Bildungsreihe „Oberhessen rettet die Welt“ zum Ökumenischen KirchentagLandwirtschaft, Salzekuchen, Danni – Themen der Zeit im Vogelsberg
VOGELSBERG (ol). „Oberhessen rettet die Welt“: So lautete der Titel der Lese- und Bildungsreihe zum Ökumenischen Kirchentag (ÖKT), die das Evangelische Dekanat Vogelsberg in Kooperation mit dem Katholischen Dekanat Alsfeld veranstaltet hat. Erstmals wurde eine solche Reihe komplett ins Netz verlegt.
In der Pressemitteilung des Evangelischen Dekanats heißt es, im Dekanatsgebäude wurde dafür eigens ein „ÖKT-Studio Vogelsberg“ aufgebaut, damit die Lesungen live gestreamt werden konnten. Über die Chat-Funktion wurden Diskussionsrunden ermöglicht: moderiert wurde das Ganze von Aegidius Kluth vom Katholischen Dekanat und Ralf Müller aus dem Evangelischen Dekanat.
Den Start machte am Himmelfahrtstag Uta Ruge. Sie las aus ihrem Buch „Bauern, Land. Die Geschichte meines Dorfes im Weltzusammenhang“. Ruge lies die Zuhörerschaft teilnehmen an ihrem Aufwachsen im kleinen Dorf Neubachenbruch an der Nordseeküste bei Bad Bederkesa. Sie beschrieb die Bedingungen, unter denen ihr Bruder Waldemar und ihr Neffe Hannes den väterlichen Hof heute fortführen. Und sie zeigte auf, wo urbane Bedürfnisse nach „Kultur“ mit den wirtschaftlichen Bedingungen aufeinander prallen.
Im Gespräch im virtuellen Raum: Autorin Uta Ruge und Ralf Müller vom Evangelischen Dekanat Vogelsberg. Foto: Müller
Damit die Landwirtschaft in Deutschland überleben könne, müssten Lebensmittel teurer werden, so Rufe. Dabei wisse sie, dass dies nicht sozialverträglich sei. Deswegen müsse die Politik entscheiden: „Wir können politisch sagen: Wir brauchen euch Landwirte in Deutschland nicht mehr, wir beziehen unsere Lebensmittel aus Osteuropa. Wenn aber Landwirtschaft in Deutschland gewollt sei, dann muss ein Modell gefunden werden, dass ein Landwirt auch von 50 Milchkühen leben kann und nicht auf 500 Kühe zum Überleben wachsen muss.“ Ruges Buch ist für den Preis der Leipziger Buchmesse 2021 nominiert.
Nachhaltigkeitsziele und der Geist des Widerstandes
Am Freitag wurde Monika Felsing aus Bremen zugeschaltet. Die gebürtige Ober-Gleenerin hat in ihrem Buch „08/18 – Ein hessischer Beitrag zur Rettung der Welt“ vielfältige Beispiele gesammelt, wie jetzt bereits die 17 Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen umgesetzt werden.
Dafür brachte sie das Beispiel des Salzekuchens: Hier wird eine regionale Spezialität gepflegt, für die fast alle Zutaten aus dem heimischen Garten kommen und somit keinerlei Transportwege anfallen. „Wir müssen schneller sein als Scheuer und Al-Wazir“, rief Felsing ihr Publikum auf, „wir müssen ihnen auf die Pelle rücken. Wenn wir im Kleinen aktiv werden, setzen wir damit auch die Veränderungen der Strukturen in Gang“, ist die Journalistin und Autorin überzeugt.
Den Abschluss der Lesereihe gestaltete Christa Seim aus Homberg-Maulbach. Voraussichtlich im Juli 2021 erscheint ihr Buch „Der Geist des Widerstandes und der Solidarität gegen die A49 im Herri, Mauli und Danni“. Darin hat Seim die Rückblicke von heimischen Autobahngegnern wie auch Waldbesetzern, in der Demonstrantensprache „Bürgis“ und „Aktivisti“ genannt, zusammengestellt.
Seim betonte in der Abschlussdiskussion: „Die Anwohner der B62 und B3 beschweren sich zu Recht über die Verkehrsbelastung, das haben auch wir Autobahngegner immer kommuniziert. Der Verkehr wird durch den Autobahnbau insgesamt aber zunehmen und somit zu einer Mehrbelastung führen.“ Deswegen sprächen sich die Bürgerinitiativen nicht generell für ein Autobahnende bei Neuental im Schwalm-Eder-Kreis aus, sondern für einen knappen Neubau bei Neustadt/Hessen und dann die Abführung des Verkehrs über Bundesstraßen Richtung Gießen.
Die drei Lesungen wurden jeweils durch Musikeinspielungen der Alsfelder Mundart-Band „Halb6“, ein Konzert von Monika Felsing in der Synagoge Ober-Gleen sowie durch den „Soundhaufen Maulbach“ und die „Lebenslaute“ umrahmt. Insgesamt schalteten laut Pressemitteilung mehr als hundert Zuschauerinnen und Zuschauer ein, als es hieß „Oberhessen rettet die Welt“ – einige sogar aus dem Ausland. Die Lesungen werden nun überarbeitet und stehen dann Anfang Juni als „Webinar“ in YouTube unter vogelsberg.evangelisch zum Nachschauen bereit.
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