neben seiner Arbeit als erster Vorsitzender bei Leusel auch Trainer im Kinder-Fußball-Bereich beim JFV Alsfeld ist.

Gerechnet hatte Celal Gezici damit aber nicht: „Die erste Befürchtung war, dass wir nach dem Lockdown wieder bei null anfangen müssen, aber genau das Gegenteil war der Fall, wir haben den Schwung aus der Pandemie mitgenommen.” In dieser Zeit, wo viele Vereine dachten, dass sie wieder bei null anfangen müssen, entstand auch der Masterplan 2024. In diesem gibt es mit Funino sogar ein eigenes Pilotprojekt für den Kinder-Fußball.

Das Funino-Konzept

Beim Funino spielen die Kinder – anders als beim klassischen Fußball – auf je zwei kleine Tore, wodurch es keinen Torwart gibt. Durch die neue Spielform im Kinderfußball sollen die Kinder mehr Spielzeit sowie mehr Ballkontakte bekommen und mehr Spielpositionen lernen.  

Bei den Bambinis wurde das Konzept letztes Jahr mit insgesamt vier Turnieren getestet – unter anderem auch in Lauterbach. „Anfangs war ich auch skeptisch, für mich war Funino eher ein Trainings-Spiel. Aber auch durch die Turniere wurde mir klar, wie viel Spaß das wirklich macht“, so Gezici. Man müsse abwarten, wie es im Liga-Modus aussehen wird. „Aber als Turnier ist der Modus mega.“

Doch die neue Spielform bekommt auch Kritik: Unter anderem ist die Materialbeschaffung teuer und außerdem bauche man noch mehr Ehrenamtliche, die auf die Kinder aufpassen – was wiederum zum eigentlichen Problem führt: Auch im Jugendbereich gibt es laut Gezici zu wenig Ehrenamtliche. „Der Charakter Ehrenamt, den wir noch von vor 20 Jahren kennen, ist heute total anders. Man findet weniger Menschen, die einfach Spaß am Kicken oder Lust haben, teilweise acht bis neun Stunden zusätzlich die Woche 15 bis 20 Kinder und deren Eltern zu betreuen”, erklärt er. Vielerorts wird deshalb auch das Ehrenamt mittlerweile vergütet. 

Gezici erinnert sich auch daran, dass bei der WM 2006 in Deutschland der DFB Kleinfelder an die Vereine verschenkt hat. Solche Aktionen oder die Unterstützung bei der Finanzierung solcher Plätze wünsche sich Gezici unter anderem zurück. Probleme Ehrenamtliche zu finden gibt es also auch im Vogelsberg – dafür allerdings auch DFB-Konzepte, die unterstützen sollen. Nun liegt es an den Vereinen selbst, diese auch zu nutzen. 

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