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Amazon oder DHL Express in Alsfeld? Der OL-Talk zum Thema zusammengefasstTendenz zu DHL Express in Alsfelder Stadtpolitik erkennbar

ALSFELD (jal). Die Alsfelder Stadtpolitik diskutiert: Soll DHL Express, Amazon oder keiner der beiden Logistikgiganten nach Alsfeld kommen? Auch wenn die Entscheidung noch nicht gefallen ist, so sieht es bislang gut aus für DHL. Der OL-Talk zu dem Thema zum Nachlesen.

Es ist vermutlich eine der wegweisensten Entscheidungen für Alsfelds nahe Zukunft, die die Stadtverordneten gegen Herbst zu fällen haben: Wer, wenn überhaupt einer der beiden, soll sich im Industriegebiet am Weißen Weg ansiedeln dürfen? Amazon mit einem Sortierzentrum oder der vor allem für Geschäftskunden tätige Expressdienst von DHL, der wenig mit den normalen Paketen zu tun hat, die wir täglich so bekommen.

Beim Talk von OL zu dem Thema waren Vertreter der vier Fraktionen, die in der Alsfelder Stadtverordnetenversammlung vertreten sind, zu Gast. Und auch wenn noch nichts entschieden ist, so sieht es so aus, als stünden die Zeichen gut für DHL Express. Die vier Gäste hörten jedoch auch sehr aufmerksam Kai A. Struthoff, dem Redaktionsleiter der Hersfelder Zeitung, zu, der in einem Videoeinspieler davor warnte, Amazon als Arbeitgeber vorschnell zu verteufeln.

Lesen Sie hier die wichtigsten Aussagen des Talks zusammengefasst.

Alexander Heinz, CDU

„Der Verkehr wird zu 99 Prozent über die Autobahn rollen“, sagte Alexander Heinz in der Talkrunde. Gerade in den Nachtstunden sei die Autobahn frei, auch wenn Bad Hersfeld, wo Amazon ebenfalls vertreten ist, über die B62 erreichbar sei, würden die LKWs die Autobahn bevorzugen. Heinz warnte davor, bei dem Thema Industriegebiet nur über den Verkehr zu diskutieren, „den wir sowieso haben“, sondern auch die Hunderten Arbeitsplätze im Blick zu haben, die in die Region kommen könnten. Alsfelds Verkehrsproblem werde sich langfristig nur mit einer Umgehungsstraße um die Stadt herum lösen lassen.

Selbst wenn die neuen Firmen Mitarbeiter von anderen Unternehmen wie dem Buchgroßhändler Libri in Bad Hersfeld abwerben würden und so gesehen in der Großregion keine neuen Arbeitsplätze hinzukämen, weil andere Stellen frei würden, dürfe man die Zeitersparnis nicht vergessen, die es für Menschen bedeute, wenn sie nicht mehr von Alsfeld nach Hersfeld zur Arbeit fahren müssten. „Für die Stadt Alsfeld kann das nur ein Gewinn sein“, meinte Heinz, zumal neben der „in Anführungszeichen verteufelten Logistikbranche“ auch Verwaltung bei einer Ansiedlung dabei sein könnte – bei DHL Express solle nämlich zum Beispiel auch die Zollabwicklung in Alsfeld erfolgen. Auch Mechatroniker und IT-Leute dürfe man nicht vergessen.

Was eine mögliche infrastrukturelle Überforderung Alsfelds angeht, erwiderte Heinz in Richtung Riese: „Sie reden Probleme herbei, die gar nicht da sind.“ So sei beispielsweise die Kläranlage aufgrund des Schlachtbetriebs und der Brauerei in der Stadt sowieso überdimensioniert. Auch in Sachen Wohnraum sieht Heinz kein Problem. Die Stadt habe bereits im vergangenen Jahr Planungen für die schrittweise Erschließung von bis zu 350 Bauplätzen hinter dem Frauenberg beziehungsweise am Völsingstempel vorgestellt, wo es auch Sozialwohnungen geben soll. Das müsse jetzt zwar schneller gehen als unter normalen Umständen, „aber das ist nichts, was die Stadt Alsfeld nicht hinbekommen kann.“ Auch für kleinere Gewerbebetriebe werde mehr Fläche erschlossen. Der Trend einer schrumpfenden Stadt mit Stillstand sei in Alsfeld gestoppt und „ein stückweit auch umgekehrt“ worden.

Die Gewerbesteuer sei nicht der einzige Punkt, auf den man sich konzentrieren dürfe. Man müsse auf die Strahlwirkung und die Arbeitsplätze schauen. Alsfeld werde sich gesamtwirtschaftlich durch eine Ansiedlung weiterentwickeln – das müsse man im Blick haben. Heinz sieht bislang nach der Vorstellung der Projekte eine Tendenz in Richtung DHL Express. Die Entscheidung könne aber auch noch anders ausfallen.

