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Paule: Schlüssel zum Erfolg liegt nicht in RepressalienWas Alsfeld gegen bauliche Schandflecken tun kann

ALSFELD (ls). Alsfeld besticht vor allem durch eines: verwinkelte Altstadtgässchen, Kopfsteinpflaster und romantisches Fachwerkflair im historischen Ambiente. Doch mitten in der historischen Altstadt gibt es immer mal wieder Störfaktoren: Heruntergekommene Eingangsbereiche, eingeworfene Fenster, bröckelnde Fassaden und einsturzgefährdete Häuser – kurzum: Schandflecken. Und das sind wahrlich nicht wenige, wie Bürgermeister Stephan Paule dem Stadtparlament erzählte.

Zurück gehen die Erklärungen des Bürgermeisters auf zwei Anfragen durch die beiden Oppositionsfraktionen ALA und SPD. Die nämlich hatten sich genau mit diesem Thema beschäftigt und wollten konkret wissen, was man seitens der Stadt gegen solche Schadenflecken tun kann. So viel vorab: Viel ist es nicht.

„Die Missstände einiger Gebäude beschäftigen uns seit geraumer Zeit und wurden bereits im ISEK deutlich hervorgehoben“, erklärte Paule dazu. Im Rahmen dessen habe man vor drei Jahren etwa 20 Gebäude in der Kernstadt ermittelt, die einen sehr hohen Sanierungsbedarf haben – wobei man dabei in erster Linie durch das äußere Erscheinungsbild gemutmaßt habe. Die tatsächliche Dunkelziffer liege, so schätzt es das Bauamt ein, weit höher. Der tatsächliche Zustand zeige sich meist erst im Rahmen konkreter Sanierungsmaßnahmen.

Foto: ssb

„Jedes der historischen Gebäude in der Kernstadt ist ein Einzelfall und muss gesondert betrachtet werden“, erklärte Paule. Da sei aus den genannten Gründen eine standardisierte Vorgehensweise nicht möglich. Einzuleitende Zwangsmaßnahmen seien in der Regel das letzte Mittel der Wahl. Sie müssten vielerlei formale und juristische Voraussetzungen erfüllen und obliegen dabei auch nur in bestimmten Fällen der Kommune selbst. Zudem bestehe in derartigen Fällen oft ein Risiko, dass ein Großteil der entstehenden Kosten für Gutachten, Sicherungs- und Instandsetzungsmaßnahmen trotz Zwangsversteigerung zu Lasten der Gläubiger gehe und nicht vom Verursacher selbst beglichen werden könnten.

Anders ist es, wenn die öffentliche Sicherheit gefährdet wird – so wie am Kirchplatz, wo sich ein sanierungsbedürftiges Gebäude sichtbar neigt. In solchen Fällen kann die Bauaufsicht und die Untere Denkmalschutzbehörde des Kreises ein Schadensgutachten fordern oder auch in begründeten Fällen selbst Sicherungsmaßnahmen vornehmen, geht damit allerdings in Vorleistung. Das ist am Kirchplatz geschehen. Durch die Ausweisung des Sanierungsgebietes in der Altstadt Alsfeld kann außerdem in besonderen Fällen ein Sanierungsgebot ausgesprochen werden, das hat allerdings einige Nachteile und wird deshalb nicht oft gemacht.

Foto: ssb

Dass die Stadt solche Gebäude selbst kauft, ist grundsätzlich denkbar, entspreche, so teilt es der Bürgermeister mit, aber nicht der Kernstrategie Alsfelder Altstadtsanierung. „Der Schlüssel zum Erfolg liegt weniger in Repressalien oder einer Umwandlung von Privateigentum in öffentliches Eigentum verborgen“, sagt Paule. Aus Sicht der Stadt sei ein lebendiger Ansatz dauerhaft erfolgsversprechend, der von einer gemeinsamen Arbeit aus öffentlichen und privaten Ressourcen getragen wird.

9 Gedanken zu “Was Alsfeld gegen bauliche Schandflecken tun kann

  1. Traurige Wahrheit ist, das Geld das es kostet ein marodes FWH zu sanieren kriegen sie in 50 Jahren nicht durch Miete rein. Daher sehe ich etwa für das angesprochene Haus am Kirchplatz oder auch an der Winterkirche keine Alternative zum Abriss.

