Evangelisches Dekanat Vogelsberg freut sich über neue weltwärts-Kraft Aiswarya PramodZweijähriges Warten hat ein Ende
ALSFELD (ol). Zwei Jahre ist es her, dass der junge Inder Joshy John, weltwärts-Kraft im Evangelischen Dekanat Vogelsberg, Alsfeld verlassen hat und wieder in seine Heimat Kerala in Südindien zurückgereist ist. Ebenso lange hat genau dort nun Aiswarya Pramod wegen der Pandemie darauf gewartet, seine Nachfolge in Alsfeld antreten zu können. Jetzt aber hat es endlich geklappt und das Dekanat freut sich über eine neue weltwärts-Kraft.
Laut Pressemitteilung des Evangelischen Dekanat Vogelsberg ist Aiswarya Pramod Ende November im kalten Deutschland angekommen. Nach über elf Stunden Flug war es soweit: Der Traum von einem Auslandsjahr in Deutschland hat begonnen. Am Flughafen in Frankfurt empfangen hat sie neben ihrer Gastmutter aus Homberg Ohm, Dr. Jona Dohrmann, dem Geschäftsführer der Deutsch-Indischen Zusammenarbeit.
Frankfurt sowie der dortigen weltwärts-Mitarbeiterin Trupti Poduval auch Ralf Müller, Referent für Bildung und Ökumene im Dekanat Vogelsberg. Bereits seit vier Jahren organisiert er den weltwärts-Austausch zwischen der Partnerdiözese in Kerala/Indien und dem Dekanat. Aiswarya ist nach Anitha Andrews und Joshy John die dritte weltwärts-Kraft. „Eigentlich sollten wir Aiswarya schon 2020 empfangen, aber Corona hat unsere Pläne gehörig durchkreuzt“, erklärt Müller. „Wir hatten schon Zweifel, ob es überhaupt noch was wird. Es hätte ja auch sein können, dass Aiswarya es sich zwischenzeitlich anders überlegt. Aber umso mehr freuen wir uns jetzt, dass sie endlich da ist.“
Eine seltene und nicht selbstverständliche Chance
Zweifel hatte auch die 25-Jährige, sagt sie: „Ich hatte schon fast aufgegeben. Aber meine Eltern haben mich immer sehr unterstützt und gepusht, daran festzuhalten.“ Denn für eine junge Frau aus Indien sei es eine seltene und nicht selbstverständliche Chance, für ein Jahr nach Europa zu gehen, so Aiswarya. Bekommen hat sie diese Chance über das „Youth Department“ der Partnerkirche in Kerala, das jedes Jahr nur eine einzige Person in den Vogelsberg schicken kann. Für Aiswarya ist es das erste Mal, dass sie Indien verlässt. „Natürlich war es für mich ein großer Schritt. Ich war sehr aufgeregt und bin es auch jetzt noch. Manchmal habe ich auch ein bisschen Heimweh und ich vermisse meine Familie“, berichtet sie. „Aber wir sprechen jeden Tag per Videocall.“
In ihrer Heimat wohnt Aiswarya mit ihren Eltern und ihren beiden jüngeren Brüdern (16 und 23 Jahre) zusammen. In ihrer Freizeit malt und liest sie gerne. 2016 hat sie ihren Studiengang in Botanik begonnen und diesen nach drei Jahren mit einem Bachelor abgeschlossen.
Aktuell wohnt Aiswarya Pramod bei einer Gastfamilie in Homberg Ohm, wo sie sich „sehr wohl und willkommen fühlt“, sagt sie. „Alle sind sehr herzlich und offen.“ Allerdings sei es „nicht so einfach, ohne Auto von Homberg nach Alsfeld zu kommen“. Wenn Ralf Müller sie nicht gerade mitnehmen kann, nimmt Aiswarya sich ein Anrufsammeltaxi von Homberg direkt nach Alsfeld, oder zunächst nach Burg-/Nieder-Gemünden und fährt von dort dann mit dem Zug nach Alsfeld.