Dieter Welker, UWA

Welker sprach von einem „Kardinalfehler“, den Alsfeld begehen würde, wenn sich die Stadt nicht für eine der beiden Firmen entscheide. Die Diskussion in der Bevölkerung drehe sich zwar auch um den Verkehr, doch in erster Linie drehe sie sich um die Arbeitsplätze. „Das muss man ganz klar so sehen“, sagte Welker. Dabei verwies er auch auf weggefallene Arbeitsplätze bei Kamax und Hartmann Spezialkarossieren.

Der UWA-Politiker warnte allgemein vor zu viel Schwarzseherei und konkret davor, zu sehr von einem Wohnungsproblem im Zusammenhang mit dem Industriegebiet zu sprechen. Um Alsfeld herum gebe es mehrere Gemeinden, in denen Häuser leer stünden und Wohnraum damit verfügbar sei. Sie könnten vom Zuzug und damit verbundener größerer Kaufkraft profitieren. Welker pflichtete zudem Heinz bei, was den Wegfall von Pendlerfahrten betrifft, wenn Alsfelder in Alsfeld zur Arbeit gehen könnten. Das spare den Betroffenen viel Geld. Heinz wiederum gab Welker recht, was die umliegenden Gemeinden und deren Möglichkeit, von den Ansiedlungen in Alsfeld profitieren zu können betrifft.

Welker wehrte sich gegen die Darstellung, die beiden angepeilten Firmen würden nur minderwertige oder schlecht bezahlte Jobs nach Alsfeld bringen. Aus offen zugänglichen Quellen gehe hervor, dass sich das Lohnniveau zum Beispiel zu Handwerkern in Alsfeld „auf einer Ebene“ bewegen würde. Selbst wenn es nur wenige Arbeitslose gebe, habe die Politik zudem die Pflicht, ihnen ein Angebot zu besorgen, „das ihnen die Möglichkeit der Teilhabe gibt auf allen Ebenen des gesellschaftlichen Lebens“. Die Stadt mache zwar einen „weiten Ausfallschritt“, doch die Entwicklung und der Zuwachs der Arbeitsplätze erfolge über mehrere Jahre hinweg in verschiedenen Schritten.

Die Gewerbesteuer sei nicht der einzige Weg für die Stadt, von der Ansiedlung der Unternehmen und neuen Arbeitsplätzen zu profitieren, sagte Welker. Es gebe da auch noch den „großen Aspekt der Einkommenssteuer“. Dazu komme die erhöhte Kaufkraft.

Nachdem Quehl sagte, Amazon sei durchaus ein „cooler Arbeitgeber“, zeigte Welker sich verwundert und ließ zwischen den Zeilen durchblicken, dass sich die UWA in internen Beratungen offenbar bislang pro DHL Express positioniert hat. Später sagte Welker, dies sei bisher auch seine persönliche Präferenz.

Achim Quehl, SPD

Man werde sich für das kleinere Übel entscheiden müssen, hatte Quehl direkt nach der Vorstellung der beiden Projekte im Interview mit OL gesagt. Darauf erneut angesprochen sagte der SPD-Politiker nun, dass er nicht beide Unternehmen schlecht finde. Die Formulierung „Übel“ sei auf die Dinge bezogen gewesen, die jeder beim Thema Logistik zunächst im Kopf habe: LKW-Verkehr, Luftverschmutzung, Flächenverbrauch und einiges mehr. Quehl verwies darauf, dass er sich als Anwohner in Eifa direkt von der Diskussion über den Verkehr angesprochen fühle. Die Belastung, auch an der B62, werde mehr werden – trotz der guten Autobahnanbindung, befürchtet Quehl.

Das Angebot beider Firmen bringe Arbeitsplätze in die Region, sagte er weiter. Jetzt müsse diskutiert werden, welches der bessere Kandidat sei. Quehl sagte aber auch: „Es gibt vielleicht auch noch andere Unternehmen, die sich für ein Industriegebiet interessieren, die jetzt nicht in der Logistik angesiedelt sind.“ Die Frage, ob Arbeiter von Firmen aus Städten wie Bad Hersfeld oder Stadtallendorf zu DHL Express oder Amazon nach Alsfeld umsiedelten, regle der Arbeitsmarkt. Die Alsfelder Stadtverordnetenversammlung müsse für Alsfeld entscheiden. Wegfallende Pendelwege von Alsfeldern seien ein Vorteil.

