Industriegebiet Weißer Weg: Amazon geht leer ausDHL Express kommt nach Alsfeld
ALSFELD (ls). Die große Überraschung blieb aus, die Entscheidung ist gefallen: DHL Express wird nach Alsfeld in das neue Industriegebiet Weißer Weg kommen. Das Stadtparlament hat dem Verkauf des Grundstücks an das Unternehmen an diesem Abend mehrheitlich zugestimmt – unter Ablehnung der vier ALA-Mitglieder und zwei Vertretern der SPD.
Bereits am Dienstag hatte es sich im Ausschuss abgezeichnet, nun ist die Entscheidung gefallen: DHL Express kommt mit seinem Deutschland-Hub nach Alsfeld und wird dort auf einer Fläche von rund 140.000 Quadratmetern, also immerhin auf mehr als einem Viertel der gesamten Fläche des ganzen Industriegebiets, bauen. Der Dienst ist wie der Name schon sagt auf Expresslieferungen spezialisiert, die vor allem für Geschäftskunden interessant sind. Normale Postpäckchen für die Alsfelder werden in dem Standort nicht sortiert werden.
Mit einer deutlichen Mehrheit von 28 Ja-Stimmen gewann der Antrag und setzte sich klar vom direkten Konkurrenten Amazon ab: Für den Logistik-Riesen, der durch den Projektierer Scannell Properties – eine amerikanische Immobilien- und Investmentfirma – vertreten wurde, gab es von den Stadtpolitikern keine Stimme.
Für die Variante, das Gebiet an keines der Unternehmen zu verkaufen, wie es die ALA vorgeschlagen hatte, stimmten die vier Vertreter der ALA und zwei der SPD. Sechs SPD-ler stimmten für DHL Express. Bei der Abstimmung hatte jeder Stadtverordnete nur eine Stimme. Wer also für DHL-Express stimmte, konnte nicht mehr für Amazon stimmen; Enthaltungen gab es keine.
Viele Jahre lang habe man einmütig über das geplante Industriegebiet gesprochen, die letzten zwei Jahre kontrovers, erklärte Alsfelds Bürgermeister Stephan Paule zu Beginn des Abends. Zuvor hatte sich der Bürgermeister vor der Stadthalle, in der das Stadtparlament tagte, den Argumenten und Fragen einer kleineren Gruppe von Umweltschützern gestellt, die gegen das Industriegebiet als solches demonstrierten. Auf Plakaten hatten sie zum Beispiel stehen „Stadt Alsfeld = Mittelalter“, und darunter „Stadtpolitik = mittelalterlich“. Die Umweltschützer brachten bekannte Argumente gegen das Industriegebiet vor, wie das Problem der Flächenversiegelung und die damit einhergehenden Hochwassergefahren, bei denen noch bauliche Fragen offen seien.
„Wir haben die Flächen dort kumuliert, wo sie aus Naturschutzsicht am geeignetsten erschienen“, betonte Paule vor den Stadtverordneten. Damals sei das Gewerbegebiet mehrfach diskutiert und der Standort mehrheitlich als positiv bewertet worden. Jetzt gebe es Kritik daran, wenngleich die große Mehrheit in der Stadtpolitik noch immer dahinterstehe. Und nun finde man sich in einer Situation wieder, in der sich Alsfeld „noch nie befunden hat: Zwei weltweit agierende Unternehmen interessieren sich dafür“, sagte Paule.
Schon in der vergangenen Diskussion war klar, dass irgendwann eine Entscheidung getroffen werden muss – an diesem Donnerstagsabend war das der Fall und bis kurz davor hatten sich die Konditionen nochmal geändert. „Man muss wirklich sagen: Beide Unternehmen haben sich unabhängig voneinander sehr sehr stark bemüht“, ergänzte Paule.
Am Ende sollte es DHL-Express werden, für das sich die Stadtverordneten in Alsfeld entschieden. Das sagten die einzelnen Fraktionen zu der Entscheidung:
Heinz: „Wer den Lkw-Verkehr nicht will, der sollte nach England gucken“
CDU-Fraktionschef Alexander Heinz hatte bereits im Ausschuss betont, dass sich die CDU/UWA-Koalition hinter den DHL-Vorschlag stellen würde, bestätigte das nochmal vor dem Stadtparlament und ließ es sich nicht nehmen, nochmal daran zu erinnern, dass die bisher gefallenen Beschlüsse meist einstimmig waren – also auch mit Zustimmung der ALA. Dass sich die Fraktion nun dagegenstelle, sei keine verantwortungsvolle Entwicklung. Man könne sich durchaus wünschen, dass ein produzierendes Gewerbe in das Gebiet komme, darum habe sich die Stadt bemüht.