„Zeitlich ist das alles aber manchmal eine große Herausforderung“, sagt sie. Denn Aiswarya besucht täglich einen Deutschkurs an der Volkshochschule in Alsfeld. Dieser beginnt pünktlich morgens um 8 Uhr und geht bis 12 Uhr. Anschließend kommt sie an zwei Tagen in der Woche ins Dekanat und hilft an zwei weiteren Nachmittagen wöchentlich bei der Alsfelder Tafel mit.
Viele Neue Eindrücke
Schon jetzt kann Aiswarya einige Sätze auf Deutsch sprechen. „Sie macht große Fortschritte in kurzer Zeit und ist sehr wissbegierig und motiviert“, erklärt Ralf Müller. Leicht sei es allerdings nicht, Deutsch zu lernen, findet Aiswarya. „Aber es macht mir Spaß.“ Neben der Sprache gibt es für die junge Inderin noch viele andere „Neuheiten“, an die sie sich gewöhnen muss. „Es ist für mich sehr kalt hier“, erzählt sie. Denn in ihrer Heimat sei es für gewöhnlich immer warm. „23 Grad im Durchschnitt, im Sommer bis zu 40 Grad. Aber auf den Schnee hier in Deutschland freue ich mich schon jetzt.“
Zudem sei für sie die Stille sehr ungewohnt. „Es ist so leise hier! In meiner Heimatstadt ist es immer laut und hektisch, überall sind so viele Menschen und ständig wird gehupt.“ Auch das Essen sei für sie eine Umstellung. Zum Beispiel möge sie kein Brot, sagt Aiswarya und ergänzt grinsend: „Außer Croissants, die esse ich gerne.“ Zuhause in Indien esse sie für gewöhnlich morgens, mittags und abends Reis mit Curry. Eine weitere Umstellung für die Inderin: Der frühe Schulbeginn. „In meiner Heimat haben wir Schule von 10 bis 14 Uhr. Der Unterricht beginnt nicht so früh, weil manche zur Schule laufen müssen und eine weitere Anreise haben.“
Auf Aiswarya warten im Dekanat verschiedene Aufgaben: Zum Beispiel wird sie die Facebook-Seite der „Kerala-Oberhessen-Partnership“ federführend übernehmen und auf diesem Kanal regelmäßig über ihr Leben in Deutschland berichten. Darüber hinaus wird sie in die Taizé-Arbeit des Dekanats einsteigen und das ökumenische Taizé-Team Vogelsberg unterstützen.
Sie wird Konfirmandenfreizeiten begleiten und ist für Januar bereits für Vorträge in Romrod und Ilbeshausen eingeladen. „Derzeit helfe ich Pfarrer Uwe Ritter in Alsfeld beim Videodreh für das Heiligabend-Krippenspiel“, erzählt Aiswarya. Und Ralf Müller ergänzt: „Als studierte Botanikerin wird sie natürlich auch in den Gemeinschaftsgärten des Dekanats mitwirken.“ Jetzt aber sei erst einmal „Ankommen, Einleben, Deutschlernen und natürlich Weihnachten angesagt“, so Ralf Müller.
„Ich fühle mich sehr willkommen“
Um Aiswarya die Adventszeit und das Ankommen hier in Deutschland zu verschönern, hat er im Dekanat eine Adventskalender-Aktion für sie gestartet. Seit dem 1. Dezember schickt ihr jeden Tag jemand anderes einen Adventsgruß oder ein kleines Geschenk nach Homberg. „Darüber freue ich mich sehr. Täglich erreichen mich so viele herzliche und warme Worte. Ich fühle mich hier sehr willkommen“, sagt Aiswarya.
Auf die Frage, worauf sie sich am meisten freut im kommenden Jahr antwortet sie lachend: „Auf das Oktoberfest in München. Ich hoffe sehr, dass es 2022 stattfinden kann.“ Denn sie wolle so viel wie möglich von Deutschland und seiner Kultur kennenlernen. Noch in diesem Jahr wird es für Aiswarya nach Frankfurt gehen. „Dort habe ich Bekannte über das weltwärts-Programm. Wir wollen gemeinsam Silvester feiern“, berichtet sie und ist schon jetzt „sehr gespannt“ auf ihr persönliches Abenteuer 2022 in Deutschland.
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