Quehl warf der Stadt vor, das Problem des Wohnraums nicht frühzeitig genug angegangen zu sein. Es sei absehbar gewesen, dass das aktuelle Wohngebiet Beerenwiese schnell vergeben sei. Bei neuer Fläche für Industrie müsse auch Wohnfläche mitgedacht werden. „Das war absehbar“, sagte Quehl über die jetzige Situation. Auf die Frage, warum die SPD das Industriegebiet mit vorangetrieben hat, ohne den Wohnungsbau zu berücksichtigen, antwortete Quehl: „Da müssen Sie den Bürgermeister fragen, warum das nicht mitgeplant wurde.“ Das große Industriegebiet sei damals zudem angestoßen worden, um einen Flickenteppich vieler kleinerer Gebiete um Alsfeld herum zu verhindern.

Gegen Ende sagte Quehl, er kenne viele Leute, die bei Amazon arbeiten. Man müsse es auch mal deutlich sagen: „Ja, das ist ein cooler Arbeitgeber“. In Bad Hersfeld gebe es spezielle Schichten für Menschen mit Kindern, die ideal für Alleinerziehende seien. Zudem engagiere sich das Unternehmen in einem von Mitarbeitern mitbestimmten Prozess für soziale Projekten selbst über den eigenen Standort hinaus. Am Ende sagte Quehl jedoch, auch seine Präferenz gehe bislang in Richtung DHL Express.

Michael Riese, ALA

In einer Diskussion mit Michael Riese über den Sinn großer Logistikansiedlungen sagte Alexander Heinz, dass die Anfänge der Planung des Industriegebiets auf die Koalition der ALA mit der SPD vor etwa zehn Jahre zurückgingen. „Und jetzt ist die ALA in der Opposition und jetzt ist plötzlich alles schlecht. Das passt so ganz nicht zusammen.“ Michael Riese verwies darauf, weshalb das Industriegebiet überhaupt entwickelt worden sei. Der Hintergedanke sei damals gewesen, dass Gewerbe aus der Innenstadt an den Stadtrand umsiedle, und nicht ein „Gigagebiet zu machen, mit dem der Bürgermeister ein Leuchtturm hat“. Seine Fraktion sei nicht generell gegen Gewerbegebiete und Ansiedlungen von Unternehmen, sondern nur gegen Planungen, bei denen sich „Alsfeld relativ sicher überheben wird“. Man könne auch industrielle Arbeitsplätze schaffen, ohne „44 Hektar planierte Hallen mit entsprechenden Logistikunternehmen“. Dieser Ansatz sei nicht alternativlos.

Es gebe durch die Ansiedlung keine Stunde mehr, in der in Alsfeld kein Lieferverkehr auf der Straße sei – „und zwar in relativ großem Umfang“. Bei der Frage, ob sich Alsfeld übernimmt, sprach Riese auch den Brandschutz für solch große Hallen durch die Feuerwehr an, ebenso das Fehlen von Reinigungsfirmen, die solche Flächen sauberhalten könnten. Auch die Versiegelung von landwirtschaftlich genutztem Boden sei ein Problem, das man nicht so einfach wegwischen könne. Und auch die Frage nach verfügbarem Wohnraum müsse gestellt werden. Die meisten Logistikarbeiter bräuchten vom Einkommen her Mietwohnungen. Und selbst wenn die Firmen ein Wohnungsbrauprogramm anstoßen würden, brächte das wieder Probleme wie Flächenversiegelung mit sich.

Das Argument, DHL Express und Amazon würden zusätzliche Arbeitsplätze in die Region bringen, will Riese so nicht gelten lassen, auch wenn er nichts gegen neue Jobs habe. Die beiden Unternehmen würden aber Arbeiter von anderen Firmen abwerben, meinte der ALA-Politiker. Aus Sicht Rieses wäre die Ansiedlung also ein Nullsummenspiel. Aufgrund der Arbeitslosenzahl im Vogelsberg, die trotz dem Ende von Welle-Möbel und anderen zurückgegangen sei, gebe es zudem nicht genügend potenzielle Arbeiter auf dem Markt in der Region, die Ansiedlung der Firmen werde also zu Pendlerverkehr ins Stadtgebiet führen.

Zum Thema Gewerbesteuer sagte Riese, man dürfe sich von großen Namen wie DHL oder Amazon nicht blenden lassen. Würden diese Großkonzerne lokale Gesellschaften gründen, dann würden sie zwar Gewerbesteuern zahlen, aber nicht auf den Gewinn des gesamten Konzerns, den man mit dem Namen verbindet. Und in den ersten Jahren nach so großen Investitionen würden Gewerbesteuern generell nicht fällig. Quehl sagte dazu, Logistiker würden Mangels Verkauf von Ware eh nicht viel Gewerbesteuern abwerfen. Dafür würden sie jedoch auch Menschen, die es bislang schwer hatten, eine Arbeit zu finden, einen Job bieten.