Man müsse sich aber auch eingestehen, dass sich die Welt verändert habe, viele Dinge in Asien günstiger produziert und hier durch die Logistik in den Handel kämen. So hätten auch alle Alsfelder an diesem Abend ein Smartphone vor sich liegen, was nicht in Deutschland produziert werde und durch die Logistik hierhergebracht werde. „Auch eine Logistik-Ansiedelung ist erst einmal nichts Schlimmes. Auch dort wird gutes Geld verdient und es wird zu Wertschöpfung beigetragen“, sagte Heinz.
Gleiches gelte für den Verkehr, über den in der Vergangenheit so viel diskutiert wurde: Die Lkw würden immerhin dafür sorgen, dass die Regale in den Supermärkten voll seien und nicht leer. „Wer den Lkw-Verkehr nicht will, der sollte nach England gucken, dort sind die Regale leer, weil keine Lkw mehr fahren“, sagte Heinz. Die Lkw würden dazugehören, denn sie würden die Menschen mit Waren versorgen. Dennoch müsse man darüber sprechen, wie der Verkehr aus der Stadt gehalten werde oder wie man ihn künftig nachhaltig gestalten könne.
Für die Koalition sei es wichtig gewesen, dass eine adäquate Anzahl von Arbeitsplätzen entsteht, bei DHL Express sei die Prognose leicht höher gewesen, davon auch mehr Arbeitsplätze in Verwaltung und Technik, sogar Ausbildungsplätze gebe es. Außerdem würden bei DHL die Löhne leicht höher sein und seien tariflich gebunden. Ein weiterer wichtiger Punkt sei die Größe gewesen, denn dadurch könne sich noch ein weiteres Unternehmen vor DHL ansiedeln und auch die positive Strahlkraft für bestehende Alsfelder Unternehmen sei ein wichtiger Punkt gewesen.
Außerdem, so sagte es Heinz, würden die prognostizierten Gewerbesteuereinnahmen langfristig deutlich höher ausfallen, allerdings – und das gehöre zur Wahrheit auch dazu – war das Angebot des Kaufpreises durch Amazon deutlich höher. „Amazon bietet 38,8 Prozent mehr für die Fläche. So ehrlich muss man sein“, sagte Heinz. Mit Blick auf eine langfristige Entwicklung gleiche sich das allerdings aus und mit den Einnahmen aus der Gewerbesteuer bleibe am Ende mehr Geld in der Stadt.
Achim Quehl: „Wir haben heute eine Entscheidung zu treffen, die nicht ganz einfach ist“
Während sich die Koalition schon im Ausschuss für DHL aussprach, hatte sich die SPD enthalten, weil einige Informationen erst kurz vor der Sitzung seitens der Verwaltung vorgelegt worden waren. Jetzt stand die Entscheidung fest: Mit deutlicher Mehrheit war die SPD für den Verkauf an DHL. „Wir haben heute eine Entscheidung zu treffen, die nicht ganz einfach ist“, sagte Fraktionschef Achim Quehl und verglich die Aufgabe mit der Windkraft-Entscheidung am Homberg vor einigen Jahren.
Zwei Global-Player würden sich nun für Alsfeld interessieren, wenn man nun eine Entscheidung treffe, dann treffe man eine wichtige Entscheidung über die Zukunft der Stadt – und das dürfe jeder Stadtverordnete aus seinem eigenen, persönlichen Gewissen tun. „Als Stadtverordnete sind wir dem Wohle der Stadt verpflichtet“, erklärte Quehl.
Für die SPD hätten die Arbeitsplätze im Vordergrund gestanden. Auch weil einige Unternehmen wie Kamax in der Stadt Stellen abbauen würden, könne man die Schaffung von vielen Arbeitsplätzen nicht ablehnen. Auch habe man geschaut, dass die Arbeitskräfte gut bezahlt werden, wobei DHL Pluspunkte gesammelt habe. Trotz des Lobes bezüglich der Transparenz der Verwaltung bei allen Informationen gab es seitens der Oppositionsfraktion Kritik: Wenn Arbeitsplätze geschaffen werden, müsste nun zügig auch Wohnraum geschaffen werden, der derzeit nicht vorhanden sei. „Letztlich bleibt zu sagen, dass unsere Fraktion in der Mehrheit für DHL Express stimmt“, sagte Quehl abschließend.