    Bei Fachwerk muss man dran bleiben, besonders die Schäden durch versiegelnden Lack und Betonputz rächen sich nach ein paar Jhren und wenn man nicht und diffusionsoffen und zeitintensiv zB mit Leinöl und Kalkputz arbeitet ist irgendwann der Punkt ohne Wiederkehr erreicht, den ich leider schon bei einer guten Handvoll bewohnter Häuser in der Altstadt sehe, die aus 10m noch gut aussehen, aus der Nähe sieht man Rott und Totsünden wie Bauschaum, Eisensteben und Silikon.

    Als ich vor 6 Jahren hierherzog und begann mein (noch passables) Fachwerk zu sanieren, hatte der HR einen Film über ein Projekt, das nach dem Sanieren Vermieten Modell funktioniert hat. Da hat sich aber für ein Paradehaus ein Ehrenamtlicher Verein gegründet, mit zahlreichen unbezahlten Freiwilligen, darunter hochkompeteten Facharbeiter-Rentnern, insbesondere auch Architekt, Bauleitung, Gutachter, Unterstützung durch Firmern die Maschinen kostenlos gestellt haben und die haben mit Spenden und kommunal bezahlten 1 EUR Leuten das Ding letztlich gewuppt.

    Rares Erfolgsbeispiel. Ein Schritt könnte sein, per Stadt oder Verein erst mal ungefragt Hausbesitzer zu beraten und auf Schaden risiko und Lösungen hinzuweisen, solange eine Sanierung noch überschaubar ist. Vom Denkmalschutz kriegen sie übrigens keinerlei Hilfe, sondern nur Vorschriften, die teilweise falsch sind und weder Wirtschaftlichkeit noch Machbarkeit auch nur erwägen.

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  2. Schandflecken?!

    Da ist gerade einer in Planung!
    Am Homberg wird ein neuer Schandfleck für Billiglöhner entstehen und viele schreien Hurra. In der Altstadt gibt es bestimmt einige nicht ganz so schöne Flecken aber am Homberg entsteht ein gigantischer Schandfleck!!

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  3. Die Idee ist ja nicht schlecht, aber….

    Um das Anwesen wohnungstechnisch auf einen akzeptablen Stand zu bringen benötigt man locker 500000€ aufwärts. Bei den heutigen Renditen haben vielleicht die Enkel noch was von dem investiertem Geld.

    Wer wäre in der Pflicht?
    Eindeutig der Besitzer!

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  4. Sowas nennt man auch Marktwirtschaft und würde ohne viel Drumherum funktionieren, wenn diese Objekte wegen Sanierungsstau und Gefährdung des öffentlichen Raumes zwangsversteigert würden.

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    1. Wenn das ginge, würde ich das als Stadt versuchen. Wenn man das mal bei zwei Objekten durchgezogen hat, macht es vielleicht bei dem ein oder anderen Klick. Ich weiß gar nicht, wie man so ein Gebäude verfallen lassen kann. Das bekommt man doch sicher nicht mehr versichert und wenn dann ein (Personen)Schaden entsteht, ist man schnell am Ende. Wenn man ein Gebäude so verfallen lässt, ist man entweder skrupellos, dumm oder hat keine Kohle. In allen Fällen wäre es besser, jemand anderes würde dem Gebäude eine bessere Zukunft geben.

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  5. Vorschlag : Jeder der das Geld zu Investieren ( Bürger aus Alsfeld ) sollen Geld dazu geben zur Renovierung. Dann wenn alles Fertig ist , ( Nach und nach – Ein Haus nach dem Anderen ) werden diese Objekte vermietet und alle die Geld gegeben haben bekommen dann ihr Geld aus der Miete zurück bezahlt. Und dann wenn Plus Minus 0 ist und dann ins Guthaben geht wird aus diesem Guthaben das nächste Projekt gemacht.

    Aber Leichter gesagt als getan , weil es ja Eigentümer der Immobilien gibt und die ja Eigentlich für ihr Eigentum aufkommen müssen und nicht die Stadt. Aber dann kommt wieder der Denkmalschutz in Alsfeld als Historische Altstadt und dann kommt der Bürgermeister ins Spiel und muß seine Stadt Erhalten. Also die Stadtkasse. Und dann kommen wieder wir als Bürger , die die Stadt Steuern bezahlen. Wo wir wieder am Anfang wären.
    Vorschlag : Jeder der das Geld hat…………….

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    1. …dürfen sie auch Murmeltier-Vorschläge machen. Meiner wäre: Zumindest bei höheren Schulden des Eigentümers bei den kommunalen Abgaben und Nichterfüllung der Verkehrssicherungspflicht etc. sollten Kommunen das Recht haben, die Zwangsversteigerung zu betreiben.

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