Beobachtungen von Kai A. Struthoff, Redaktionsleiter der Hersfelder Zeitung

Amazon ist seit 1999 in Bad Hersfeld aktiv, in der Festspielstadt eröffnete der Versandriese sein erstes deutsches Warenlager überhaupt. Kai A. Struthoff, Chef der Hersfelder Zeitung, kam in der Talkrunde in einem Videoeinspieler zu Wort, in dem er seine persönliche Meinung und Erfahrung als Beobachter Amazons in Hersfeld teilte.

Struthoff sagte zunächst, dass einer Stadt etwas Schlimmeres passieren könne, als sich zwischen einer Ansiedlung von DHL und Amazon entscheiden zu müssen. „Bei Amazon wird ohne Frage hart gearbeitet“, sagte er anschließend. Amazon sei ein amerikanisches Unternehmen – mit allen Vor-, aber auch allen Nachteilen, die das beinhalten würde. Eine kritische Beobachtung sei wichtig, aber er halte nichts davon, das Unternehmen zu verteufeln. Was die Gehälter angehe, könne Amazon im Vergleich zu ähnlichen Unternehmen gut mithalten.

Der Region bringe Amazon „durchaus Vorteile“. Die Arbeitslosenquote sei sehr niedrig. Die Gewerbesteuereinnahmen durch die Firma seien „sicherlich nicht so erheblich“, sagte Struthoff, jedoch schob er sogleich nach, dass er aufgrund des Steuergeheimnisses dazu keine Details kenne. Aber das Geld, was Amazon seinen Mitarbeitern zahle, bleibe ein stückweit in der Region. Als Sponsor unterstütze Amazon zudem neben den Hersfelder Festspielen auch Vereine und andere Organisationen mit Spenden.

Er kenne eine ganze Reihe von Leuten, die gerne bei Amazon arbeiteten. Dies liege auch an den flexiblen Arbeitszeiten, die das Unternehmen biete. Beim Umgang mit Gewerkschaften sei aber „sicherlich noch Luft nach oben“. Dennoch hätten sich die Arbeitsbedingungen auch aufgrund des Einsatzes von Arbeitnehmervertretern schon gebessert. Amazon habe anfangs ein schlechtes Image in der Region gehabt. Doch nach einer transparenteren Informationspolitik habe sich dies inzwischen geändert.

6 Gedanken zu “Tendenz zu DHL Express in Alsfelder Stadtpolitik erkennbar

  1. Entlang der A5 ist doch sicherlich sehr viel Platz für beide Unternehmen, z.Bsp. in Romrod oberhalb der Spielwelle.
    Ein Autobahnaschluss zwischen Zell und Romrod wäre auch leicht zu realisieren.
    Jede Investition im Vogelsberg sorgt dafür, dass der Vogelsbergkreis aus dem Image „Armenhaus Hessens“ zu sein ein bisschen raus kommt.

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  2. Diese scheinheiligen Alsfelder Kommunalpolitiker sind doch wirklich das allerletzte. Sich vehement für die A 49 einsetzen, mit dem Wissen, dass dadurch die Ansiedlung von Logistikern so gut wie beschlossen ist und gleichzeitig den Bürgern vorgaukeln, dass es um Entlastungen von Verkehrsaufkommen an der B 62 geht. Das sind die Politiker die seit Jahren Lobbypolitik betreiben und sich gegen Natur und Umwelt rücksichtslos verhalten. Es sind die einfallslosen CDU Politiker die in Krisen versagen. Wir alle und ganz besonders die Menschen in den Katastrophengebieten haben die Rechnung zu bezahlen.

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  3. Warum sollten Langzeitarbeitslose (der Name sagt es ja schon) arbeiten wollen? Da ist es egal ob bei Amazon oder DHL. Arbeiten werden die bei beiden Betrieben nicht.

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  4. Wenn jemand meint durch Amazon könne man sofort, alle Langzeitarbeitslosen loswerden, dem sei gesagt, das sehr Viele von denen bereits in Bad-Hersfeld gearbeitet haben. Ihre bei Amazon gespeicherten „Akten“ würden eine neue Anstellung höchstwahrscheinlich verhindern. Aus der Sicht ist DHL auf jeden Fall besser, denn kaum jemand hat zuvor bei denen gearbeitet. So das man bei einer Bewerbung nicht direkt „blacklisted“ ist.

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