Michael Riese: „Wer A sagt, muss nicht B sagen, wenn A falsch war“
„Wer A sagt, muss nicht B sagen, wenn A falsch war“, zitierte ALA-Chef Michael Riese den deutschen Dramatiker Bertolt Brecht frei heraus als Antwort auf die Vorwürfe von Heinz, dass die ALA noch vor zehn Jahren für das Gewerbegebiet gewesen sei. „Zur anderen Geschichte: Wir werden weiterhin unseren Antrag zur Abstimmung stellen, das Gewerbegebiet an niemanden zu verkaufen. Der Bürgermeister sagt es wäre ehrenvoll, dass die ALA für Klima- und Naturschutz wirbt. Unsere Politik orienteiert sich auch an der Stadtentwicklung und über das Schützen von Acker und Bäumchen hinaus“, erklärte Riese.
Es gehe auch nicht darum, ob Logistik oder produzierendes Gewerbe komme, ein Stahl- oder Betonwerk wolle die Fraktion auch nicht haben. Es gehe vielmehr um die Flächenversiegelung, den meisten der Stadtverordneten sei es die Versiegelung wert.
Es sei ein Irrtum zu glauben, dass „Groß gut ist und klein schlecht“, sagte Riese. Es sei ein Irrtum zu denken, dass wer dem Wirtschaftswachstum nicht folge, rückschrittlich sei. „Warum in aller Welt müssen wir so ein riesiges, gigantisches Gewerbegebet haben, um eine gute Entwicklung zu haben? Das alles halte ich für einen großen Irrtum“, erklärte Riese.
„Es gibt viele Dinge, die über Lkw-Verkehr und Versiegelung hinausgehen, die es nicht sonderlich attraktiv machen, diesem Gewerbegebiet zu folgen“, sagte Riese. Man habe nicht genug Wohnungen, also müssten Wohngebiete ausgewiesen werden, die erneut mit Flächenversiegelung und Umweltfragen gekoppelt seien. „Das sind alles Dinge, von denen ich nicht weiß, ob das nötig ist.“
Dieter Welker: „Wir müssen in der Wirtschaft stark bleiben“
Als kleinerer Koalitionspartner schließe sich die UWA zwar der CDU an, doch wolle sie wesentliche Aspekte ansprechen, die zur Entscheidung beigetragen haben, erklärte UWA-Vorsitzender Dieter Welker. „Wir müssen in der Wirtschaft stark bleiben und gleichzeitig die soziale Komponente beibehalten und stärken. Darüber hinaus muss man den Klimaschutz in den Fokus nehmen“, sagte Welker und verglich die drei Komponenten mit einem Fotostativ: Fällt ein Bein weg, dann fällt das ganze Konstrukt um – und das sei in diesem Fall der Mensch selbst.
Wenn man eine florierende Stadt Alsfeld wolle, dann müsse man all diese drei Standbeine aufrechterhalten. Dass genau das in Alsfeld funktioniert und gleichzeitig die Wirtschaft gestärkt wird, das habe die Koalition seiner Meinung nach in den letzten Jahren bewiesen und gezeigt, dass Chancen der Entwicklung genutzt werden. Der Schritt in Richtung starke Wirtschaft sei an diesem Abend getan, die soziale Komponente werde gestärkt nun werde der Klimaschutz interessant. „Die Stadt wird florieren und ich bedaure es, dass man einem der beiden Interessenten absagen muss“, sagte Welker, doch die Fraktion habe ihre Entscheidung getroffen.
Verläuft alles nach Plan, dann möchte DHL bereits 2024 eröffnen – zunächst muss allerdings der Vertrag aufgesetzt und unterschrieben werden. Für die Stadt Alsfeld dürfte mit Blick auf die zukünftige Stadtentwicklung an diesem Abend eine bedeutende Entscheidung gefallen sein, die es in dieser Dimension sicher nicht oft gibt.
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Beste was passieren kann am besten amazon auch noch dazu damit es in dieser grausamen stadt zu arbeitsplätzen kommt . Und wirtschaftlich wächst .
Weise Lösung für den Weißen Weg ?
Liebe ALA-Leute, vielen Dank für die Mühe, offensichtlich war sie vergebens.
80% der Alsfelder wollen die Ansiedlung von DHL (oder Amazon) am Homberg. Die Stadt liegt nun mal in der Mitte von Hessen, von Deutschland und von Europa. Das muss genutzt werden und kein verantwortungsbewusster Bürgermeister Paule und Magistrat darf so etwas außeracht lassen.
Außerdem hat die ständige Knallerei durch die Deutsche Gesellschaft für Polizei- und Militärschützen (DGPM) besonders an den Wochenenden den Wald am Homberg als Naherholungsgebiet bereits vor Jahren praktisch unbrauchbar gemacht. Selbst automatische Waffen kommen am ehemaligen BGS-Schießgelände mittlerweile zum Einsatz. Dass diese DGPM von der amerikanischen Waffenlobby gefördert wird ist aber ein anderes Thema. Es wurden dort ja auch Arbeitsplätze geschaffen, nämlich 2.
Entsprechend große und hohe DHL-Logistikhallen können aber dann für die Geräuschdämmung vor den schießfreudigen Zeitgenossen sorgen.
Und falls demnächst die drei noch fehlenden Windräder aufgestellt worden sind bieten diese neuen Gebäude den Bewohnern am Rodenberg sogar Sichtschutz.
Der zusätzliche LKW-Verkehr nachts in den Seitenstraßen und auf der A5 und der B62 von und nach Niederaula beeinträchtigt doch kaum jemand von Bedeutung, höchstens ein paar Anwohner in Alsfeld, Altenburg, Eudorf, Eifa, Lingelbach und was dahinten sonst noch kommt. Wer sich ernsthaft darüber ärgert wird sowieso wegziehen und damit Wohnraum frei machen den die vielen neuen Beschäftigten gerne übernehmen werden.
„Heinz: „Wer den Lkw-Verkehr nicht will, der sollte nach England gucken“
Das ist die „dümmste“ Rechtfertigung für die Jastimme bezüglich der Ansiedlung des Logistiker DHL in Alsfeld. Hier geht es um unser Stadt die jetzt schon im Schwerlastverkehr erstickt und nicht um das selbstverschuldete Problem in Großbritannien (Vereinigtes Königreich). Sollten sie es noch nicht mitbekommen haben, England (?), wie sie schreiben, ist aus der EU ausgetreten und das sind die Folgen. Herr Heinz hat nichts verstanden dass die Bürger oder die Menschen die immer größere Vernichtung der Umwelt, ob Lärm, Abgase, Verkehr, Vernichtung von Natur, nicht mehr hinnehmen wollen. Die vorangetriebene und mitgemachte Globalisierung seit Jahrzehnte, auch von der CDU, zerstört unseren Planeten. In den 70 gern hatte wir alles, genau so wie heute. Die Autobahnen waren frei und die Geschäfte voll. Man hatte auch eine Logistik aber ohne krankmachenden Schwerlastverkehr. Eine gute Bahninfrastruktur wurde von Lobbyisten vernichtet. Ich frag mich wo sie wohnen Herr Heinz? Sie schlafen bestimmt nachts ruhig!!! Von Politikern sollten neue Ideen kommen und nicht immer nur, weiter so in den Abgrund.
@ England
Ein wirklich treffender Kommentar.
Eine solche dümmliche Bemerkung hätte ich selbst dem Schwätzer Heinz nicht zugetraut. Er ist weder ein Visionär noch ein Wirtschaftsexperte. Grausam was so manche
Politiker von sich geben. Er hat nichts verstanden und wird auch in Zukunft nichts verstehen. War ja bisher auch nicht nötig. Er gehört ja der CDU an und der gehört schließlich Deutschland. Noch schlimmer aber, dass es Wähler gibt, die solchen Menschen Ihre Stimme geben.
Wie kann man Alsfeld nur so schaden. Sie wissen nicht was sie getan haben.
Alle die mit ja für die Ansiedlung vom Logistiker gestimmt haben sollten hier namentlich stehen. Alsfeld wird in Zukunft noch mehr von Schwerlastern verschmutz. Diese Schwerlaster werden sich auch im Umfeld des Industriegebietes und in ganz Alsfeld verteilen. Den Lärm am Tag und viel schlimmer in der Nacht haben die Anwohner. Beispiele gibt es ja, die auch der Stadt und dem Bürgermeister bekannt. Bis heute hat man nichts dagegen unternommen. Dies muss auch den Stadtverordneten bekannt sein und trotzdem werden immer mehr Schwerlaster in die Stadt geholt. Der westliche Teil von Alsfeld ist durch den Rastplatz und die Gewerbeansiedlungen (auch mit Logistiger) stark betroffen und jetzt kommt noch der östliche Teil dran. Diese Belastungen durch Schwerlaster merkt man stark bis in die Kernstadt. Sehen und merken das die Stadtverordneten nicht? Bitte geht mal ca. gegen 20:00 Uhr zum Jawoll und dann zurück über die Karl-Bröger- Str. und Liederbachestraße Richtung Grünbergerstraße. Auch darüber in Höhe der Tankstelle, ein Chaos. Alsfeld ist doch kein Rastplatz!!! Das gleiche wird sich jetzt im östlichen von Alsfeld abspielen, einschließlich Eifa und Eudorf. Und dann noch der Schwerlastverkehr durch Alsfeld. „Danke“